4. Beschützt

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Kapitel 4 : Beschützt

~* A *~

Langsam ließ er den kleinen silbernen Schneebesen durch die karamellfarbende Masse gleiten und blickte hinaus in den dreckigen, heruntergekommenen Innenhof der nur von einer kleinen, milchigen Laterne erhellt wurde.

Eine schwarze Katze schlich, auf der Suche nach etwas essbaren um die vielen Mülltonnen herum und es hätte Aaron nicht im mindestens verwundert, wenn in irgendeiner Ecke noch mehr Streuner in der Dunkelheit lauerten.

Abwesend rührte er immer weiter und ließ dabei seinen düsteren Gedanken ungehindert freien Lauf. Was war Ellie nur zugestoßen und was viel wichtiger war, wer hatte ihr dies angetan? Der Profiler in ihm analysierte bereits eine ganze Weile alle vorhandenen Fakten und versuchte sie in eine logische Reihenfolge zu bringen doch er kam zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis.

Mittlerweile war er sich recht sicher das der Fremde, der ihn an der Haustür so unsanft angerempelt hatte, etwas damit zu tun hatte aber wer war er? Es könnte natürlich ein Freund gewesen sein oder ihr Ex Freund aber dafür erschien er Aaron einfach schon etwas zu alt.

Doch wer würde noch in Frage kommen? Und warum hatte er Ellie auf diese brutale Art und Weise gewürgt? Die Male an ihrem Hals waren eindeutig, hatte er diese bereits viel zu oft zu Gesicht bekommen.

Wie würde es nun weiter gehen? Er konnte nicht allzu lange bei ihr bleiben doch vorerst hatte er eine recht passable Lösung gefunden.
Nachdem er sie sanft auf ihrem Bett abgelegt hatte, war er zu seinem SUV gegangen und hatte seine Tasche, in der er seinen Laptop und alle notwendigen Unterlagen verstaut hatte, rein geholt.

Über Ellie wachend, hatte er noch aus ihrem Schlafzimmer heraus eine SMS an Dave geschickt und ihm mitgeteilt, das er erst am nächsten Morgen wieder zu ihnen ins Büro stoßen würde. Eine Erklärung war er ihm schuldig geblieben und er wusste das sein bester Freund dies so nicht im Raum stehen lassen würde.

Höchst wahrscheinlich würde er sich zudem wohl die Nacht um die Ohren schlagen müssen aber er konnte und wollte sie in diesem Zustand einfach nicht alleine lassen.
Allein das er nicht wusste was ihr zugestoßen war, ließ ihn schier wahnsinnig werden und wieder einmal ertappte er sich dabei, das er größere Gefühle für die junge Frau hegte als ihm lieb war.

Hatte er sich nicht eigentlich vorgenommen nie wieder jemanden in sein Herz zu lassen? Verdammt! So war das definitiv nicht geplant gewesen und er musste dringend etwas dagegen unternehmen.

Vorher würde er sich jedoch vergewissern das es ihr gut ginge und dazu gehörte nun mal auch etwas zu Essen.
Da sich seine Kochkünste doch sehr in Grenzen hielten, hatte er beschlossen etwas idiotensicheres zu zaubern und hatte einen Teig für Pancakes angerührt.

Dieser war jetzt soweit fertig und er legte den Schneebesen in die Spüle bevor er sich auf die Suche nach einer Pfanne machte.

Nacheinander öffnete er alle Schränke in der kleinen Küche und fand – natürlich – erst im letzten eine gusseiserne Pfanne, die er auf den Herd stellte. Während er darauf wartete das diese heiß genug wurde um die kleinen Kuchen zu backen, hörte er es nebenan vibrieren.

Etwas irritiert fühlte er zuerst in seiner Hosentasche aber sein Handy war nach wie vor dort und hatte sich auch nicht im mindesten geregt. Aaron ging ins angrenzende Wohnzimmer und entdeckte auf dem kleinen Holztisch, der vor dem großen Sofa stand, Ellies Telefon. Eine winzige Leuchte in lila zeigte ihm an, das anscheinend ein Anruf oder eine Nachricht rein gekommen war.

Nur widerwillig griff er danach. Er wusste das das, was er vor hatte nicht in Ordnung war aber seine Sorge um sie ließ ihn alle Etikette vergessen und ehe er noch einmal drüber nachdenken konnte, hatte er es entriegelt.
Eine neue SMS war reingekommen und er ging in ihr Postfach. Flüchtig überflog er die wenigen Namen.

Bereits gelesene Nachrichten von einer Mrs. Braeburn, von einer Pen und von ihm. Die neue war von einem gewissen Joe und er brauchte sie nicht einmal öffnen. Dank der neusten modernsten Technik musste er nur ein wenig über das Display wischen und ihm wurde die Nachricht wenigstens bis zur Hälfte angezeigt.

*Wehr dich ja nie wieder, sonst muss ich doch noch andere Seiten aufz...*

Aaron legte das Handy wieder auf seinen Platz zurück und spürte wie sich seine Muskeln verhärteten. Ohne das er etwas dagegen tun konnte, ballte er seine Hände zu Fäusten und grub seine Fingernägel so fest in seine Handinnenflächen das es weh tat.



~* E *~


Erschrocken fuhr sie zusammen und schlug die Augen auf. Ihr Atem ging rasend schnell und sie keuchte in die Dunkelheit hinein. Ihre Finger krallten sich um die dicke Decke, die ihren Körper geradezu zu erdrücken schien und nur mit Mühe schob sie das schwere Gewebe von sich.

War ihr eben noch furchtbar heiß gewesen, umspielte nun frische kühle Luft ihren Kopf und ließ die Schweißperlen auf ihrer Stirn erkalten. Sie spürte den stechenden Schmerz in ihren Schläfen und sie rieb abwesend darüber.

Gequält schloss sie für einen Moment die Augen und versuchte all das, was passiert war zu sortieren aber es schien als würden sich alle Erinnerungen überschlagen.
Wieso hatte er sie so eiskalt überraschen können? Warum hatte sie nicht ihr Handy mit ins Bad genommen, so wäre ihr dieser 'Überfall' vielleicht erspart geblieben und er wäre gegebenenfalls unverrichteter Dinge wieder abgehauen.

