Heimat

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Luc trocknete sich ab, während Nova sich einen kurzen Bademantel überzog. Der Omega trocknete sich das Haar mit einem Handtuch und trat dann zurück in das Zimmer. 

,,Was sind das für besondere Pillen?", er wusste, dass die meisten Verhütungspillen in jeder Apotheke angeboten wurden. Zumindest hatte Cathy das mal gesagt. Im Normalfall sorgten diese Pillen einfach nur dafür, dass bei gewissen Akten keine Kinder entstanden. Omegas bekamen ihr Fieber wie üblich, nur entstanden keine ungewollten Schwangerschaften. Er hatte mal gehört, dass die Pheromone durch diese Tabletten auch geschwächt wurden, ob da was dran war konnte Luc aber nicht sagen. 

Nova ignorierte seine Frage. Der Alpha legte sich das Handtuch um die Hüften und folgte dem anderen in das kleine Zimmer. Er griff nach dessen Arm und hielt ihn fest: ,,Meine Mom ist auch ein dominanter Omega. Vielleicht kann ich dir sagen, wo wir die herbekommen."

Der Omega grunzte und schüttelte den Kopf: ,,Lass es gut sein, Luc. Ich habe gerade aufgehört, mich darüber zu ärgern."

Nova riss sich los und holte ein dunkelblaues Kleid aus der Kommode. Der Stoff glitzerte und schien recht durchsichtig zu sein. Der Ausschnitt war etwas zu tief für Lucs Geschmack, aber wer war er denn schon, um Nova zu sagen, was er anziehen durfte und was nicht. Außerdem war das hier ein Stripclub. Vermutlich sollte er froh sein, dass der Omega nicht halbnackt auf den Tischen tanzte. 

Lucs Blick fiel auf sein ausgeschaltetes Telefon. Irgendwann würde er einen der vielen Anrufe entgegennehmen müssen. Er konnte nicht die nächsten Tage oder Wochen einfach alles und jeden außer Nova ignorieren. Vielleicht würde es ja gar nicht mal so lange dauern, bis er den Omega davon überzeugt hatte, dass er den Leuten der Hafenmafia vertrauen konnte. Egal wer hinter Nova her war, man konnte ihn sicher davor beschützen. Er musste Nova nur dazu kriegen, dass auch zu glauben. 

Er versuchte nicht zu sehr zu starren, als der Omega den Bademantel auszog und auf das Bett warf. Es kostete den Alpha jedes Mal wieder einiges an Selbstbeherrschung nicht über den anderen herzufallen wie ein wildes Tier. Luc suchte stattdessen nach seiner Kleidung. Ein weiteres Mal war er froh darüber, dass seine Mom ihm Wechselkleidung ins Hotelzimmer gelegt hatte. Das schlechte Gewissen machte sich augenblickblich wieder in ihm breit. Luc wollte gar nicht daran denken, wie seine Mom sich gerade fühlte. Oder sein Dad. Man machte sich sicher furchtbare Sorgen um ihm. 

Luc atmete schwer aus und griff nach seinem Handy. Er bemerkte Novas kritischen Blick im Augenwinkel und murmelte: ,,Keine Panik."

Aus den 106 Anrufen waren inzwischen 217 geworden. Bei den Nachrichten fing Luc gar nicht erst an. Er ignorierte sie, suchte den Kontakt seiner Mom heraus und schrieb ganz simpel: Keine Sorge, es geht mir gut. Ich bin bald wieder da.

Es war zumindest ein Lebenszeichen. Dann schaltete er das Handy wieder aus.

,,Hilfst du mir?", Nova stellte sich vor ihn, er trug jetzt das Kleid und Luc meinte auch nur dieses, und der Alpha blickte auf einen kleinen Reißverschluss am unteren Rücken des Omegas. Er war sich sicher, dass es kein Problem wäre für Nova, den Verschluss selbst hochzuziehen. Schweigend zog er diesen hoch und strich dann über den Stoff des Kleides entlang der Seiten des Omegas. Das Material fühlte sich überraschend glatt und angenehm an. Es wäre so einfach gewesen, Nova jetzt auf seinen Schoß zu ziehen...

,,Was ist eigentlich deine Aufgabe hier? Du machst dich vermutlich nicht umsonst so hübsch, oder?", er fühlte sich seltsam wohl dabei, nur mit einem Handtuch bekleidet vor Nova zu sitzen. 

,,Ich passe auf die Tänzer auf.", antwortete der Omega schlichtweg und steckte sich das Haar mithilfe einer Spange hoch, sodass nur sein Gesicht von ein paar fallenden Strähnen umrahmt wurden. Nova sah noch viel hübscher aus, als er es im Casino getan hatte. 

