Kapitel 15.

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Tage vergingen, die ich einfach nur im Bett verbrachte und heulte, die Decke anstarrte oder mit meiner Haushälterin und Köchin Maria darüber stritt, dass ich nichts essen wollte. Meine Zofe Emma war eh viel zu schüchtern, als dass sie mir widersprechen würde.
Heute, eineinhalb Wochen nach der Falle in der Bibliothek, war ich aufgestanden und hatte ein heißes Bad genossen. Danach hatte ich mir achtlos irgendwelche Klamotten angezogen und mich etwas geschminkt, um nicht so blass zu wirken. Als nächstes hatte ich mir zähneknirschend einen Smoothie von Maria machen lassen, damit ich wenigstens etwas anderes als Wasser zu mir nahm.
Trotz der Tatsache, dass ich jetzt etwas tun wollte, konnte ich mich nicht entscheiden, was ich tun sollte. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich die Shadowhunter beobachten sollte, doch diesen Gedanken verwarf ich direkt wieder. Nein, sie wollten mich nicht mehr in ihrem Leben. Daher würde ich mich raushalten...
Aber vielleicht... vielleicht könnte ich Ihnen etwas geben... etwas, dass sie verloren hatten...
Dafür müsste ich nur Meliorn etwas ausfragen und einen Gefallen einfordern. Und es müsste natürlich auch funktionieren. So, wie ich es plante.
Nachdenklich tippte ich mir ans Kinn und beschloss, dass ich es wenigstens versuchen wollte. Doch vorher müsste ich mich umziehen. So konnte ich nicht aus dem Haus!
Während ich nach oben eilte, wählte ich Magnus' Nummer. Die Nachrichten und verpasste Anrufe löschte ich einfach. Da würde schon nichts wichtiges dabei sein. Ich war die letzten eineinhalb Wochen kein einziges mal ans Handy gegangen. Ich hätte es sogar ausgeschaltet auf dem Nachttisch liegen lassen.
„Du lebst," stellte Magnus knurrend fest, als er ranging, „alles okay?"
Augen verdrehend zog ich mich aus und schaute mir meine Klamotten an.
„Tu nicht so als wäre ich so wichtig," schnaubte ich und hielt mir verschiedene Oberteile und Kleider vor den Körper, „wie gefährlich sind Reisen in eine andere Dimension für eine Hexe?"
Ich hörte, wie er sich verschluckte, und dann ein leises: „Mach langsam! Du sollst mir nicht wegsterben."
Also war Alec bei meinem Bruder. Zwischenzeitlich hatte ich mir Sorgen gemacht, er würde Magnus wegen der Lüge mit mir verlassen...
„Das ist eine rhetorische Scherzfrage oder?", hakte mein Bruder nach, nachdem er sich gefangen hatte.
Seufzend erwiderte ich: „Was, wenn nicht?"
„Dann Sperre ich dich wieder ein! Du kannst doch nicht einfach in eine..."
„Willst du wirklich wieder so viel Magie aufwenden und wahrscheinlich wieder längere Zeit ohnmächtig sein?", schnaubte ich spöttisch, „dann versuch's. Aber wir wissen beide, dass du das nicht machen wirst. Also? Sag schon oder ich hol mir woanders meine Informationen..."
Schweigen. Magnus wusste, dass ich es ernst meinte. Daher rang er sicherlich gerade mit sich.
„Können wir das besprechen, wenn ich alleine bin?", erkundigte er sich dann schließlich geschlagen.
„Ja," log ich und legte einfach auf.
Auf die Fragen, wie es mir ging, wollte ich verzichten. Und ich würde schon längst aus der anderen Dimension zurück sein, bis Magnus Zeit hatte, um mit mir darüber zu reden.
Lächelnd blickte ich den schwarzen, kurzen Overall an, für den ich mich entschieden hatte, und dazu schwarze Riemchen-Pumps. Jetzt noch Schminke und Haare und die Reise konnte beginnen.