Beinahe hätte Ellie hysterisch gelacht, wusste sie doch das sie ihm niemals würde entkommen können. Sie hatte sich auf diesen Deal eingelassen und nun musste sie mit all den Konsequenzen leben.
Einfach so hatte er vor ihrer Tür gestanden und sie hatte sich nicht einmal seelisch darauf vorbereiten können.

Ihr Hals fühlte sich unnatürlich rau und kratzig an und sanft ließ sie ihre Fingerspitzen über die wunde Haut gleiten. Wieso hatte sie sich nur gewehrt?
Warum war es für sie auf einmal noch unerträglicher gewesen als es dies eh schon immer gewesen war? Die ganze Zeit über hatte sie gehofft Aaron würde früher auftauchen doch als ihr bewusst wurde, das dies nicht geschehen würde, hatte sie auf einmal angefangen nach Joe zu schlagen. Verzweifelt hatte sie sich in seinem Griff gewunden aber er war nun einmal stärker als sie und er hatte seinen Willen erbarmungslos durchgesetzt.

Und nun? Was sollte sie Aaron erzählen? War er überhaupt noch bei ihr oder war er bereits wieder auf der Arbeit? Ellie spürte wie die Verzweiflung in ihr die Überhand gewann und nur mit Mühe unterdrückte sie die aufkommenden Tränen. Sie wollte jetzt nicht weinen sondern musste einen kühlen Kopf bewahren.

Etwas schwerfällig ließ sie ihre Beine über die Kante baumeln und ihre nackten Füße berührten den warmen Holzboden. Ihr schwarzes Kleid umspielte spielerisch ihre Knöchel als sie aufstand und kurz erinnerte sie sich, warum sie dieses sündige Hemdchen überhaupt angezogen hatte.

Wäre Joe nicht einfach so vor ihrer Tür aufgetaucht dann hätte sie den Abend – oder wenigstens ein paar Stunden – mit Aaron verbracht. Für einen winzigen Moment regte sich etwas in ihr und ihr wurde ganz warm ums Herz, als sie daran dachte das er ihr hatte den Hintern versohlen wollen.

Seufzend durchquerte Ellie ihr dunkles Zimmer und legte ihre rechte Hand zaghaft auf die kühle Türklinke. Was wenn er wirklich bereits wieder verschwunden war? Immerhin hatte er einen Fall zu lösen und würde ganz sicherlich nicht einfach so bei ihr bleiben um...ja um was eigentlich? Er würde Fragen stellen und wahrscheinlich nicht locker lassen. Als Profiler der BAU würde er sie innerhalb von nur wenigen Sekunden durchschaut haben.
So ein verdammter Mist.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und riskierte einen Blick in ihr Wohnzimmer. Niemand war zu sehen aber ihr Fernseher lief noch immer und gewährte ihr gerade einen Einblick in die Fauna Afrikas. Etwas unsicher ging sie zum Sofa und entdeckte zwei ihrer bunten Teller auf dem Couchtisch.
Verwirrt sah sie auf, direkt in seine dunkelbraunen Augen. Ohne es zu wollen zuckte sie zusammen und machte einen Schritt zurück.

„Shhht, keine Angst. Ich bin es..." sagte er schnell und stellte eine Kanne mit heißem Tee auf den Tisch.
„Wie geht es dir?" fragte er leise und kam ein wenig näher.

Ellie blieb ihm erst einmal eine Antwort schuldig. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an ihn und vergrub schluchzend ihr Gesicht an seiner Brust. Tief sog sie seinen Duft in sich auf und schloss die Augen.

„Rede mit mir..." murmelte er und sie spürte wie sich seine Arme fest um ihre Schultern legten.
„...bitte..." bat er sie und küsste sie sanft auf ihr Haar.

Unbewusst schüttelte sie sachte ihren Kopf und krallte ihre Finger nur noch fester in sein Hemd.

„Hast du Schmerzen?" hinterfragte er und wieder verneinte sie es mit einem leichten Kopfschütteln. Am liebsten hätte sie ihn nie wieder los gelassen doch er ließ es nicht so weit kommen.

Sanft aber bestimmt schob er sie ein wenig von sich und sah ihr tief in die Augen.

„Ellie, du musst mit mir reden!" befahl er nun etwas strenger und kurz nahm er seinen typischen ernsten Gesichtsausdruck an.

„...nicht jetzt...bitte...gib mir was Zeit..." stotterte sie, senkte ihren Blick und griff sich dabei an den Hals.

Das sprechen tat ihr weh und beinahe wäre sie vor Angst und Verzweiflung wieder in Tränen ausgebrochen.

„Okay..." hörte sie Aaron brummen und wusste das er sich damit nicht zufrieden geben würde. Früher oder später würde sie es ihm erklären müssen, vor allem wenn er mitbekommen würde, das Joe in ein paar Wochen wieder auftauchen würde.

Er legte seinen rechten Zeigefinger unter ihr Kinn und zwang sie so ihn anzusehen. In seinen dunklen Augen blitzte Besorgnis auf und bescherte ihr ein schlechtes Gewissen. Das hatte sie nun wirklich nicht gewollt.

„Ich bin für dich da wenn du reden willst. Glaub ja nicht das es mir egal ist, im Gegenteil. Es macht mich wahnsinnig nicht zu wissen was geschehen ist und wen ich dafür verantwortlich machen kann aber ich werd dich nicht zwingen, hörst du?"

Beinahe wäre ihr ein 'ich bin es nicht anders gewohnt' über die Lippen gekommen aber dies hätte ihn mit Sicherheit nicht beruhigt und so nickte sie nur und ließ zu, das er sie auf das bequeme Sofa drückte.
Diese kurze bestimmende Geste von Aaron hinterließ ein angenehmes ziehen in ihrem Unterleib und sie blickte beschämt zu Boden, so als könnte man ihr ihre unzüchtigen Gedanken ansehen.