,,Der Großteil von Alphas kennen Worte wie Nein nicht. Manchmal muss man da eben nachhelfen.", fügte der Omega noch hinzu. Luc wusste das nur zu gut. Er erkannte dieses Verhaltensmuster an sich ja genauso. Alphas taten und ließen was sie wollten, wann sie wollten und mit wem sie wollten. Meistens litten Omegas besonders darunter. Gerade wenn sie durch solches Handeln gegen ihren Willen markiert wurden. Er konnte sich nur nicht vorstellen wie ein 1,60 großer Omega versuchte einem Alpha Manieren beizubringen. Nova hatte ihn ja auch schon aufs Kreuz gelegt, mühelos und schnell. Offenbar hatte er auch einen der Security-Beamten ausschalten können, warum also nicht auch einen angetrunkenen Alpha?

Luc warf das Handtuch zu Boden und schlüpfte in seine Kleidung. 

,,Und bevor ich es vergesse: Vertraue niemandem...und lauf mir nicht nach wie ein Hündchen."


Mr. Han saß noch immer an einem Tisch am Rand des Clubs. Vor ihm standen einige Teller und Gläser. Als er sie erblickte, winkte er sie natürlich zu sich. Wenn er das richtig erkannte, schien Nova sich sogar zu freuen.

,,Ich dachte mir, meine Lilie und ihr Hündchen haben sicher Hunger.", meinte der Mann und zeigte auf die Teller. Luc ignorierte seinen Spitznamen so gut es ging und setzte sich neben den Omega an den Tisch. Auf den Tellern lagen verschiedene Arten von Sushi, Makis und Sashimi. Er kannte sich da nicht so aus, aber Cathy liebte dieses Zeug. Luc selbst hatte hier und da einmal was davon probiert. 

Er hatte tatsächlich großen Hunger. Vor dem Casinobesuch hatte er zwar noch mit Cathy gemeinsam gegessen, danach jedoch nichts mehr. Sein Essensbedarf war nun einmal etwas größer als der eines Omegas. Manchmal fragte er sich sogar, ob Omegas überhaupt etwas zu sich nahmen oder einfach Fotosynthese betrieben. Nova sah zumindest nicht aus, als würde er regelmäßig richtige Mahlzeiten zu sich nehmen.

Auch wenn er kein einziges Wort verstand, hörte er dem Gespräch zwischen Mr. Han und Nova gespannt zu. Der Omega sprach fließend Koreanisch. Nova sah man seine Herkunft aber nicht sofort an. Er hatte leicht mandelförmige Augen und eine sehr helle Haut, aber das gab es hier in Amerika auch zu genügen. Vermutlich stammte ein Elternteil aus Korea und das andere von hier, denn Nova sprach auch mit ihm völlig akzentfrei. 

,,Hast du keinen Hunger? Das muss alles gegessen werden, bevor wir den Laden hier öffnen! Ich habe extra mehr bestellt.", Mr. Han wandte sich ihm zu und runzelte fragend die Stirn.

,,Doch natürlich, es ist nur...", Luc konnte nicht zu Ende sprechen, da er von Lev, welcher an ihrem Tisch stehen blieb, unterbrochen wurde: ,,Ich unterbreche euer spätes Mittagessen nur ungern, aber die Arbeit ruft."

Mr. Han nickte leicht und stand auf.

,,Wir sehen uns später, Lilie. Amüsiere dich ein wenig, Luc."

,,Wenn du nicht weißt, wie man Stäbchen verwendet, benutze deine Hände.", Nova schien wohl seine Gedanken gelesen zu haben. Er griff nach einem der Röllchen.

,,Woher kommst du? Du beherrschst beide Sprachen perfekt und die Blume auf deinem Rücken trägt eine bekannte Bedeutung in deiner Heimat."

Novas Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln.

,,Ich habe keine Heimat. Meine Mom kam aus Amerika und mein Dad aus Korea. Sie wollte in Seoul studieren und hat meinen Dad kennengelernt.", der Omega legte die Stäbchen auf eine Serviette und griff nach einem der Gläser. Luc zog überrascht die Augenbrauen hoch. Mit einer so vergleichsweise umfangreichen Antwort hatte er tatsächlich nicht gerechnet. 

Immer mehr bekam der Alpha das Gefühl, dass Nova begann sich ihm anzuvertrauen. Sehr langsam, aber immer ein Stückchen mehr. Wenn Luc darüber nachdachte, war es auch schon ein sehr großes Privileg überhaupt mit dem Omega im selben Bett schlafen zu dürfen. Er hätte auch auf dem Boden geschlafen, wenn das bedeutete, dass Nova ihm vertraute. 





Wildcard [Omegaverse]Where stories live. Discover now