17. Geruch

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Kapitel 17 : Geruch


~*Mrs.L.*~

Mit einem kleinen spitzen Schrei, fiel Avery ihrer Mutter überschwänglich um den Hals. Das kleine Mädchen klammerte sich an Ellie wie eine Ertrinkende und murmelte immer und immer wieder 'Mama´ - 'Mama´ - 'Mama´.

Mit Tränen in den Augen, sah Mrs Luwell zu, wie ihr Patenkind vollkommen überrumpelt am Ufer des Montreal Lake und mit der untergehenden Sonne im Rücken da stand. Die letzten warmen Strahlen tauchten ihr Haar in glänzendes Gold und ließen sie wie ein Wesen aus einer Fabelwelt erscheinen.

Als sich ihre Blicke trafen, erkannte sie in Ellies Augen – Angst, Unsicherheit aber auch pure Freude...reines ungetrübtes Glück. Ihre Lippen formten lautlos ein einziges Wort - 'Danke´ und Mrs Luwell lächelte leicht.

Ellie war in jeglicher Hinsicht etwas ganz besonders. Mrs Luwell hätte alles dafür getan das es ihr gut ging und doch hatte sie immer wieder versagt. Sie spürte wie eine eisige Hand sich um ihr schmerzendes Herz legte und unbarmherzig zudrückte. Der Druck in ihr schwoll an und am liebsten hätte sie all ihren Kummer in die Stille hinaus geschrien. Doch zum einen gehörte sich dies nicht und zum anderen wollte sie unter keinen Umständen, Ellie in ihrem Wiedersehen stören.

Mrs Luwell wusste nur zu gut, dass sie sich an Joe´s Verbrechen mit schuldig gemacht hatte. Sie hatte zugesehen und geschwiegen. Aus Angst er würde seine Drohungen, Avery etwas anzutun, wahr machen. Ellie hatte ihr immer und immer wieder versichert, dass es ihr gut ginge und sie mit seinen Übergriffen klar käme aber sie hatte ihr nicht geglaubt. Wie auch.

Sie hatte die blauen Flecke auf ihrem zarten Körper gesehen. Die tiefen dunklen, fast schwarzen Augenringe unter ihren wunderschönen Augen. Augen, die oft ins Leere geblickt und jeglichen Glanz verloren hatten.
Ihr, von silbrigen Strähnen durchzogenes Haar, war mit der Zeit immer strohiger geworden und ihr ohnehin schon viel zu dünnes Patenkind hatte auch noch die letzten Kilos verloren die sie davor bewahrt hatten unterernährt auszusehen.
Mrs. Luwell hatte geschwiegen doch nun würde es vorbei sein. Sie hatten Hilfe bekommen und Agent Hotchner würde ihnen beiden den Weg hinaus aus der verfahrenen Situation weisen.

„...Mama...ich hab dich so vermisst,“ hörte die ältere Dame ein paar Wortfetzen, die der Wind zu ihr hinüber trug. Der Anblick der sich ihr bot, erwärmte ihr schmerzendes Herz.

Ellie kniete vor ihrer kleinen Tochter und hielt sie fest in ihren dünnen Armen. Ihren Kopf hatte sie in Avery´s Schulter vergraben und selbst auf diese Entfernung sah sie, wie sehr ihr Patenkind am ganzen Körper zitterte.

Nur zu gerne wäre sie zu den beiden geeilt aber dieser Moment gehörte nur ihnen alleine und so blieb sie ruhig am Ufer des Lake Montreal stehen. Kurz ließ sie ihren Blick hinauf zur Straße gleiten, in der Hoffnung Mr. Hotchner´s Wagen zu entdecken aber es war weit und breit niemand zu sehen und auch kein Motorengeräusch drang an ihr Ohr.

Mrs. Luwell begann sich ernsthaft Sorgen um den FBI Agenten zu machen, war er doch bereits seit gestern Nacht verschwunden. Sie hatte ihm zwar mit ihren bescheidenen Kenntnissen eine Nachricht auf sein Mobiltelefon geschickt aber eine Antwort hatte sie nicht erhalten. 
Sie war sich nicht ganz sicher ob es am kanadischen Netz, an der Abgeschiedenheit oder an ihren schwarzen Daumen, was Technik betraf, lag.

Bei ihrem 'Talent´ war ihre Nachricht mit Sicherheit irgendwo gelandet, nur nicht auf seinem Telefon. 
Ein leiser Seufzer entkam ihren Lippen und sie zog ihre Strickjacke ein wenig enger um ihre Schulter. Die Jahreszeiten änderten sich und ganz langsam schien der Herbst dem Winter weichen zu wollen. Die ersten bunt schimmernden Blätter segelten lautlos zu Boden und nicht weit von ihr meinte sie ein Eichhörnchen gesehen zu haben, welches emsig seinen Nussvorrat aufstockte.

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