Noch eben war Joe bei ihr gewesen und hatte – wie immer – von ihr verlangt das sie ihn mit dem Mund zu Diensten war. So war der Deal den sie eingegangen war...
Und auch wenn sie danach stets in ihr tiefes schwarzes Loch abrutschte, ließ der Unit Chief nun in ihr eine Seite erklingen, von der sie nicht einmal gewusst hatte das diese existierte.

„Ich hab uns Pancakes gemacht," sagte er da und bugsierte mit einer Gabel, zwei der goldgelben Fladen auf ihren Teller.
„Ahornsirup?" fragte er und hielt dabei die kleine Flasche hoch, in der die bernsteinfarbene Flüssigkeit leicht hin und her schwappte.

„Ja, bitte..." flüsterte sie und spürte wieder das unangenehme kratzen im Hals. So ein verdammter Mist. Noch nie zuvor war er derart brutal gewesen und nun hatte sie keine Ahnung, wie sie die Verletzung auf ihrer Arbeit im Diner würde kaschieren können.

Sie sah zu, wie Aaron ihr den Teller reichte und erst jetzt merkte sie, wie groß ihr Hunger war.

„Die schmecken himmlisch..." murmelte sie zwischen zwei Bissen und blickte zu ihm rüber.
„Musst du denn nicht arbeiten?" fragte sie und sah zu wie er mit seiner Gabel gerade ein großes Stück Pfannkuchen abtrennte.

„Tu ich doch..." grinste er und zeigte mit dem vollbeladenen Besteck in den hinteren Teil des Wohnzimmers. Dort entdeckte Ellie seinen schwarzen eleganten Laptop, der mit samt einiger Unterlagen und hellbraunen Mappen auf ihrem Esszimmertisch stand.
„Mach dir deswegen bitte keine Sorgen. Ich kann auch von hier arbeiten natürlich nur wenn du mich überhaupt über Nacht hier haben willst," sagte er etwas unsicher und ihr Herz überschlug sich fast vor Freude.

„Sicher will ich das..." flüsterte sie und spürte wie ihr wieder ganz heiß wurde, als sie nur daran dachte was er ihr in seinen SMS 'angedroht' hatte.

Aaron lächelte leicht und zog sie in seine Arme. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und sie ließ ihre Finger über seinen muskulösen Rücken gleiten. Er fühlte sich so unglaublich gut an, das sie ihm am liebsten auf den Schoß geklettert wäre um ihn ganz nahe zu spüren.



~* A *~

Seit einer gefühlten Ewigkeit saß er jetzt schon regungslos vor seinem Bildschirm und hing seinen Gedanken nach.
Wie viele Stunden hatte er nun schon so zugebracht? Er wusste es nicht doch ein kurzer Blick auf die kleine Uhr unten rechts in der Taskleiste verriet ihm, das nicht einmal vierzig Minuten vergangen waren.

Garcia hatte ihn eben per Videochat über den neusten Stand informiert aber etwas wirklich brauchbares war nicht dabei gewesen und nun war es bereits fast Mitternacht und er hoffte das das Team wenigstens ein paar Stunden Schlaf bekommen würde.

Er selber wollte sich noch einmal mit den Akten auseinander setzten und wenn er da nicht weiter kommen würde – was er leider stark vermutete – würde er wenigstens noch ein wenig Büroarbeit erledigt bekommen.

Kurz riskierte er einen Blick auf die schlafende Ellie und ohne das er es wollte, legte sich erneut ein Lächeln auf seine Lippen.
Nachdem sie gemeinsam alle Pancakes verdrückt hatten, war sie an seiner Schulter in einen erholsamen Schlaf gedämmert.
Behutsam hatte er sie aufs Sofa gebettet und eine ihrer dicken Wolldecken über ihr ausgebreitet.

Den Fernseher hatte er ausgeschaltet und alles was er nun noch hörte, war das leise summen seines Laptops.
Seine Konzentration ließ mehr als nur zu wünschen übrig doch er konnte einfach nicht aufhören darüber nach zu grübeln was ihr widerfahren war und wer dieses Schwein gewesen war.

Aaron konnte den Profiler in sich einfach nicht ausschalten doch in diesem Fall wollte er es auch gar nicht. Der Fremde schien sie nicht vergewaltigt zu haben, hatte er doch gleich nach ihrem Zusammenbruch im Schlafzimmer vorsichtig nach verräterischen Spuren gesucht. Doch was hatte der Dreckskerl ihr dann angetan, das sie derart paralysiert gewesen war?

Er hatte in ihren Augen lesen können wie in einem offenen Buch. Dieser Blick hatte ihm verraten das dies nicht zum ersten Mal geschehen war und das sie es auf eine gewisse Art und Weise bereits schon gewohnt war. Dies machte die Angelegenheit natürlich nicht im geringsten 'besser' aber er konnte sie nicht zwingen mit ihm zu reden.

Dazu kamen immer wieder seine ungehörigen Gedanken, die er nur mühsam hatte unterdrücken können. Er war einfach nur so unglaublich wütend das er ihr am liebsten wirklich – wie angedroht – den Hintern versohlt hätte. Warum nur redete sie nicht mit ihm? Er hätte ihr geholfen und dafür gesorgt das sie dies nie wieder hätte ertragen müssen.

Bevor er jedoch weiter darüber nachdenken konnte, hörte er Ellie leise wimmern. Sofort war er aufgestanden und überbrückte die wenigen Schritte in Windeseile.

„...nicht...bitte..." murmelte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht und ihre Hand, die über der hellen Wolldecke lag, zuckte ganz leicht.

„Ellie, du träumst. Bitte...wach auf," versuchte er sie zu wecken und rüttelte ganz sachte an ihrer Schulter.

Ihre Stirn war voller winziger Schweißperlen und sie wand ihren Kopf unruhig hin und her. Fest presste sie ihre Lippen aufeinander, so als wollte sie verhindern das sie schrie und gerade als er sie erneut an der Schulter packte, riss sie erschrocken ihre Augen auf und starrte ihn regelrecht an.

Ellie keuchte panisch und versuchte von ihm weg zu kommen doch er hielt sie fest.

„Alles ist gut. Ich bin es...Aaron..." sagte er schnell und spürte wie sie sich langsam in seinen Armen beruhigte.
„Du hast nur geträumt."

Schluchzend klammerte sie sich an ihn und ihre Fingernägel vergruben sich in seinem Hemd. Er hielt sie fest und strich ihr beruhigend über den Rücken während er ihr all die Zeit ließ, die sie anscheinend im Augenblick benötigte.

„Wie viel Uhr ist es?" hörte er ihre zaghafte Stimme und verwundert schob er sie ein wenig von sich um ihr in die Augen sehen zu können.

„Wie bitte?" hakte er nach und konnte sich überhaupt nicht vorstellen, warum sie gerade in diesem Moment nach der Uhrzeit fragte.

„Das habe ich eben vergessen und in der früh schaff ich das nicht. Ich darf nicht wieder zu spät zur Arbeit kommen...deswegen..." flüsterte sie und wand sich aus seinen Armen. Verdutzt sah er zu wie sie sich aus der Decke schälte und etwas unsicher zum stehen kam.

„Es ist mitten in der Nacht. Vielleicht gerade einmal halb eins. Wo willst du denn jetzt hin?" fragte er leicht ärgerlich und sah wie sie das Wohnzimmer durchquerte und in Richtung Schlafzimmer ging.

„Ins Bad...ich brauch eine Dusche bevor ich später arbeiten geh..." erklärte sie knapp und mit leicht zittriger Stimme. War sie denn von allen guten Geistern verlassen? Vor wenigen Stunden war ihr etwas zugestoßen, was in seiner Fantasie immer schlimmere Formen annahm und nach nicht einmal zwei Stunden Schlaf hatte sie nicht besseres vor, als eine Dusche zu nehmen um dann in der Früh zur Arbeit zu gehen?

Ehe er sie hindern oder eine Diskussion anfangen konnte, war sie verschwunden und ließ ihn mit gemischten Gefühlen zurück.
Wieder einmal fragte er sich als was sie arbeitete, da ihre Arbeitszeiten nun wirklich sehr zu wünschen übrig ließen. Gut, seine waren ebenfalls nicht gerade die allerbesten aber was bitte tat sie, dass sie entweder mitten in der Nacht nach Hause kam oder in aller Frühe bereits wieder los musste? Gönnte sie sich eigentlich irgendwann einmal eine Pause oder wenigstens ein wenig Ruhe?

Seine Sorge um sie wurde immer größer und am liebsten hätte er sie hier raus geholt.
Alles was er wollte war, das sie in Sicherheit war und das ihr nie wieder etwas böses widerfuhr.

Und warum, zum Teufel hatte er in diesem äußerst unpassendem Moment, wieder diese unzüchtigen Gedanken?


~* E *~


Heiß rann das Wasser über ihren müden Körper hinab und sie schloss erschöpft ihre Augen. Wie hatte es nur passieren können, das sich dieser einst so entspannte und wunderschöne Tag in so ein komplettes Chaos gewandelt hatte?

Hatte sie nicht noch vor wenigen Stunden auf ihrem Sofa, ganz kühn und frech eine mehr als ungehörige SMS an einen FBI Agenten geschickt? Und nun? Nun hatte sie...

„Ellie?" hörte sie Aarons Stimme und sie zuckte unbewusst zusammen. Schnell öffnete sie ihre Augen und sah durch das milchige Glas der Duschkabine, das sich sein dunkler Haarschopf durch die Badezimmertür geschoben hatte.

Beinahe hätte sie gekichert doch sie biss sich etwas unsanft auf die Unterlippe bevor sie die schmale Tür der Dusche öffnete und nun ebenfalls ihren Kopf hinaus streckte.

„Ja?" fragte sie so ruhig wie möglich denn durch ihre Adern schoss bereits wieder das Adrenalin wenn sie nur daran dachte das sie nackt war und er...

„Ist alles okay? Ich hab mir nur Sorgen gemacht weil du schon eine Weile hier drin bist," begann er und betrat nun endgültig den Raum mit den fliederfarbenen Kacheln.

„Tut mir leid. Ich wollte nicht das du dich sorgst. Hab irgendwie die Zeit vergessen..." entschuldigte sie sich und blickte etwas beschämt zu Boden. Vor der Dusche lag ein farblich passender Vorleger, dessen grobe Schlingen lustig in alle Himmelsrichtungen ab standen.

„Schon okay. Ich wollte nur sicher gehen das es dir gut geht," sagte Aaron und machte Anstalten sie wieder alleine zu lassen. Kurz machte sich ein Gefühl der Angst in ihr breit, welches sie nicht recht einordnen konnte und so kamen ihr die Worte ohne noch einmal nachzudenken über die Lippen...

„...geh bitte nicht. Lass mich nicht allein..." bat sie ihn und spürte wie ihr ihr Herz bis zum Hals schlug. Sie wollte nicht länger über all das Böse und Schlechte in ihrem Leben nachsinnen sondern das Schöne und Gute mit allen Sinnen genießen. Joe mochte ihren Körper 'besitzen' aber nicht ihre Seele.

Ellie sehnte sich so sehr nach Aarons Berührungen doch sie sah ihm an wie sehr er mit sich rang. Sie wusste das ihm das, was geschehen war noch immer im Kopf herum spukte, dennoch kam er auf sie zu und blieb mit seinem typischen ernsten Gesichtsausdruck vor der Dusche stehen. Das Wasser rauschte ununterbrochen und prasselte nur noch halb auf ihren Körper, so dass sie mittlerweile ein klein wenig fror.

„Komm raus," sagte er fast schon streng und ein leichtes angenehmes ziehen machte sich in ihrem Unterleib breit. Mutiger geworden, lächelte sie frech und verschränkte die Arme vor ihrer nackten Brust.

„Und was wenn nicht?" gab sie kontra und sah wie seine Mundwinkel zuckten. Das sie mittlerweile nahezu nackt vor ihm stand, versuchte sie geflissentlich zu ignorieren.

„Fordere mich nicht heraus," zischte er und eine feine Gänsehaut zog sich über ihren Körper.
„Sonst..."

„Sonst was?" unterbrach sie ihn und schaltete das Wasser mit einer geschickten Handbewegung aus. Die plötzliche Stille um sie herum war elektrisiert und ihre Blicke blieben aneinander hängen.

„Sonst werde ich dich aus der Dusche zerren und ohne Gnade deinen Arsch zum glühen bringen!" raunte er und Ellie schluckte.

Noch immer starrte Aaron sie regelrecht an und sie wusste kurz nicht, ob sie es drauf ankommen lassen wollte oder doch lieber gehorchen sollte. Gerade als er seine Hand hob, huschte sie aus der Dusche, drehte ihm den Rücken zu und griff hastig nach ihrem bunten Badetuch.

„Hab keine Angst. Ich würde dir nie weh tun..." hörte sie ihn hinter sich murmeln und spürte eine Sekunde später seine starken Arme, die sich um ihren Körper schlangen.

Wohlig warm und beschützend lagen sie um ihre Schultern und sie kuschelte sich in seine Umarmung. Seine Lippen küssten ihr Haar, wanderten tiefer zu ihrer Wange und zu ihrem Hals. Ellie seufzte unter seinen zärtlichen Küssen und schloss vertrauensvoll ihre Augen.

Tief sog sie seinen Duft in sich auf und speicherte ihn irgendwo in ihrem Unterbewusstsein ab. Nie wieder würde sie ihn vergessen. Diese einzigartige Mischung die zu keinem anderen Mann gepasst hätte. Es war Aaron und nur er roch so himmlisch das sie ihn unter tausenden wieder erkannt hätte.


~* A *~


Beschützend hielt er seine kleine Fee in seinen Armen und genoss das Gefühl welches sich in ihm breit machte. Wie lange schon hatte er so nicht mehr gefühlt? Ganz zu Beginn war es mit Haley so gewesen aber mit der Zeit und dem stressigen Alltag war dieses kribbeln ganz schnell auf der Strecke geblieben.

Jedoch hatte er nie wirklich zur Gänze aufgehört sie zu lieben, war sie zum Ende hin aber nur noch wie eine Schwester für ihn gewesen. Ihr Tod hatte ihn so aus der Bahn geworfen, das er sich geschworen hatte, nie wieder jemanden an sich ran zu lassen. Dies war ihm bisher auch nicht wirklich schwer gefallen, immerhin war er mit seiner Arbeit mehr als nur ausgelastet und wenn er einmal mit dem Team oder Dave alleine einen trinken ging, blieb er einfach der grimmige Boss an den sich kein weibliches Wesen freiwillig ran traute.

Bei Ellie war alles irgendwie anders gelaufen. Sie weckte Gefühle in ihm, die er beinahe schon vergessen hatte und lockte Dinge in ihm hervor die ihn ängstigten und gleichzeitig überaus erregten.

„Woran denkst du?" hörte er ihre zarte Stimme und er riss sich von seinen Gedanken los.

Etwas gequält lächelte er und wusste nicht so recht ob er ihr die Wahrheit sagen sollte, entschied sich aber dann doch dafür.

„An nichts gutes..." murmelte er und spürte wie sie sich verwundert in seinen Armen zu ihm umdrehte. Er blickte auf sie hinab und sah wie sie versuchte seine Worte zu verstehen.

„Verrat sie mir," bat sie ihn und seufzend gab er ihrer 'Bitte' nach.

„Eigentlich sollte ich das wirklich nicht tun aber das alles hier..." begann er und versuchte ihrem Blick dabei stand zu halten.
„...das hier macht mich wahnsinnig. Ich weiß nicht was dir passiert ist und das du nicht mit mir reden willst, macht mich so dermaßen wütend das ich dir wirklich am liebsten den Hintern versohlen würde," sprach er weiter und wählte diesmal weniger drastische Worte.
„Du bist verletzt und irgendwer hat dir weh getan und ich? Ich denk daran dir ebenfalls weh zu tun und zwar weil es mir schon ungeheure Lust bereitet wenn ich nur daran denke," schloss er seine Erklärung und erwartete das sie sich von ihm abwenden würde.

Doch das tat sie nicht. Die zierliche junge Frau vor ihm legte ihm ihre Hände auf die Brust und sah ihm dabei tief in die Augen.

„Du dürftest alles mit mir tun..." flüsterte sie und begann seine Krawatte zu lockern.

Ihre Hände waren flink und nach nur wenigen Sekunden zog sie ihm den seidigen Stoff vom Hals. Bevor er weiter über die Situation nachdenken konnte, sah er etwas entsetzt zu wie sie sich nackt vor ihm hinkniete und ihm seine eigene Krawatte in ihren flachen Händen darbot.

„Fessel mich und tu mit mir was du willst. Wenn du so wütend auf mich bist dann habe ich eine Strafe doch wohl mehr als verdient..." sagte sie und in ihren Augen blitzte es frech.



~* E *~


Ehe sie sich versah hatte er sie auf die Beine gezogen und hinter sich her ins Schlafzimmer gezerrt. Normalerweise wäre sie mit Sicherheit in heillose Panik ausgebrochen aber bei Aaron war alles irgendwie anders und auch wenn sie nicht erklären konnte was es war, es war gut so.

Es schien als könne Joe ihr nicht länger das Leben zur Hölle machen. Sie fühlte sich fast schon ein wenig 'frei'.

Erwartungsvoll stand sie nun vor ihm und sah zu wie er die Bettdecken ordentlich hinlegte und nach einem der Kopfkissen griff.

„Beug dich vornüber!" befahl er und das Adrenalin jagte durch ihre Adern als sie nur daran dachte, was er gleich tun würde.

Ellie legte sich auf die weiche Matratze und das Kissen unter ihrem Oberkörper ließ sie noch ein wenig bequemer liegen. Erwartungsvoll harte sie der Dinge, die nun unweigerlich folgen würden und sie seufzte leise auf.

