34.Kapitel

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Mit der Zeit vergisst man wer man ist. Man vergisst sich selbst. Denkt an die anderen, stellt sich hinten an. Es ist einem wichtiger wie es den anderen geht. Man möchte sie nicht leiden sehen. Denn man leidet selbst ja auch. Wenigstens jemand sollte es gut gehen.
Man tut alles für ein kleines Lächeln in ihrem Gesicht.
Doch in einer Zeit wie dieser, dachte ich nun einmal nicht an die anderen. Ich wollte mich nicht mehr hinten anstellen. Wollte ganz vorne sein.
Nicht mehr allein. Es war mir egal wie es den anderen ging.
Ja ich war selbstsüchtig, aber nach einiger Zeit denkt man nicht mehr an die anderen. Ich kam ja nicht einmal mit mir selbst klar. Wie hätte ich den anderen helfen können? Wahrscheinlich gar nicht und darum tat ich es auch nicht. Ich tat es nicht. Ich versuchte es nicht einmal.
Denn jeder Versuch war zum scheitern verurteilt. Und ich wollte nicht scheitern. War das so schwer zu verstehen, dass ein Mensch der immer und auch überall scheiterte, nicht noch mehr versuchen wollte, wenn er wusste das er Versagen würden?
Ich ging zu dem Kaffeeautomaten hinüber und ließ mir einen kochend heißen Kaffee machen.
Ich wollte aus meinem Traum aufwachen. Besser gesagt aus meinem Albtraum. Vielleicht hätte er ja geholfen.
Ein jämmerlicher Versuch der Außenwelt zu entkommen.
Bevor ich einen Schluck von dem Kaffee nehmen konnte, ging die Türe auf. Vanessa betrat mit leeren Händen die Küche und meinte mit einem breiten Grinser, dass der ganze Alkohol noch im Auto sei.
Ich nickte und zusammen gingen wir Stillschweigend hinunter.
Ich brauchte den Smalltalk nicht. Alles was ich brauchte war Alkohol, welcher Vanessa gekauft hatte. Fast der ganze Kofferraum war damit gefüllt. Der Rest waren Snacks. Diese Party konnte nur gut werden. Alkohol stand für etwas gutes, etwas besseres.
Zumindest in diesem Moment.
Ich tischte die Snacks auf, den Alkohol tat ich aber noch in den Kühlschrank. Anschließend machte ich mich bereit.
Ich schnappte mir mein schwarzes etwas kürzeres Kleid und dazu meine High Heels. Meine Haare steckte ich hoch und schminkte mich anschließend.
Dann betrachtete ich mich im Spiegel.
Wow, war ich hässlich. Ich war einfach viel zu fett. Alles an mir war abscheulich. Wie konnte mich überhaupt jemand mögen? So wie ich aussah hätte man mich zu einem Zirkus schicken können. Eine Träne lief mir die Wange hinunter.
Zweifel kamen in mir hoch. Sehr viele Zweifel. Ich zog mir meine Schuhe wieder aus und setzte mich aufs Bett. Wenn ich so darüber nachdachte wäre jetzt Alkohol gut gewesen. Ich brauchte gar keine Party.
Das war sowieso dumme Idee gewesen. Ich kannte die Partygäste ja sowieso nicht. Es waren Vanessas Freunde die kamen. Nicht meine.
Ich hörte ein leises Klopfen an der Tür. "Vanessa?", fragte ich unsicher und zog meine Beine an meine Brust.
"Darf ich rein kommen?" "Ich muss mich noch anziehen, warte kurz" Ich stand auf und schminkte mich kurz nach. Sie musste nicht sehen wie schlecht es mir ging.
Ich öffnete die Tür und betrachtete Vanessa. Sie war wunderschön. Alles an ihr war so perfekt. Und dann kam ich, der Zirkusclown. "Du siehst umwerfend aus", meinte sie während sie mich musterte. Das musste sie sagen, schließlich waren wir Freunde. Sie tat es aus reiner Höflichkeit.
Ich nickte schweigsam und umarmte sie kurz. Ich brauchte die Geborgenheit, welche Sie ausstrahlte. "Danke du bist aber viel schöner" Sie löste sich von mir und lächelte leicht. Nichtssagend lächelte sie mich an und ich lächelte zurück.
"Jetzt müssen wir aber noch ein Foto machen" Ein Foto auf dem wir beide gelacht hatten. Eine Falsche Erinnerung. Denn in diesem Moment wollte ich eigentlich gar nicht lachen.
Nur weil jemand ein Foto machte, mussten gleich alle wieder glücklich kucken.
Nur auf Passfotos durfte man nicht Lächeln.
Traurigkeit wurde zum Gesetz.
Aber das fand ich besser als dieses Dauergrinsen hinter dem nichts echtes steckte.
Vanessa sah sich das Foto an und meinte mit einem Fetten Grinser "Das posten wir auf Facebook"
Damit jeder sehen konnte, dass es uns anscheinend gut ging.
Jedenfalls besser als den meisten Menschen.
Die Türglocke ging und da Vanessa zu sehr mit ihren Handy beschäftigt war.
Öffnete ich sie.

Trust me [Cro Ff]Where stories live. Discover now