Von Alpha zu Alpha

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Luc versuchte möglichst viel Interesse an der Unterhaltung mit Lev zu zeigen. Der Alpha hatte sich zu ihm gesetzt, nachdem Nova verschwunden und noch nicht wieder aufgetaucht war. Auf eine seltsame Art und Weise hatte Luc ein ungutes Gefühl dabei. Vermutlich lag das aber eher daran, dass er Nova eben mochte und es ihm tatsächlich sehr schwer fiel dem Omega nicht auf Tritt und Schritt zu folgen. 

Trotzdem wanderte sein Blick immer wieder in jene Richtung, in welche Nova gegangen war. 

,,Du und Nova scheint euch nahe zu stehen.", Levs Aussage lenkte Lucs Aufmerksamkeit wieder zu dem anderen Alpha. Taten sie das? 

,,Uhm...ich weiß es nicht, ehrlich gesagt.", sagte Luc wahrheitsgemäß und drehte das Glas in seinen Händen. Darüber hatte er auch eigentlich noch nicht nachgedacht. Nova hatte ihm das ein oder andere über sich erzählt und sie hatten auch miteinander geschlafen, zwei Mal sogar, aber mehr war da auch nicht. Noch nicht zumindest. Der Omega schien sich langsam zu öffnen, wie die Knospe einer Blume im Frühling. 

,,Tatsächlich? Ich dachte, da wäre mehr zwischen euch."

Luc hob überrascht seine Augenbrauen. 

,,Warum das?"

Lev lachte leise und lehnte sich gegen die Stuhllehne. 

,,Naja, bisher durfte noch nie jemand in seinem Zimmer schlafen, aber das bedeutet vermutlich gar nichts.", der andere Alpha leerte sein Glas und spielte damit, ehe er fortfuhr: ,,Ich weiß nicht, was Nova getan hat, damit du tatsächlich bei ihm bleibst und es geht mich auch nichts an, ich will dir bloß den Rat geben, nicht auf seine Tricks reinzufallen."

Luc runzelte die Stirn. Tricks? Der Omega hatte ihm weiß Gott wie oft gesagt, er sollte verschwinden. Nova hatte rein gar nichts gemacht, um dafür zu sorgen, dass der Alpha hier blieb. 

Auf sein Schweigen hin beugte Lev sich über die Bar und griff nach einer Vodka Flasche, ehe er sein Glas etwa bis zur Hälfte füllte und ihn dann fragend ansah. Luc schüttelte den Kopf. Er mochte puren Alkohol nicht wirklich. Wenn er trank, dann aus Genuss. Ein weiteres Mal ließ er seinen Blick über die Menge wandern, in der Hoffnung Nova irgendwo zu entdecken. 

,,Jetzt mal von Alpha zu Alpha. Wenn ich dir einen Tipp geben darf, Luc, nicht als Freund, sondern als jemand, der mehr Erfahrung im Leben hat als du, dann geh nach Hause. Deine Eltern warten sicher darauf. Es ist besser, wenn du dich nicht auf Nova einlässt. Ich kenne Seiten von ihm, die er dir nie zeigen würde.", der andere Alpha war plötzlich sehr ernst geworden. Lev hatte mit seinen Eltern einen sehr wunden Punkt getroffen. Er saß hier an einer Bar in einem Stripclub in den Slums der Stadt und trank Cocktails, während er darauf wartete, dass ein halbfremder Omega wieder zu ihm kam. In seinem Inneren wusste Luc auch, dass Lev recht hatte. Er sollte nach Hause gehen und alles hier vergessen. 

,,Wie lange lebt Nova schon hier?", Lev schien einiges über den jungen Omega zu wissen, offenbar auch Dinge, die er von Nova selbst nie erfahren würde. 

,,Seit etwa....drei Monaten? Das kommt hin, schätze ich. Mr. Han und ich haben ihn auf den Straßen aufgegabelt.", der Alpha krempelte den Ärmels seines Hemdes hoch, bis eine etwa zwanzig Zentimeter lange Narbe zum Vorschein kam. Sie war dünn und kaum zu sehen.