„Freu dich nicht zu früh..." raunte er ihr ins Ohr und sie spürte seinen heißen Atem der über ihre Haut strich. Seine weichen Lippen fuhren über ihren Rücken und seine Hände umfassten ihren Busen.

„Ahhh..." schrie sie, als er ihr fast schon genießerisch in die Brustwarzen kniff und sie hörte ihn leise lachen.

Oh wie unglaublich sexy dies bei ihm war. Der Mann den sie nur als ernsten überaus korrekten Unit Chief der BAU kannte, lachte und es war das erotischste was sie je gehört hatte.

Seine Fingerspitzen fuhren über ihren Bauch und fanden ihr Ziel, genau zwischen ihren Beinen. Ellie stöhnte etwas erschrocken auf, ließ ihn aber gewähren als er ihre kleine Perle fand und begann sie sanft zu umkreisen. Die Erregung überrollte sie wie eine Lawine und sie schloss etwas benommen die Augen. Um sie herum drehte es sich bereits und dabei hatte das alles noch nicht einmal richtig angefangen.

Ihn so zu spüren trieb sie in den Wahnsinn und beinahe wäre sie allein von seinen geschickten Berührungen zum Höhepunkt gekommen, hätte er nicht kurz davor einfach aufgehört.

„Oh nein meine Süße...nicht so schnell..." flüsterte er und sie spürte wie er sich mit seiner Hüfte gegen ihren Po drückte.

Aaron war ebenso erregt wie sie es war und sie wollte ihn spüren. Jetzt. Sofort! Doch egal wie sehr sie sich ihm entgegen streckte, er wich ihr jedesmal aus.

„Lass das!" sagte er streng und ließ seinen Worten den ersten Schlag folgen.

Sie zuckte heftig zusammen, mehr vor Überraschung als vor Schmerz und dennoch spürte sie das leichte brennen auf ihrer Haut.
Bevor sie weiter drüber nachdenken konnte, traf sie der zweite und der dritte Schlag. Beide waren nicht wesentlich fester geworden aber auch jetzt spürte sie ganz genau wohin er geschlagen hatte.

Wieder versuchte sie sich gegen seine Erregung zu drücken und diesmal schlug er so heftig zu das sie schrie.
Das brennen wurde schlimmer und Hitze durchströmte ihren Körper. Verdammt, das hatte ganz schön weh getan.

Es folgte jedoch kein fünfter Schlag.
Aarons Hand fuhr sanft und liebevoll über ihre glühende Haut und diese schien sich sofort wieder zu beruhigen. Ellie atmete tief durch und dachte schon das es vorbei war aber da hatte sie seine 'Wut' scheinbar ganz gehörig unterschätzt.

Ehe sie sich gänzlich entspannen konnte, schlug er erneut zu. Seine flache Hand knallte nur so auf ihren Hintern und wieder schrie sie entsetzt auf.

„Wieso vertraust du mir nicht?" vernahm sie seine Stimme hinter sich und hörte wie sauer und verzweifelt er war.

Aber sie konnte ihm einfach nicht die Wahrheit erzählen. Zu viel stand in vielerlei Hinsicht auf dem Spiel und sie konnte und durfte einfach nichts riskieren.

„...aber...das tu ich..." versuchte sie ihm zu antworten, wurde aber von zwei weiteren Schlägen unterbrochen. Als er ihr scheinbar wieder eine Pause gönnte, probierte sie es schnell nochmal.
„Ich vertrau dir doch Aaron..." hauchte sie hastig und vernahm hinter sich wieder eine Bewegung.

„Aber scheinbar nicht genug!!" sagte er wütend und drosch regelrecht dreimal hintereinander auf sie ein. Ihr blieb nicht einmal genug Luft zum schreien, so brutal hatte er zugeschlagen. Tränen traten ihr in die Augen und sie konnte nicht verhindern das sie ihr stumm über die Wangen liefen.

Sofort war er an ihrer Seite und zog sie bestimmend in seine starken Arme. Da war er wieder...
Sein wundervoller Geruch der sie all ihre Sorgen sofort vergessen ließ. Aaron war hier, bei ihr und er würde sie beschützen doch konnte er sie eben nicht vor allen Dingen bewahren.

„Tut mir leid..." murmelte er mit erstickter Stimme doch es gab keinen Grund sich zu entschuldigen.

„Das muss es nicht!" sagte sie schnell und kuschelte sich vertrauensvoll in seine Arme.
„Ich hab gesagt das ich alles für dich tue und genauso habe ich es auch gemeint. Es...es war schön..." gab sie zu und spürte wie sie ganz rot im Gesicht zu werden schien.

„Ehrlich?" fragte er nach und sie nickte nur, ergriff seine rechte Hand und führte sie etwas unsicher genau zwischen ihre Beine. Das musste Antwort genug für ihn gewesen sein, denn er drückte sie leidenschaftlich auf die weiche Matratze nieder und begann ihren Körper mit Küssen zu bedecken.

Genießerisch schloss sie ihre Augen und gab sich ihm vollkommen hin. Seine Lippen schienen überall zu sein und als er schließlich ihre Perle fand und sie mit seiner Zunge umkreiste, war es sofort um sie geschehen. Ellie stöhnte und öffnete ihre Beine für ihn noch ein kleines bisschen weiter.

„Es hat dir wirklich gefallen..." hörte sie Aaron und in seiner Stimme lag ein leichtes Lächeln.

Sie jedoch nickte nur und es war ihr in diesem Moment völlig egal ob er dies gesehen hatte oder nicht.


~* A *~

Vollkommen erschöpft lag er neben Ellie im Bett und noch immer konnte er nicht begreifen was er eben getan hatte.

Hatte er wirklich zugeschlagen? Ja hatte er und dies nicht nur einmal. Und Ellie? Ihr hatte es gefallen, das hatte er nur zu deutlich gespürt.
Die junge Frau schreien zu hören, hatte etwas in ihm zum Vorschein gebracht, was er bisher so in dieser Form noch nie gefühlt hatte. Eine Mischung aus Lust und schlechtem Gewissen. Anders konnte er es nicht erklären.

Was war denn nur los mit ihm? War er nun von allen guten Geistern verlassen? Noch nie in seinem gesamten Leben hatte er eine Frau geschlagen und niemals hätte er gedacht das es ihm auch noch gefallen könnte.
Doch das hatte es. Mehr als ihm lieb war.

Sein Blick glitt zu Ellie, die schlafend neben ihm lag. Ihr glänzendes Haar umrahmte ihr friedliches Gesicht und beinahe hätte er vergessen, was ihr vor einigen Stunden widerfahren war. Nur die leicht geröteten Stellen an ihrem Hals verrieten es und Aaron drehte sich auf die Seite und strich ihr sanft ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Nun lag ihr Hals ebenfalls frei und er fuhr vorsichtig mit seinen Fingerspitzen über die geschundene Haut. Bald würden sich die roten Striemen in blaue verwandeln und jedem signalisieren das ihr etwas schlimmes widerfahren war. Doch was? Und wer, zum Teufel hatte ihr dies angetan? Immer wieder versuchte er sich an Details zu erinnern aber dazu hatte er den Fremden mit dem LKW nicht lange genug gesehen.
Selbst an die Aufschrift auf dem Aufleger konnte er sich beim besten Willen nicht entsinnen.

Mit diesen Informationen würde nicht einmal Garcia etwas erreichen können. Aber er hatte noch immer eine letzte Möglichkeit – sie von der technischen Analystin durchchecken lassen. Vielleicht ergab sich so ein Bild?!
Dies jedoch widerstrebte ihm ungemein und er beschloss, das er dies nur im äußersten Notfall tun würde.

Nun jedoch würde er wohl oder übel aufstehen müssen, um wenigstens noch ein bisschen seiner Arbeit erledigen zu können.
Sanft hauchte er Ellie einen liebevollen Kuss in die Halsbeuge und drehte sich dann vorsichtig in Richtung Bettkante.

Mit schmerzenden Knochen stand er auf und suchte in der Dunkelheit nach seinen Sachen. Schneller als gedacht hatte er seinen Anzug auf dem Boden wiedergefunden und verließ – ohne die schlafende Schönheit zu wecken – das kleine gemütliche Schlafzimmer.

Im Wohnzimmer angelangt, ließ er sich sichtlich erschöpft auf das Sofa nieder und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
Nicht nur, das er eigentlich keine Beziehung mit Ellie eingehen wollte, nun kam auch noch dazu das er eine fast schon sadistische Seite in sich entdeckt hatte, mit der er im Augenblick nicht umzugehen wusste.

Ganz nebenbei hatte er einen Fall zu lösen und sein Team fragte sich mit Sicherheit schon, was zum Teufel mit ihm los war und wo der pünktliche und stets überaus korrekte SSA Hotchner geblieben war. Selbst Jack hatte von ihm in den letzten Tagen und Wochen nicht viel gehabt und das schlechte Gewissen meldete sich schlagartig zurück.
Er vermisste seinen kleinen Jungen sehr und er beschloss ihn gleich morgen bei Jess abzuholen.

Nun jedoch musste er sich zusammenreißen und noch ein wenig arbeiten. Äußerst schwerfällig raffte er sich auf und zog sich sein Hemd über. Es war leicht zerknittert und ganz oben fehlte ein Knopf. Oh Ellie..

Seufzend ließ er diesen notgedrungen offen und kaschierte es indem er sich seine Krawatte umband. Nachdem er sich auch seine Hose und seine Socken übergezogen hatte, ging er zum Esstisch und ließ sich hinter seinem Laptop nieder.
Das leise monotone Summen verriet ihm, das er noch immer lief und er berührte sacht das kleine Touchpad in der Mitte.

Der Bildschirm erschien und er sah, das zwei Mails in seinem Postfach gelandet waren. Die erste war von Dave und er öffnete sie sofort.
Schnell überflog er die wenigen Zeilen und sein Magen verkrampfte sich ein wenig.

*Aaron, ich mach mir Sorgen. Du gehst nicht an dein Handy und auf meine SMS antwortest du auch nicht. Ist alles okay? Ist was mit Jack?*

Verdammt. An sein Handy hatte er gar nicht mehr gedacht und er hatte es auch nicht klingeln gehört. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm das er sich bald auf den Weg machen musste, es war immerhin schon kurz vor sechs. Spätestens um acht würde sich das Team treffen und er hatte nicht vor schon wieder zu spät zu kommen. Konnte er es jetzt also wagen Dave zurück zu rufen? Aaron zog die Stirn in Falten und beschloss noch eine halbe Stunde zu warten.

Die zweite Mail war von Reid. Der junge Doktor hatte scheinbar eine erste feine Spur entdeckt und bat um einen Rückruf, da er ja nicht zu erreichen war. Oh Himmel, er hatte in der Tat alles um sich herum vergessen und hatte sein Team regelrecht im Stich gelassen. Das war nun wirklich nicht in seinem Sinne gewesen und er beschloss sich ab jetzt wieder voll und ganz dem anstehenden Fall zu widmen.
Vielleicht würde er Ellie dazu doch noch befragen müssen denn er konnte nach wie vor nicht ausschließen, das der Überfall mit allem im Zusammenhang stand.



~* E *~



Mit nur einem Schlag machte sie dem leisen aber dennoch nervigen 'piepsen' ein schnelles Ende.
Stöhnend öffnete sie ihre Augen und streckte sich ein wenig in ihrem weichen Bett, bis ihre Knochen knackten.

Ihre rechte Hand fuhr über die weiche Matratze aber sie war erneut leer, kalt und verlassen. Würde sie je einmal mit Aaron aufwachen? Seufzend setzte sie sich hin und spürte ein leichtes brennen, welches sich über ihren Po erstreckte. Lächelnd stand sie auf und klaubte auf dem Weg ins Bad, ihre Sachen zusammen.

