Kapitel 18.

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Nachdem ichbei Magnus abgehauen war, streifte ich noch ein wenig durch die Stadtund machte mich danach auf den Weg zurück zum Institut. Dort war esschon so ruhig, da die meisten schliefen, dass niemand auf michachtete.
So leise wie möglich schlüpfte ich in Jace' Zimmer undzog mich bis auf die Unterwäsche aus. Dann legte ich mich zu ihm insBett, gab ihm einen Kuss auf die Wange und kuschelte mich an ihn.Sofort schloss er mich in die Arme und drückte mich an sich.Schmunzelnd schloss ich die Augen und lauschte seinemHerzschlag.
Schlafen wollte ich nicht. Ich war alles andere alsmüde. Daher lag ich einfach in Jace' Armen und lauschte seinemHerzschlag und seinem Atem.
Wer würde das Institut angreifen?Mehrfach. Da gab es nicht viele Leute, die mir einfallen würden.Aber an oberster Stelle stand mein Vater. Doch wieso sollteer...
Natürlich. Um mich aus meinem Versteck zu locken hatte erhier angegriffen. Erfolgreich, wie man sah. Immerhin war ichhier...
Während ich so darüber nachdachte, lief es mir eiskaltden Rücken hinunter. Was, wenn er noch hier war? Oder eine Nachrichtfür mich hinterlassen hatte? Jeder Muskel meines Körpers spanntesich an und ich spürte, wie Jace unruhiger wurde. Mist. Ich hatteihn nicht wecken wollen...
Rasch befreite ich mich aus seinerUmarmung und zog mich an. Bevor er wach wurde, verließ ichfluchtartig das Zimmer und eilte den Korridor entlang. Wenn ichRamsey wäre, würde ich eine Nachricht dort hinterlassen, wo ichtheoretisch am häufigsten war. In meinem Zimmer.
Und da ich seitdem Angriff noch nicht dort werden war, wusste ich nicht, ob er dortgewesen war. Daher rannte ich hin und stieß die Tür auf.
Sofortgefror mir das Blut in den Adern. Gegenüber der Tür, an der Wand,war ein Graffiti. Es zeigte eine schneeweiße Katze mit einem Smaragdin der Pfote. Blutige Pfotenabdrücke führten zu meinem Nachttisch,auf dem ein Zettel lag.
Finde mich oder ich morde weiter deineFreunde!
Ich musste hier weg! Ich musste Ramsey davon abhalten,noch mehr unschuldige Leute zu töten!

Ich wirbelteherum, als ich Schritte hörte. Rasch öffnete ich ein Portal undverschwand hindurch. Am anderen Ende erreichte ich die Villa, in derich aufgewachsen war. Keine Ahnung, wieso ich gerade an diesen Ortgedacht hatte. Immerhin war ich seit Jahrzehnten nicht mehr hiergewesen...
Die Villa war am Verfallen. Überall wuchertenPflanzen, die Fenster waren kaputt und das Dach hatte an mehrerenStellen Löcher.
Magnus undich hätten uns besser um das Haus kümmern sollen, in dem wiraufgewachsen waren...
Ich seufzte.Was sollte ich jetzt tun? Ramsey suchen und töten wäre amrealistischen. Aber ich wusste, dass ich ihn nicht besiegen konnte.Sollte ich meinen eigenen Tod riskieren? Aber dann wären alleanderen sicher vor Ramsey...
„DiesenGesichtsausdruck hatte deine Mutter immer, wenn sie nachdachte,"erklang eine kratzige Stimme und ich blickte auf.
Auf einemtiefhängenden Ast hockte der Dämon und beobachtete mich.
„DieserAusdruck brachte mich dazu, mich intensiver mit ihr... zubeschäftigen. Was daraus würde weißt du ja am besten. Das passierteben wenn sich ein Dämon mit einem Shadowhunter einlässt. Pass alsoauf, Prinzessin."
Wortlosstarrte ich ihn an. Er hatte meine Mutter ermordet, indem er siegeschwängert hatte. Wenn er also von mir etwas wie Liebe,Anerkennung oder Respekt erwartete, war er an der völlig falschenAdresse.
„Haltmeine Mutter da raus!", knurrte ich und funkelte ihn wütend an,„die Angriffe! Du wolltest mich aus dem Versteck locken!"
"DeineIntelligenz hast du von mir, würde ich sagen," tippte er sichgrübelnd mit dem Finger ans Kinn, "und deine Magie. Die Katzeist das eindeutige Zeichen dafür, dass du meine Tochter bist. Zu mirgehörst. Sag, Tochter, haben Dämonen dich je gescheut, wenn siedeine Ohren sahen oder deine Aura, die du gut versteckst, spürten?"
Ich schwieg.Er hatte Recht und das machte mir Angst. Er zählte meine dämonischenEigenschaften auf, die ich am liebsten gar nicht hätte...
Ehe ichreagieren konnte, stand er wenige Millimeter von mir entfernt vor mirund griff nach meinem Kinn, um mein Gesicht zu sich zu drehen. SeineAugen blickten intensiv und kalt in meine, so, als würde erversuchen, in meine Seele zu schauen und sie zu manipulieren.
Nervösbefreite ich mich von ihm und entfernte mich ein gutes Stück vonihm. Er beobachtete mich wie ein Raubtier, das mit seiner Beutespielte. Und genauso fühlte ich mich ehrlich gesagt auch.
„Hast dudeine Mutter eigentlich mal getroffen?", erkundigte er sich undließ sich im Schneidersitz auf dem taufrischen Gras nieder, alswürden wir hier nur einen netten Vater-Tochter-Plausch halten.
„Sie isttot," brachte ich mit zitternder Unterlippe zustande, „wegendir!"
Ich sprachnie über sie. Das Einzige, das ich immer erzählte, war, dass sietot war. Wie sollte sie also überlebt haben?
„Aber,aber!", hob er beschwichtigend die Hände und ich bemerkte, dassmeine Hände brannten.
Raschlöschte ich das Feuer, indem ich mit den Händen kurz übereinanderfuhr, und biss mir auf die Unterlippe. Bei ihm verlor ich so schnelldie Kontrolle. Und das würde meinen Tod bedeuten.
„DeineMutter lebt. Ich hatte erwartet, sie würde dich aufsuchen, sobaldsie ihre Blutlust unter Kontrolle hätte... Früher hatte ich sieimmer als Muttertier eingeschätzt, dass sich das Kind nicht voneiner anderen Frau wegnehmen lässt," meinte er nachdenklich undstand auf, „sie wurde zum Vampir. Es wundert mich, dass du dasnicht weißt..."
Das Blutgefror in meinen Adern, mein Atem ging nur noch sehr flach und inmeinen Augen sammelten sich Tränen. Das konnte nicht wahr sein!
„Dulügst!", schleuderte ich ihm entgegen und wandte mich ab, „duversuchst doch nur, mich zu manipulieren! Sie ist tot! Sie. Ist. TOT!Wegen dir, du Monster!"
Zitterndschlang ich die Arme um mich und versuchte, mich zu beruhigen. Garnicht so leicht wie man vielleicht dachte. Ich hatte dieses ThemaJahrzehnte gemieden und jetzt erfuhr ich etwas komplett anderes. Eineder Dinge, die mich mit Magnus verband, bestand aus einer Lüge...
Große Händelegten sich auf meine Schultern und ich schloss die Augen. Jetzt wares sicherlich vorbei. Sicherlich würde er mich am Hals packen undmir das Genick brechen oder mich erwürgen.

Doch nichtsdavon geschah. Ramsey hatte seine Hände einfach nur auf meineSchultern gelegt und stand ruhig hinter mir.
Mir warbewusst, dass er mit dieser ganzen Ehrlichkeit und Fürsorge etwasbezweckte, aber für den Moment genoss ich es einfach, einen Vater zuhaben, der lebte. Auch wenn er ein Dämon war...
Nach einpaar Minuten hatte ich mich wieder gefangen und drehte mich zu Ramseyum. Er zog seine Hände zurück und blickte mich mit undefinierbaremBlick an.
„Wenn wirsie besuchen würden," gab ich leise von mir, „wie denkst du,würde sie reagieren? Und ginge das, dass wir sie aufsuchen?"Er nickteund öffnete mit einer kleinen Handbewegung ein Portal.
„Natürlichwürde das gehen," erwiderte er und kratzte sich am Kinn, „michwird sie attackieren, aber was dich angeht weiß ich es nicht."
„Versuchenwir es!"
„Dann aufnach Vancouver!"

Gemeinsamgingen wir durch das Portal und kamen vor einer riesigen Villa an.Ich schaute mich um und bemerkte sofort, dass es hier in der Gegendnur so von Vampiren wimmelte. Und meine Mutter war wohl einer vonihnen.
Ramsey ginggezielt auf die Tür zu und stieß sie kurzerhand auf, sodass sie ausden Angeln krachte. Rasch folgte ich ihm und ignorierte die Vampire,die uns folgten. Sie würden hoffentlich nicht einen mächtigen Dämonund seine Begleitung angreifen.
Wir betrateneine Art Thronsaal, an dessen Wänden überall Bilder von einergroßen, brünetten Frau hingen. Und am anderen Ende des Raums saßeben diese Frau auf einem reich verziertem Sessel, einer Art Thron.

Während wirden Raum durchquerten, ignorierte ich die Vampire, die immer näherkamen, und die Zähne bleckten oder sich die Lippen leckten. Ich warzum Teil Shadowhunter, dass sahen sie. Und sie wussten, dass meinBlut berauschend wirken würde. Wie eine Droge...
Als wir denThron erreichten, und ich die Vampirin, die vor mir saß, genaueranschauen konnte, wusste ich, dass es meine Mutter war. Ihre Zügeglichen meinen, ihre Augen hatten die selbe Farbe wie meine, und ihreAura verriet mir, dass sie mit mir verwandt war.
Gerade, alsich den Mund öffnete, um sie zu begrüßen, beziehungsweise, um michvorzustellen, machte sie eine einladende Handbewegung und sagte:„Tötet diesen Abschaum von einem Dämon und unsere missratene Tochter!"

Halfblood - Liebe auf der GrenzeWhere stories live. Discover now