Kapitel 26

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Lily verspürte den dringenden Wunsch, sich umzudrehen, die Tür hinter sich zu zu schlagen und das Gesehene zu vergessen. Nein, das kann nicht sein. Ihr Magen zog sich zusammen und sie richtete ihren Blick auf den hölzernen Boden. Sie konnte es nicht ertragen, die beiden noch eine Sekunde länger anzusehen.

Wie hatte sie nur so etwas tun können? Kate, ihre beste Freundin seit dem ersten gemeinsamen Tag auf Hogwarts. Sie und Alice waren für Lily das, dass Petunia für sie seit fast sieben Jahren nicht mehr war. Schwestern.

"W- Wie konntest du nur?"

Lily's Stimme zitterte. Sie war sich noch nicht einmal sicher, ob die beiden sie verstanden hatten. Entsetzt drehte sie sich weg und eilte aus dem Drei Besen. Auf ihrem Weg zu der eichernen Tür stieß sie immer wieder mit anderen Hogwartsschülern zusammen, selbst James, der sich ihr verwundert in den Weg stellte, bemerkte sie nicht.

Kalte Luft empfing sie, als sie aus dem Lokal trat. Lily atmete tief ein. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie bis zu diesem Moment die Luft angehalten hatte. Tränen traten ihr in die Augen.

Schnell wischte sie sie bei Seite. Sie durfte jetzt nicht weinen! Entschlossen lief sie in Richtung Hogwarts. Ihr Date mit James hatte sie sich definitiv anders vorgestellt. Es war doch alles so perfekt gewesen und dann hatten Sirius und Kate es zerstört.

Verzweifelt blieb Lily wieder stehen. James. Ihn hatte sie für einen kurzen Moment total vergessen. Wo konnte er jetzt bloß sein? Sie drehte sich noch einmal um, vielleicht war er ihr einfach gefolgt. Doch die Straße auf die sie blickte lag wie ausgestorben dar. Hinter einer engen Kurve lag Hogsmead, das sie in ihrer Wut schneller hinter sich gelassen hatte, als sie vermutet hätte. Das einzige was sie jetzt noch sehen konnte, war der Tannenwald, von dem Hogsmead fast komplett umgeben war.

Wieder traten Tränen in Lily's Augen. Sie fühlte sich einfach nur so furchtbar alleine.

Müde und von der aktuellen Situation überfordert setzte sie sich an den eisigen Straßenrand. Ihr Gesicht vergrub Lily in ihren Händen.

"Lily, ist alles in Ordnung?"

Überrascht hob sie den Kopf. Peter stand vor ihr. Seine Hände hatte er in den Taschen seines dicken Umhangs vergraben.

"Ehm... ich- ich... ist nicht so wichtig!"

Schnell wischte sie sich über ihr Gesicht und kam schnell wieder auf die Beine. Noch nie hatte sie sich in der Gegenwart von Peter Pettigrew so unwohl gefühlt.

"I- Ich glaube, ich sollte jetzt wieder zurück zu James gehen!"

Pettigrew trat einen Schritt auf sie zu und umfasste Lily's Handgelenk. Für ihren Geschmack war er ihr viel zu nah und sein Griff um ihren Arm zu fest.

"Du zitterst ja Lily. Ist wirklich alles okay? Ist dir vielleicht kalt?"

"Ja, wirklich, mir geht's gut!"

Ein kleines Grinsen hatte sich auf Peter's Gesicht gebildet. So hatte Lily ihn noch nie gesehen. Seine Augen schienen irgendwie zu leuchten und er erinnerte sie stärker denn je an eine Ratte.

Ein kalter Wind ließ Lily kurz erzittern. Graue Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und dämpften so das späte Nachmittagslicht.

"Weißt du, ich glaube James hätte nichts dagegen, wenn ich dich zum Schloss zurück begleiten würde!"

Er musterte Lily eingehend. Dann trat ein Ausdruck in seine Augen, den Lily noch nie bei ihm gesehen hatte: Hass. Eine Gänsehaut bildete sich auf Lily's Armen und ließ sie kurz erschaudern. Was war nur plötzlich los mit ihr? Das hier war nur  Peter! Wie konnte sie auf einmal so eine Angst vor ihm haben?

Sie atmete einmal tief ein, um ihre Gedanken zur Ruhe zu bringen und ihren Kopf wieder klar zu machen. Sie musste noch unter Schock stehen, das war die einzige logische Erklärung.

"Ehm klar... Ich denke auch, dass James da nichts gegen haben sollte!"

Zögerlich lächelte sie Peter an. Der erwiderte es mit einem gewinnenden Grinsen, das bei ihm irgendwie unnatürlich wirkte.

