Kapitel 1.

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Langeweile.

Ich hasste Langeweile...

Wieso besuchte Magnus mich nicht mal wieder?

So, wie früher... Früher war er mindestens einmal im Monat gekommen...

Doch seit diese Jocelyn mit ihrer Tochter Clarissa immer wieder zu ihm kam, war er kaum noch in Idris. Wenn er hier war, dann meistens nicht wegen mir.

Dabei vermisste ich meinen kleinen Bruder doch.

Niemand wusste, dass ich existierte, da es zu gefährlich für mich wäre. Jedenfalls war es früher so. Ich war nämlich ein Hybrit, halb Hexe, halb Shadowhunter.

Außerdem war der oberste Hexenmeister von Brooklyn mein Bruder und ich hatte mich vor Jahrhunderten mal als Shadowhunter ausgegeben.

Es hatte auch wunderbar geklappt. Niemand hatte Verdacht geschöpft.

Bis Magnus es entdeckt hatte. Und natürlich hatte er dafür gesorgt, dass es so aussah, als würde ich sterben.

Dann hatte er mich in ein Haus gesperrt, das ich nicht ohne seine Erlaubnis verlassen durfte. Zu meinem eigenen Wohl, hatte er damals gesagt.

Dabei war ich die Ältere von uns beiden!

Zähne knirschend schwang ich die Beine aus dem Bett und stand auf. Dann stieß ich den Elben an, der schlafend darauf lag, und ging ins Bad.

Nach einem langen Bad bürstete ich meine langen Haare und band sie locker hoch.

Dabei dachte ich an Magnus.

Streng genommen war er ja gar nicht mein Bruder. Jedenfalls nicht biologisch.

Wir waren bloß beide von denselben Menschen adoptiert worden, als er fünf und ich vierzehn Jahre alt gewesen waren.

Wie wir nach Jahrzehnten herausgefunden hatten, waren unsere Mütter bei unserer Geburten gestorben, wie eigentlich jede Frau, die ein Kind von einem Dämon empfing.

Wer die Dämonen waren, die wir als Väter bezeichnen sollten, wussten wir nicht.

Bei mir war es jedoch auch noch der Fall, dass meine Mutter ein Shadowhunter und mein Vater ein Dämon gewesen waren. Daher war ich ein Hybrit.

Magnus war ja eher ein asiatischer „Mensch", während ich typisch europäisch war.

Helle Haut, strahlend, grüne Augen, 1,67m groß. Und weiß-silberne Haare, die mir bis zur Hüfte reichten. Sie waren irgendwie mein Markenzeichen...

Seufzend streifte ich mir meinen seidenen Morgenmantel aus China über und trat wieder in mein Schlafzimmer. Der Elb war gegangen, dafür räumte meine Zofe Emma die Kleidung auf und machte das Bett.

„Guten Morgen, Herrin!", meinte sie und machte schüchtern einen Knicks.

Stumm nickte ich ihr zu und zog schwarze Spitzenunterwäsche an. Dazu schwarze, geschlossene Stilettos mit Pfennigabsatz.

Dann verließ ich mein Zimmer und stolzierte nach unten, um mir in der Küche etwas zu Essen zu suchen. Für gewöhnlich hatte Maria schon etwas gekocht, doch heute hatte ich irgendwie Lust auf etwas... Neues...

Gerade als ich die elegante Marmortreppe hinunter ging, ging die Haustür auf und niemand anderes als mein Bruder trat ein.

Schon auf den ersten Blick sah ich, wie erschöpft er war.

Mit erhobener Augenbraue erreichte ich das untere Ende der Treppe und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hallo, kleiner Bruder," schnurrte ich und legte den Kopf schief, ehe ich mir über die Lippen leckte und mich fragte, wann ich mal wieder meine Zähne im Fleisch eines Vampirs versenken durfte.

Halfblood - Liebe auf der GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt