Aphrodite

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Luc hörte die leise Musik bereits, als sie vor dem Eingang standen. In einem unübersehbaren Neonpink leuchtende Buchstaben wiesen ihnen den Weg zum Clubeingang. Genauso wie er selbst war Nova komplett durchnässt als sie vor der überdachten Türe stehen blieben. Der Omega stemmte sich dagegen und trat in das Innere. Luc folgte ihm und verzog das Gesicht als er von einem schrecklichen Gemisch aus Pheromonen, Alkohol und Parfüm begrüßt wurde. 

Links und rechts von ihm hingen rote Vorhänge von der Decke und der Boden war pechschwarz. Ein Türsteher erblickte sie und baute sich vor Nova auf. Der Alpha war groß und gebaut wie ein Schrank. Überraschenderweise entdeckte Luc sogar eine Pistole an dessen Gürtel. 

,,Spiel dich nicht auf, Lev.", Nova schob sich an Lev vorbei und drehte sich dann zu ihm um, ehe er hinzufügte: ,,Er gehört zu mir."

Der Türsteher ließ ihn durch und er holte Nova schnell auf. Die Musik wurde jetzt lauter, als sie durch einen dicken Vorhang traten. Der Club schien fast leer zu sein. Hier und da saßen noch Leute und ein paar Tänzer schwangen sich elegant um die Stangen herum. Er war bisher nur einmal in einem Stripclub gewesen, zu seinem 21. Geburtstag, gemeinsam mit Zade, der ihn dazu überredet hatte. Dieser hier war anders. Nicht so edel...

Das rot-blaue Licht sorgte für eine seltsame Atmosphäre und die Musik war viel zu laut um sie wirklich genießen zu können. Vielleicht brachte man so die Leute dazu, sich mit dem ein oder anderen Omega zurückzuziehen. Der Raum war komplett fensterlos. Nova stolperte zielstrebig voran und schenkte dem Rest keinerlei Acht. 

Luc versuchte nicht auf die halbnackten Tänzer zu starren, erwischte sich aber dabei, wie er an Nova in dieser Art von Kleidung dachte. Wäre er nicht so müde, hätte dieser kurze Gedanke wohl mehr mit ihm gemacht. 

Irgendwann blieb der Omega stehen und öffnete eine Türe, die letzte in einem langen, dunklem Gang, an dessen Wänden zahlreiche Bilder von halbnackten Omegas hingen. Er musste beinahe schmunzeln, als er erkannte, dass das Bild neben Novas Türe eine Viper darstellte. 

Der Raum war klein und dunkel. In einem Eck stand ein kleines Bett und daneben ein runder Glastisch. An der Wand befand sich noch eine kleine Kommode und darauf eine Lampe. Eine dunkle, kaum erkennbare Türe führte in ein kleines Badezimmer mit einer Dusche, einer Toilette und einem Waschbecken. Nova schaltete die kleine Lampe an und warf seinen Rucksack auf den Boden. Luc blieb vor der Türe stehen und sah Nova dabei zu, wie er sich die Jacke auszog. Auch wenn er bereits mehr Antworten bekommen hatte, als der Omega ihm schuldete, wurde er doch immer neugieriger. 

,,Du hast gesagt, du weißt Dinge, die für viele sehr interessant sind, aber ich glaube, da steckt mehr dahinter. Du wirkst nicht wie jemand der sich gerne in einem Bordell versteckt.", Luc schien einen Nerv getroffen zu haben, denn der Omega hielt in seiner Bewegung Inne und drehte sich dann kurz zu ihm herum. Den Mord ließ er fürs erste mal außer Acht.

 ,,Ich bin eine Wildcard.", Nova vermied es ihn anzusehen und schlüpfte aus seiner durchnässten Kleidung. Luc fühlte sich seltsam unwohl in dem fensterlosen Raum. ,,Was ist das? Eine Wildcard meine ich.", er hatte zwar hier und dort schon mal von dem Begriff gehört, aber worum es sich dabei handelte, wusste Luc nicht. Nova hielt in seiner Bewegung inne und drehte sich elegant zu ihm herum: ,,Ich bin, was ich sein muss, wenn man es braucht. Das macht mich gefährlich und interessant zugleich."

Verwirrt runzelte Luc die Stirn. Diese Antwort hatte nur noch mehr Fragen aufgebracht. Welche er aber sehr schnell vergaß, als er erkannte, dass Nova nun schon wieder nackt vor ihm stand. Dieses Mal war er nicht so anständig und sah weg. Stattdessen nutzte er die bedingte Helligkeit die die kleine Lampe spendete aus und versuchte sich jeden Zentimeter des Omegas einzuprägen. Dabei blieb sein Blick an dem Tattoo einer seltsamen Blume auf Novas Rücken hängen. 

