Dessert

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02. Dessert

Das ganze Abendessen lang hatte ich still da gesessen und meinen Gemüseauflauf gegessen. Nebendran hatten alle ein wichtigeres Thema als Essen, weshalb ich mich etwas ausgeschlossen gefühlt habe. Ich finde es generell unangenehm, wenn ich die Einzige bin, die etwas isst.

Danach bin ich einfach wortlos aufgestanden und habe meine Sachen weggebracht. Jetzt bin ich auf dem Weg zu Mr. Palmers Büro und hoffe, es ist noch nicht zu spät. Seit der Sache in der Mensa ist meine Laune deutlich gesunken und obwohl ich wusste, dass ich spätestens im College wieder sehen würde, wird mir der Ausmaß der Situation erst jetzt bewusst. Das Einzige, dass ich jetzt eigentlich noch möchte, ist mein Bett. Und vielleicht meine Mum. Und Maddison. Ich habe jetzt schon Heimweh.

"Herein.", bittet die Stimme auf der anderen Seite, als ich sachte anklopfe. Ich öffne die Tür und trete ein, wobei mich der glatzköpfige Mann mit der Brille von seinem Schreibtisch aus mustert. "Avery Mitchell, nehme ich an?"

"Richtig, Sir.", antworte ich müde, aber höflich.

"Setz dich.", sagt er jetzt mit einem Lächeln und reicht mir die Hand. "Falls du es noch nicht weißt, ich bin Mr. Palmer. Hier an der Uni bin ich so etwas wie die gute Fee. Ich verteile die Belohnungen für gute Noten und ihre, Miss Mitchell, sind hervorragend. Nicht die Besten, aber für ihre Verhältnisse wirklich gut."

Verwirrt runzele ich die Stirn. "Für meine Verhältnisse?"

"Na ja, ich weiß, dass Sie die Glückliche mit dem Stipendium sind. Sie müssen sich nicht schämen, Geld ist nicht alles in der Welt, wie Sie sehen." Na super, kaum habe ich das Stipendium hält mich wohl jeder für ein Sozialfall. "Wie auch immer, ich würde Sie in Zukunft gerne auf ein paar Ausflüge mit anderen Studenten einladen."

"Wie meinen Sie das, Sir?", frage ich interessiert.

"Wir machen Exkursionen. Mal etwas anderes als nur der Campus. Manchmal sind sie nur kurz, aber ab und zu kriegen wir auch welche über Nacht erlaubt. Wären Sie interessiert?"

"Natürlich, Mr. Palmer.", entgegne ich mit ehrlicher Freude. Immer förmlich bleiben.

"Das freut mich zu hören! Nun ja, dann kann ich sie wohl entlassen. Sie werden immer rechtzeitig informiert. Noch einen schönen Abend, Miss Mitchell."

"Ihnen auch, Sir." Mit einem kleinen Lächeln stehe ich auf und verlasse sein Büro. Sobald ich draußen stehe, bildet sich auf meinen Lippen das erste richtige Lächeln, das mir heute untergekommen ist. Es ist unfassbar, alleine dass ich hier bin und jetzt noch das.

Genau mit diesem Lächeln laufe ich zurück zum Wohnheim und suche Karas und mein Zimmer auf, wo ich mich erschöpft aufs Bett fallen lasse. Den Anruf bei Mum würde ich dann einfach morgen machen.

-

"Aufstehen, Kara!", wecke ich meine Mitbewohnerin. Ich kann gar nicht verstehen, wie sie am ersten Tag so lange schlafen kann!

"Ich kann nicht verstehen, wie du am ersten Tag schon so gut drauf sein kannst.", grummelt sie in ihr Kissen und hebt den Kopf. "Ich kann keine Croissants riechen."

"Du bist auch nicht Zuhause.", erinnere ich sie, als es an der Tür klopft. Da Kara keinen Anschein, an die Tür gehen zu wollen, mache ich das.

"Jetzt schon?", frage ich überrascht und stöhne.

"Dir auch einen wunderschönen Morgen, Freak.", begrüßt Mason mich und hält eine Tüte hoch. "Das sind Croissants, und oh, mach dir keine Hoffnung, die sind für Kara."

"Kein Problem, ich hatte eh keine Interesse.", gebe ich wahrheitsgemäß zurück und lasse ihn rein.

"Gut, dann wäre das ja geklärt." Er lächelt und tritt an mir vorbei. "Och komm schon, Kara. Ernsthaft? Bald beginnt die Infostunde."

Mrs. Right GuyWhere stories live. Discover now