,,Er hat nicht auf uns reagiert, also bin ich ausgestiegen und habe versucht ihn anzuhalten. Das hat ihm nicht so gefallen und er hat mir den Unterarm aufgeschlitzt. Hast du schon mal versucht, ein wildes Tier zu bändigen? In etwa so kannst du dir das vorstellen. Wir haben auch schon versucht ihm zu helfen, Luc. Genauso wie du, haben wir einen jungen Omega gesehen, der Hilfe brauchte.", er trank einen Schluck und stellte das Glas wieder ab, ehe er weiter sprach: ,,Das, was ihm passiert ist, ist tragisch, keine Frage. Er ist noch so jung und lebt versteckt in einem Stripclub, weil sein Dad hinter ihm her ist, nachdem Nova seine eigene Mom ermordet hat. Wenn du schlau bist, Luc, steigst du in dein Auto und fährst nachhause.", Lev leerte sein Glas und zupfte sein Hemd zurecht. 

Lucs Brust hatte sich zu einem Knoten zusammengezogen. Hatte Nova wirklich..? Erst heute hatten sie doch über seine Mom geredet. Der Omega hatte zwar erwähnt, dass seine Mom tot war, aber nicht wie sie gestorben war. Es war Nova so leicht gefallen darüber zu reden. Vielleicht war der Omega ja wirklich mehr, als er von sich zeigte. Er versteckte sich also vor seinem Dad, aber was hatte das dann mit der Hafenmafia zu tun? Nova wusste Dinge, die für den Richtigen auch Sinn ergaben. Irgendwie konnte Luc sich nicht vorstellen, dass der Omega kaltblütig seine Mom umgebracht hatte. 

Vielleicht wollte der Alpha das auch nicht glauben. Die letzten beiden Tage hatte er das ein oder andere über Nova erfahren, aber um den Omega wirklich zu kennen, brauchte es mehr als Sex und ein paar persönliche Details. Etwas in ihm protestierte, als er seinen Barhocker verließ und in dieselbe Richtung ging, in welcher Nova verschwunden war. Er wollte Antworten, und dass jetzt. 

In seinem Kopf hallten Novas Worte wieder: ,,Vertraue niemandem."

Entweder wollte der Omega, dass er aufpasste oder eben, dass Luc nicht zu viel erfuhr. 

Der dunkle Gang links am Rand des Clubs war rot beleuchtet. Er war leer und still. Die Türen an den Wänden hatten dieselbe schwarze Farbe wie die Wände. Die Musik im Hintergrund und das Gemisch aus verschiedensten anderen Geräuschen erschwerte es ihm, etwas anderes zu hören, was  ihm erleichtern würde, den Omega zu finden. 

Vorsichtig, um nicht selbst irgendwelche aufmerksamkeitserregende Geräusche zu machen, legte er sein Ohr an eine Türe nach der anderen und lauschte. Erst bei der vorletzten nahm er endlich dumpfe Stimmen wahr. Jedoch keine, die nach Nova klang. Nur ganz leicht und vermutlich auch nur, weil er Novas Pheromone nun zu gut kannte, nahm er sie vor dem Zimmer wahr. Er klopfte. Nicht vorsichtig und auch nicht leicht. Er schlug mit der Faust gegen das Holz.

,,Nova?! Ich muss mit dir reden!"

Als die Stimmen plötzlich verstummten, wurde Luc misstrauisch. Etwas stimmte nicht. Sein Bauchgefühl sagte es ihm. Er wollte noch einmal anklopfen, doch die Tür wurde geöffnet und ein schlanker Mann blieb vor ihm stehen. Der Alpha nahm keine Pheromone an dem Mann war, weshalb er vermutete, dass es sich bei dem Mann um einen Beta handelte. Er war nur ein paar Zentimeter kleiner als Luc selbst und blickte ihm finster entgegen.

,,Kann ich dir helfen? Das hier ist der Privatbereich.", der Raum hinter dem Beta war dunkel. Man hatte die Lampe ausgeschaltet, damit man wohl nichts erkennen konnte. Luc kniff die Augen zusammen und atmete tief durch. Nova war definitiv da drinnen. 

,,Mach das Licht an.", forderte er den Mann auf und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Der Beta gab ein Grunzen von sich und verschränkte die Arme vor der Brust. 

,,Wieso? Ich glaube nicht, dass du hier etwas zu sagen hast, also verschwinde.", der Beta tippte mit dem Finger gegen seine Brust und wollte die Türe wieder zu schlagen, doch Luc schaffte es, seinen Fuß zwischen den Türrahmen und das Holz zu schieben und riss die Türe auf. Der Beta stolperte ein wenig nach hinten und Luc trat in den dunklen Raum. 

,,Mach. Die. Lampe. An.", forderte der Alpha ein weiteres Mal, eindrücklicher und nicht mehr ganz so freundlich. 



Wildcard [Omegaverse]Where stories live. Discover now