Schnell warf sie die Dinge in den schmalen Wäschekorb und begann damit, sich für die Arbeit her zu richten. Ihre Haare standen wirr in alle Himmelsrichtungen ab und nur mit allergrößter Mühe fuhr ihre schwarze Bürste durch das kleine Chaos.
Nachdem es einigermaßen geglättet war, flocht sie es zu einem langen Zopf und steckte ihn in einer eleganten Schnecke an ihrem Hinterkopf fest.

Ein kurzer prüfender Blick in den Spiegel verriet ihr, das sie definitiv einen Schal oder ein Halstuch benötigte. Die einst blass roten Striemen waren mittlerweile dunkelrot und hier und da färbten sich einzelne Stellen bereits leicht bläulich.
Auf gar keinen Fall durfte dies jemand zu Gesicht bekommen. Es war schlimm genug gewesen mit den Verbänden herum zu laufen. Jeder hatte nachgefragt und jedem hatte sie eine abgespeckte Version dessen erzählt was wirklich geschehen war.

Gott sei Dank war ihre Wundheilung wirklich sensationell und so konnte sie bereits ganz ohne die weißen Mullbinden das Haus verlassen und verschloss die tiefste Wunde lediglich noch mit einem Pflaster.
Jetzt musste sie noch schnell ihre Zähne putzen und dann würde sie sich in ihre 'Uniform' werfen müssen, wobei sie inniglich hoffte das Aaron bereits auf der Arbeit war, damit er sie so nicht zu Gesicht bekam.

Zudem war er wirklich nicht begeistert gewesen, als sie ihm eröffnet hatte das sie heute wieder arbeiten gehen würde. Sie hatte ihm angesehen wie wenig er davon hielt und es würde nur in einer Diskussion enden, wenn er noch in ihrer Wohnung war.

Ellie wusch die Zahnbürste aus und stellte sie zurück in ihren orangen Porzellanbecher bevor sie wieder das Schlafzimmer betrat und das Licht einschaltete.
Mit nur wenigen Schritten trat sie an ihre Kommode, holte sich frische Wäsche hervor und fischte dann ihre Arbeitskleidung heraus.

Die Jeans war alt und an einigen Stellen schon öfters durchgescheuert aber Ellie hatte sie immer wieder mit einigen Stoffresten geflickt. Nun sah sie fast schon wie eine überteuerte Designerjeans aus und sie grinste, als sie an all die blöden Hühner dachte die jedem dämlichen Trend hinterher jagten. Über ihre Hose zog sie ein Shirt und einen alten Hoodie, der auch schon bessere Tage gesehen hatte aber für ihre Schicht als Reinigungskraft mehr als ausreichend war.
Danach öffnete sie die linke Tür ihres Kleiderschrankes und packte noch ihre Diner Uniform und ein Ersatzshirt in ihre Umhängetasche.

Hatte sie nun alles? Ach ja, das Halstuch...
Irgendwo in der kleinen Schublade an ihrem Schrank hatte sie eins beim aufräumen gesehen. Sie kramte darin herum und fand schließlich ein feines Tuch in modischem schwarz und sie band es sich mit einem kleinen Knoten um den Hals.

So! Jetzt konnte es los gehen und die Uhr verriet ihr, das es höchste Zeit war. Auf gar keinen Fall wollte sie wieder zu spät kommen und da ihr Fahrrad noch immer nicht zu gebrauchen war, musste sie den Weg erneut zu Fuß bewältigen.

Vorsichtig öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer und entdeckte Aaron sofort. Er saß an seinem Laptop und starrte angestrengt auf den hellen Bildschirm. Um ihn herum herrschte das reinste Chaos.
Ellie vernahm eine dunkle Stimme und vermutete das er sich ein Video ansah. Perfekt!

Schmunzeln versuchte sie sich die beste Route durch das Zimmer heraus zu suchen. Schnell und doch nicht allzu unhöflich, das musste doch irgendwie zu schaffen sein. Oder nicht? Sie wollte einfach nicht das er versuchte sie daran zu hindern zur Arbeit zu gehen. Ja, er machte sich Sorgen um sie und allein das er dies tat, ließ ihr Herz einen Takt schneller schlagen aber sie konnte sich keinen freien Tag erlauben, selbst wenn es ihr schlecht ging.

Und dann ging alles ziemlich schnell. Ellie rannte regelrecht los, hin zum Schreibtisch und ehe er registrierte was gerade geschah, beugte sie sich zu ihm herab und küsste ihn sanft auf die Lippen.

„Bis bald, mein Herr..." kicherte sie und war im nächsten Moment bereits am Sofa, wo sie sich noch einmal kurz umdrehte.
„Ich muss zur Arbeit aber sei ruhig böse, ich lass mir gerne noch einmal den 'Arsch' versohlen," zitierte sie seine derben Worte und war keine drei Sekunden später durch ihre Haustür gehuscht.


~ *A* ~


„Aaron?" holte die dunkle Stimme ihn in die Realität zurück und er spürte wie ihm sein Herz in die Kniekehlen rutschte. Jetzt hatte er definitiv ein richtig dickes Problem.
„Also das musst du mir jetzt wirklich erklären. Zu Hause bist du ja scheinbar nicht. Wer war denn das zierliche Wesen? Und wieso nennt sie dich 'Herr'? Hab ich da was verpasst? Aber Moment, das passt ja irgendwie zum 'Arsch' versohlen..." prasselten seine Worte nur so auf ihn nieder und am liebsten hätte er den Laptop einfach zugeklappt um so die Verbindung zu kappen aber das hätte die Sache bei weitem nicht besser gemacht.

„...bringt dich auch nicht weiter wenn du mich anschweigst, Aaron. Du kennst mich, ich werd es so oder so heraus bekommen also zier dich nicht so und rede mit mir. Und ich hab mir Sorgen um dich gemacht, dabei hast du endlich eine Freundin gef..."

„...sie ist nicht meine Freundin," fuhr er seinem Kollegen dazwischen und vergrub sein Gesicht gequält in seinen Händen. Verdammt. Warum hatte er nicht schon früher angerufen? Dann wäre Ellie nicht genau in den Video-Anruf mit David Rossi geraten.


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