Severus Snape erhob sich langsam von seinem Bett. Der Schlafraum für die Siebtklässler, der sich genauso wie der anliegende Gemeinschaftsraum unter dem Schwarzen See befand, war vollkommen verlassen. Alle anderen waren nach Hogsmead gegangen, um Weihnachtsgeschenke für ihre Fteunde und Familie zu kaufen.

Langsam durchschritt er den fast runden Raum, in dem insgesamt sieben Himmelbetten standen. Schließlich blieb er wieder vor seinem eigenen Bett stehen. Vorsichtig fuhren seine Finger über den Bilderrahmen eines Bildes, das auf seinem Nachttisch stand. Das Glas war zersprungen und der Rahmen verbogen, aber man konnte das Bild trotzdem noch sehr gut erkennen.

Fröhlich winkten ihm ein rothaariges Mädchen und er selber entgegen, als er es aufhob um es näher zu betrachten. Trauer vermischte sich mit Wut, als er das Bild erneut gegen eine der steinernen Wände warf, wie so oft schon in den letzten Stunden.

Sich die Haare raufend setzte er sich wieder auf sein Bett. Wie hatte sie ihm das nur antun können? Er konnte es ja verstehen, dass sie nicht mehr mit ihm sprach, seitdem er sie Schlammblut genannt hatte. Aber mit Potter, mit Potter auszugehen, war wie ein Schlag ins Gesicht für Severus.

Sie sollte leiden, so wie er gelitten hatte. Sie sollte sich bei ihm entschuldigen. Sie sollte wieder mit ihm reden. Sie sollte ihm die Liebe schenken,  die sie jetzt Potter entgegen brachte!

Wie sehr Snape ihn doch hasste. Den ach so tollen Potter! Wie hatte es nur so weit kommen können?

Unkontrolliert traten Tränen in Severus' Augen. Er fühlte sich so hilflos, so unbedeutend. Sein ganzes Leben lang hatte er einstecken müssen. Nicht nur während seiner Zeit auf Hogwarts, die er damit verbracht hatte durchgängig von Potter und seinen kleinen Freunden schikaniert zu werden, sondern auch schon lange davor.

Nie hatte er so etwas wie eine Familie gehabt. Seine Eltern, die sich nie nur im geringsten für ihn interessiert hatten, hatten schon früh dafür gesorgt, dass er sich als Kind genauso unbedeutend und ungeliebt fühlte, wie jetzt.

Erst als er Lily vor sieben Jahren auf dem Spielplatz getroffen hatte, hatte er erfahren, was es hieß zu lieben und selber Liebe zu erfahren. Dann war er nach Hogwarts gekommen, dem Ort, von dem er schon so lange geträumt hatte, dem Ort, der für ihn alles verändern sollte. Und dann war alles schief gegangen. Der sprechenden Hut hatte Lily nach Gryffindor und ihn nach Slytherin geschickt.

Potter und seine Freunde hatten dafür gesorgt, dass er sich in keiner Sekunde, die er auf dem Schulgelände verbrachte, sicher fühlte. Sobald kein Lehrer in der Nähe war, hatten sie dafür gesorgt, Severus die Hölle auf Erden zu bereiten.

Damals hatte Lily sich noch für ihn eingesetzt und so dafür gesorgt, dass die Schikanen Severus nur halb so schlimm vorkamen, wie sie es eigentlich waren.

Immer wieder hatte Lily sich gegen Potter gestellt. Und irgendwie hatte Severus dadurch auf eine bestimmte Art und Weise gegen ihn gewonnen. Es war immer ein Trost für ihn gewesen, dass Lily sich für ihn entschieden hatte, und nicht für Potter.

Doch das hatte sich dann schlagartig geändert. Er war einfach ausgerastet. Ihm war es so peinlich gewesen, dass er immer von einem Mädchen beschützt werden musste, auch wenn es Lily war. Dann war dieses eine Wort gefallen. Schlammblut.  Wie hatte es nur so weit kommen können, dass er seine Lily so nennen konnte?

Dann hatte er sie verloren. Endgültig verloren. Und Potter hatte schlussendlich doch gewonnen.
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Sooooo hier mal ein kurzer Einblick in Snape's Psyche :D Ich hoffe es hat euch gefallen :)
Ich wollte mich dafür entschuldigen, dass schon so lange nichts mehr kam, aber ich hatte iwie keine Ahnung wie ich ab einer bestimmten Stelle des Kapitels weiter schreiben sollte :o Ich versuche jetzt auf jeden Fall wieder regelmäßiger zu updaten :)
Und danke für die über 30 K *o* Reads!!!!

Secret Love - Lily Evans und James Potter FF (Jily)Where stories live. Discover now