,,Zieh dich aus.", befahl Nova während er aus der Kommode ein paar Kleidungsstücke holte. Unterwäsche, eine kurze Hose und ein enges Trägershirt. So schnell die Blume sich ihm offenbart hatte, so schnell war sie auch wieder weg. Der Omega legte sich sogar ein Halsband an.

Auch wenn es sehr verlockend klang, ein weiteres Mal mit Nova zu schlafen, der Alpha war viel zu müde dafür. Als er keinerlei Anstalten machte, sich auszuziehen, drehte der Omega sich zu ihm herum. 

,,Du wirst dich nicht mit diesen nassen Fetzen in mein Bett legen."

Oh. Das ergab natürlich mehr Sinn. 

,,Dann soll ich mich nackt in dein Bett legen?"

Nova verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als er sich hinkniete und einen Verbandskasten unter dem Bett hervor zog. War er verletzt? Seine Lippe war nur aufgeplatzt, nichts Gravierendes und der blaue Fleck unterm Auge war kaum die Rede wert. 

,,Bist du verletzt?", Luc trat näher an den Omega, welcher nun auf der Matratze saß heran. 

,,Ich hoffe nicht.", Nova zeigte auf seinen rechten Fuß. Der Alpha kniete sich vor den Omega auf den Boden und griff zaghaft nach dessen Fußgelenk. So vorsichtig wie möglich bewegte er es etwas nach links und rechts und vor uns zurück. Als Kind hatte er sich beinahe regelmäßig mal etwas geprellt oder verstaucht. Meistens bei dummen Wetten, die er mit Zade abgeschlossen hatte. Luc schmunzelte leicht, da der Fuß gerade einmal so groß war, wie seine Hand.

,,Ich vermute mal, dass dein Sprunggelenk verstaucht ist. Hast du etwas zum Kühlen da und einen Verband?", er sah auf und für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke, ehe Nova schnell nach unten sah. Ein seltsamer Ausdruck lag auf seinem Gesicht, den Luc in dem schwachen Licht nicht wirklich deuten konnte. Wortlos reichte der Omega ihm eine Verbandsrolle und eine Salbe. Auch wenn letztere nicht wirklich kühlte, gab er sich damit zufrieden. 

Sorgfältig verteilte er die Salbe auf der Haut und wickelte schließlich noch den Verband um Novas Fußgelenk. 

,,Es ist nichts schlimmes. Vermutlich spürst du es morgen schon gar nicht mehr.", er warf den Rest wieder in den Verbandskasten und knüpfte dann sein Hemd auf. In dem Zimmer war es glücklicherweise sehr warm, sodass er ohne sicher nicht frieren musste. Luc legte das Hemd zusammengelegt auf den Glastisch und sah dann zum ersten Mal auf sein Handy. 102 verpasste Anrufe von seiner Mom, seinem Dad, Cathy und sogar Chase. Und noch viel mehr Nachrichten. Er atmete tief durch und schaltete das Handy aus, ehe er es mitsamt Autoschlüssel auf das Hemd legte. 

,,Ich halte dich hier nicht fest, Luc. Geh zurück solange du noch kannst, das ist das Beste für dich. Du hast eine Familie die sich Sorgen macht.", Nova hatte wohl erraten, dass sich der ein oder andere um ihn sorgte. 

,,Dafür ist es jetzt ohnehin schon zu spät.", der Alpha öffnete den Gürtel und zog diesen aus den Schlaufen seiner Jeans, ließ letztere aber an. Sie war nicht allzu nass geworden und vor allem war es schlauer so. 

Nova sagte nichts mehr, sondern schob den kleinen Koffer wieder unter das Bett und schlüpfte dann unter die Bettdecke. 

Das Bett war leider wirklich nur für eine Person gemacht. Der Omega lag mit dem Gesicht zur Wand gedreht und hatte wohl genauso wie er selbst kaum Platz. Luc starrte auf Novas Hinterkopf, auf dessen seidiges Haar, das selbst in der Dunkelheit glänzte, wie die schwarzen Federn eines Raben. Er widerstand dem Drang, es zu berühren und schloss die Augen. 

Vielleicht konnte er Nova irgendwie dazu bringen, sich ihm anzuvertrauen und mit ihm zurück in das Casino zu gehen. Ein Versuch war es auf jeden Fall wert. Ein Gefühl sagte ihm, dass man Nova schon sehr oft aufgebeben hatte. 

Wildcard [Omegaverse]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt