Kapitel 1

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"Na sie mal einer an..." hörte ich, als ich dabei erwischt wurde wie ich versuchte das peinliche Bild von mir aus Alex' Handy zu löschen, während der Sportstunde, in der Jungs-Umkleide. Ich drehte mich langsam um. Es war Tobias, ein sehr eingebildeter Kerl, der von den anderen Mädchen jedoch jeden Tag vergöttert wird. Ich kenne ihn nicht wirklich, ich hatte ihn nur ab und zu begrüßt, aber befreundet konnte man das nicht nennen.

"Das ist nicht so wie das grade aussieht.", bekam ich nur noch raus und bemerkte selber wie albern sich das in meiner Situation anhörte. Daher fügte ich noch ein "Wirklich." hinzu. "Ich glaube das würde jede Person in deiner Lage sagen. Du kommst hier einfach in die Jungsumkleide und erwartest nicht erwischt zu werden.", entkräftete er meinen vorherigen Satz. "Jeder wird denken, dass du eine Schlampe bist. Eine perverse Schlampe die sich heimlich in Umkleiden schleicht.".

"Nein, wirklich, es ist nur, dass Alex von irgendwem ein peinliches Bild von mir zugeschickt bekommen hat, ich wollte es nur löschen und wissen von wem es war.", erklärte ich. "Also wenn gleich die anderen Jungs hier reinkommen, werden sie dich sehen und dich für das halten was du bist", sagte Tobias mit einem Schmunzeln auf den Lippen. "Komm schon, du weisst, dass ich nicht pervers oder so bin, erklärs ihnen.", bat ich ihn. Ich wusste, dass das nicht reichen würde um die Jungs zufrieden zu stellen, sie würden mir einfach wie Tobias nicht glauben.

"Du kannst dich in meinem Spind verstecken, bis die Jungs wieder raus sind und dann kannst du dich rausschleichen", schlug er vor, als könne er meine Gedanken lesen. "Danke Tobias, du rettest mir meinen Ruf - ", began ich, doch Tobias unterbrach mich mit einem schmunzeln auf seinen Lippen: "Unter einer Bedingung.". Ich wusste nicht was er wollte, aber was es auch war, ich würde es ihm geben müssen, denn das durfte keiner Erfahren, dass ich hier wie eine Perverse in der Jungsumkleide war. Ich fühlte mich schlecht, jedoch konnte ich nicht anders. "Was möchtest du von mir?", fragte ich ihn. Er antwortete: "Ich weiß es noch nicht. Das suche ich mir ein anderes Mal aus. Ich mache dann ein Bild von dir wie du hier stehst und die Sachen durchsuchst, als Sicherheit, damit du nicht später einfach den Deal brichst."

Sein Vorschlag war gut. Ich konnte ihm nichts vorwerfen, das war fair, denn selbst wenn das Risiko besteht, dass er mich verrät, ist es immer noch besser als wenn ich von den anderen Jungs hier erwischt werde, denn dann ist mein Ruf sicherlich verloren. "Bitte, sag mir einfach jetzt was du möchtest und ich kann dir sagen ob ich es dir gebe oder nicht.", flehte ich ihn an. "Nein ich hab dir den Deal jetzt angeboten, du musst ihn ja nicht akzeptieren", sagte er und sein Schmunzeln verschwamm zu einem schelmischen Grinsen. Er wusste es. Er wusste ganz genau, dass ich den Deal eingehen muss. Ich hasse ihn.

"Okay, jetzt beeil dich schon und mach das Foto. ", sagte ich und er freute sich wie ein kleines Kind zu Weihnachten, das ein neues Spielzeug bekam. Er kramte in seinen Klamotten, bis er sein Handy fand und die Kamera öffnete. Eigentlich habe ich ihn mir noch nie näher angeschaut. Wenn man sich nur auf das Aussehen konzentriert, kann ich verstehen, wieso er so beliebt bei den Mädels ist.

Während ich seine wirklich attraktive Figur analysierte traf mich der Blitz seines Handys vollkommen unvorbereitet. Bevor ich wusste wie mir geschah öffnete er seinen Spind, nam die Sachen die er brauchte raus und drängte mich schon fast gewaltsam in ihn. Er lächelte noch einmal in meine Richtung, begann sich dann aber auszuziehen. Jetzt erst bemerkte ich, dass die Tür des Spindes nur von außen öffenbar ist. Ich war also hier drinne gefangen, bis jemand diese Tür von aussen öffnete. Da nur Tobias den Code für seinen Spind kennt, war ich ihm ausgeliefert. Bemerkbar machen durfte ich mich auch nicht, da ich zwar vielleicht Hilfe bekommen würde, aber neben der Tatsache, dass ich in der Jungsumkleide bin, wie sollte ich bitte erklären wie ich hier rein kam? Nein das würde nicht gehen. Ich musste wohl warten bis Tobias sich dazu entschied mich gehen zu lassen.

Ich konnte jetzt Tobias sehen während er sich umzog. Grade hatte er nur seine Boxershorts an. Ich wusste dass mich keiner sieht, trotzdem bekam ich ein schlechtes Gewissen dabei, ihn zu beobachten. Aber ich wollte nicht aufhören. Ganz kurz schaute er wieder in meine Richtung und ich schaute ertappt nach unten. Das konnte er zwar gar nicht sehen, jedoch fühlte ich mich trotzdem erwischt. Gut dass niemand sehen konnte, wie rot ich wurde.

Nach einigen Minuten waren alle Jungs fertig mit umziehen, ausser Tobias und noch ein Junge den ich nicht kannte. Beide gingen auf den Ausgang zu und ich musste mich überwinden Tobias nicht davon abzuhalten rauszulaufen. Ich war erfreut, dass er nach einer Minute ungefähr zurück kam, alleine. Wahrscheinlich hat er seinen Freunden erzählt, er hat etwas vergessen.

"Möchtest du raus?", fragte er und schaute mich dabei verspielt an. "Na klar möchte ich das, sowas muss man doch nicht fragen", schnauzte ich ihn an. Er ging zwei Schritte zurück und setzte sich auf die Bank in der Umkleide. Nach einer kurzen Pause sagte er: "Schau mal Kiara, du wirst anständig mit mir reden. Du wirst jetzt um Erlaubnis bitten raus zu dürfen, ansonsten bleibst du da drin.", erklärte er in einem strengen Ton.

"Jaja, darf ich raus?", fragte ich ihn.

"Das müssen wir nochmal wann anders üben. Für heute soll es gut sein, aber mit so welchen ironisch gemeinten Sätzen machst du dich nicht beliebt bei mir", sagte er und ging auf den Spind zu. Irgendwie habe ich die Zeit in meiner kleinen Zelle genossen. Ich kann mir nicht erkären wieso ich dem Typen, der mich im Spind eingeschlosen habe das jetzt Schulde, aber mir kommt es unverdient vor, wenn ich jetzt raus dürfte.

"D-darf ich raus?", fragte ich schüchtern und überrascht von der Menge an Selbstbeherrschung die es mich kostete überhaupt diesen Satz rauszukriegen. Tobias, der anscheinend bemerkt hat, dass ich verstehe wie ich ihn fragen soll antwortete: "Vergiss das 'bitte' nicht.".

Ich formulierte meine Frage noch einmal unsicher, diesmal beinhaltete es "bitte". Er ging daraufhin noch näher zum Spind und schloss ihn auf. Der Moment den ich mir die ganze Zeit so gewünscht hatte; ich konnte raus gehen. Doch irgendwie fühlte es sich nicht so toll an wie ich es mir erhofft hatte. Im Gegenteil, das kleine Spielchen hat mir sogar gefallen. Ich wollte noch mehr davon, aber ich konnte ihm das unmöglich so direkt sagen, das würde ich selbst nach dem heutigen Ereignis nicht hinbekommen. Gedankenversuken stand ich im Spind, dessen Tür seit geraumer Zeit offen stand. "Wenn du nicht raus möchtest, kannst du gerne weiter dadrin bleiben.", sagte er aus Spaß und ich musste mich zu einem kleinen Lachen zwingen, damit er nicht merkte, dass es mir wirklich gefallen hatte. Oder hatte er das schon längst?

"Ich hasse dich", bemerkte ich als ich zur Tür ging und den Raum verließ. Er sagte nichts mehr, ich hörte nur noch wie er seinen Spind abschließ, doch ich wartete nicht auf ihn und ging alleine weiter.

Ich hasse dich!Where stories live. Discover now