Meliorn war nicht sehr begeistert gewesen, dass ich die Dimension wechseln wollte, doch er hatte eingesehen, dass er mir etwas schuldete. Daher hatte er das Portal geöffnet und hielt es für mich offen.
Ohne einen Gedanken an die Risiken zu verschwenden war ich hindurch gegangen und fand mich jetzt in einer sehr teuren Wohnung wieder. Verwirrt schaute ich mich um und betrachtete die Fotos, die auf einer anrichte standen und an den Wänden hingen. Sie zeigten meistens mich. Aber natürlich in Begleitung von Freunden und sehr oft mit Magnus. Allerdings sah ich nirgends auf den Fotos Jace, Isabelle oder Alec. Kannte ich sie in diesem Leben nicht?
Soweit ich es mitbekommen hatte, gab es in dieser Dimension keine Dämonen und sie waren vergessen worden. Daher gab es auch keine Shadowhunter und die Magie war eingeschlafen.
Nur bei mir nicht, doch ich kam auch nicht von hier. Ich ging also die gewundene Marmortreppe hinauf und folgte meinem Gefühl, bis ich mein Zimmer fand. Modern und teuer eingerichtet. Ein Blick aus dem Fenster sagte mir auch, wieso. Diese Wohnung war auf der Upper East Side... Wow... woher hatte ich das ganze Geld?!
Konzentration! Ich musste hier schnell wieder weg. Aber vorher musste ich Clary finden und mit zurücknehmen, wo ich es irgendwie schaffen musste, dass sie sich an ihr früheres Leben erinnerte...
„Felisa? Bist du schon wach und einigermaßen nüchtern?", erklang Magnus' Stimme von der Treppe und ich zuckte zusammen.
Nein, ich würde keinen Ärger bekommen. Das war nicht mein Bruder Magnus. Es war der Magnus aus der anderen Dimension.
Bevor ich reagieren konnte stand er sich schon in der Tür. Und: Oh mein Gott! Wie zum Teufel sah er denn aus?! Glatt zurück gekämmte Haare, ungeschminkt, in schneeweißem, gebügelten Hemd und Anzughose.
Ich verschluckte das „Ach du gottervdammte Scheiße, wie sieht du denn aus?!" und fragte stattdessen in meinem besten „Keine-Ahnung-wer-ich-bin"-Ton: „Ich glaube, ich war etwas zu schnell mit aufstehen... mein Schädel brummt... kannst du mir mal das Wichtigste aus meinem Leben erzählen? Beruf, Familie, Freunde, so was?"
Magnus schüttelte seufzend den Kopf und nuschelte: „Du und diese verdämmtem Partys..."
Ich hob eine Augenbraue und blickte ihn finster an.
Sofort hob er eingeschüchtert die Hände und beeilte sich, zu antworten: „Du bist Felisa Arridon. Berühmtes Model, begehrteste Junggesellin New Yorks und Partygängerin bis zum Umfallen. Ich bin dein bester Freund, den du netterweise bei dir wohnen lässt, nachdem meine Ex Camille mich rausgeworfen hat, und ich bin Bänker, der hobbyweise auch Wahrsager ist, womit du mich immer aufziehst. Deine Familie ist tot und sonstige Freunde hast du nicht wirklich. Du hast Bekannte und Kollegen und Begegnungen auf Partys, aber du sagst selbst immer, die würden dich nur ausnutzen, wenn du mit ihnen befreundet wärst. Daher verzichtest du lieber."
Model? Igitt... Wieso ausgerechnet Model?
Seufzend fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare und nickte: „Danke. Weißt du, ob ich ein Mädchen namens Clarissa Morgenstern kenne?"
Magnus war völlig verwirrt: „Sie ist deine Web-Designerin. Aber du hasst sie weil sie mit Jace zusammen ist, den du eigentlich haben wolltest..."
„Isabelle und Alexander?"
„Nur vom Hörensagen. Clary erzählt oft von ihnen. Wieso willst du das alles wissen? Früher hat es dich auch nie interessiert, was Clary treibt."
Ich zuckte mit den Schultern und griff nach meinem Handy. Hoffentlich war Clary's Nummer eingespeichert wenn ich mit ihr arbeitete.
„Danke," meinte ich an Magnus gewandt und wedelte mit der Hand, „geh und tu, was du zutun hast. Wir sehen uns später."
Keine Clary eingespeichert. Dafür Abkürzungen über Abkürzungen oder Kosenamen. „Arschloch im göttlichen Körper". Ah ja. Ob das Jace war? Sollte ich es herausfinden? Nein, lieber nicht. Immerhin wollte ich so schnell wie möglich wieder hier weg.
WD, Miststück, Schlampe und Hexe sprachen am meisten dafür, dass es Clary war. Doch woher sollte ich wissen, welche Nummer die richtige war?
Bevor ich wählen musste, klingelte mein Handy auch schon. Hexe. Na dann mal Daumen drücken, dass es Clarissa war.
„Ja?", meldete ich mich unsicher.
Am anderen Ende war erstauntes Schweigen, dann erklang Clary's Stimme, die ich von früher aus meinen Beobachtungen kannte: „Sie sind schon wach? Tut mir leid Sie zu stören, Felisa. Ich wollte nur eine Nachricht auf ihrer Mailbox hinterlassen."
Sie stotterte verunsichert? War ich in dieser Dimension so eine einschüchternde Persönlichkeit? Hmmm... Vielleicht sollte ich versuchen, dass zuhause hinzubekommen...
„Du kannst es mir auch direkt persönlich sagen," schnaubte ich und schaute auf die Uhr, „wann kannst du hier sein? Wir haben etwas du besprechen und ich hab nicht viel Zeit."
„Oh," stotterte sie erneut, „ich... in einer halben Stunde bei guten Verkehr... werde ich gefeuert wegen der Idee, die ich ohne zu fragen auf der Website genutzt habe?"
„Beeil dich einfach!", verdrehte ich die Augen und legte auf.
Was fand Jace nur an ihr? Sie war so ein unsicheres, naives Mädchen. Wie hatte sie es eigentlich geschafft, ihn von sich zu überzeugen? Er war doch in mich verliebt gew...
Konzentration, Felisa! Du willst sie zurückholen, um dich bei Jace zu entschuldigen. Und damit er dich vergessen kannst! Also lass doch nicht ablenken. Die Felisa dieser Dimension steckt zwar in diesem Körper, aber du hast die Oberhand!
Seufzend warf ich das Handy aufs Bett und ging zum Kleiderschrank. Mal sehen was ich mitnehmen konnte...

Fortsetzung folgt... (hoffentlich bald 😜)
Tut mir leid dass es solange gedauert hat. Hatte ne kleine Blockade. Hoffe es hat euch gefallen. Ich freue mich über Rückmeldungen wie ihr die Idee findet, Clary zurückzuholen

Halfblood - Liebe auf der GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt