05 - Als du uns das Tanzen beibrachtest

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Hast du es wirklich nicht gewusst oder nur so getan, als wüsstest du nicht, dass ich in dich verliebt war? Denn es gab Momente, in denen musst du es doch gemerkt haben. So oft erwischtest du mich dabei, wie ich dich ansah, und es kann dir doch nicht entgangen sein, wie ich dich ansah.

Und es gab Momente, in denen hatte ich wirklich das Gefühl, du wüsstest es und spieltest ein bisschen damit. Einer davon war dieser Nachmittag, an dem du versuchtest, Flo und mir tanzen beizubringen, erinnerst du dich noch?

Wir hatten Osterferien und hingen wie fast immer bei Flo zu hause herum. Natürlich überhaupt nicht wegen der Limo seiner Mutter, die übrigens immer noch köstlich ist. Wir lagen auf Flos Bett und unterhielten uns über irgendetwas, ich habe keine Ahnung mehr, worüber, bis du plötzlich aufsprangst.

„Leute", sagtest du, „ihr lernt jetzt tanzen."

Flo richtete sich auf und sah dich entgeistert an.

„Ich kann tanzen. Das habt ihr doch auf Maltes Party gesehen."

Du und ich brachen in Gelächter aus.

„Das kann man nicht wirklich tanzen nennen", stellte ich fest.

Du stimmtest mir kichernd zu. „Außerdem wollte ich euch Śtandardtanzen beibringen. Discofox und Walzer und so."

Als Flo vehement den Kopf schüttelte, nahmst du meine Hand und zogst mich auf die Füße. Ich ließ mich von dir in die Mitte des Zimmers führen.

„Gib mir deine rechte Hand. Genau so. Und jetzt leg deine linke auf meine Schulter."

Zögernd befolgte ich deine Anweisung und du legtest deine Hand in meinen Rücken. Wo ich die Wärme deiner Finger durch den Stoff spürte, begann meine Haut zu kribbeln wie verrückt. Mein Herz pochte schnell, so unfassbar schnell, schließlich war ich dir so nah wie schon lange nicht mehr. Ich hatte in den vergangenen Monaten verzweifelt darauf geachtet, möglichst wenig Körperkontakt zu haben, um mich bloß nicht zu verraten. Und bis dahin war ich damit auch ziemlich erfolgreich.

„Also, jetzt machst du zuerst mit rechts einen Schritt nach hinten, dann mit links und dann tippst du mit du mit dem rechten Fuß neben den linken", risst du mich aus meinen Gedanken.

Ich tat, was du gesagt hattest, und du nicktest.

„Und jetzt das gleiche nach vorn."

Und so tanzten wir ohne Musik, ich mehr schlecht als recht und ich starrte auf meine Füße, damit ich bloß keinen Fehler machte. Als ich mir sicher genug war und den Kopf hob, erschrak ich.

Wir waren uns so nah gekommen, dass meine Lippen beinah deine Nasenspitze berührten und ich die feinen goldenen Haare in deinen ansonsten dunklen Augenbrauen erkennen konnte. Mir schoss das Blut in die Wangen und ich wollte zurückweichen, aber du lächeltest nur und hieltest mich fest und tanztest einfach weiter. Doch mein Hirn war durch deine Nähe in eine solche Schockstarre verfallen, dass meine Füße sich verhedderten und ich rückwärts auf Flos Bett stolperte.

Ihr saht mich beide an und bracht dann in Gelächter aus.

„Okay, ich glaube unsere liebe Susi braucht eine kleine Pause", meinte Flo lachend. Ich schlug nach ihm und er wich mir kichernd aus.

Irgendwie schafftest du es doch, Flo zum Tanzen zu überreden und er hatte so viel Spaß dabei, dass ich euch für die nächsten eineinhalb Stunden dabei beobachtete.

Später am Abend zogen wir uns auf das Vordach seines Zimmers zurück. Wir saßen eng aneinander gekuschelt da, gegen die frische Nachtluft eine Decke über die Beine gelegt, und tranken Sangría.

Warum eigentlich immer Sangría? Weißt du das noch? Ich nämlich nicht.

Jedenfalls lachten wir und sprachen über alles und nichts, bis du plötzlich laut fluchtest.

„Scheiße, ich muss jetzt echt nach Hause. Tschüss, Leute!", riefst du und warst verschwunden.

Ich schüttelte lachend den Kopf.

„Juli ist schon eine absolute Chaotin."

Flo nickte zustimmend und dann verfielen wir in Schweigen. Bestimmt zehn Minuten saßen wir so einträchtig nebeneinander, gaben nur die Flasche hin und her, bis er die Stille zerbrach.

„Du magst sie, oder?", fragte er und sah mich von der Seite an. Überrascht wandte ich den Kopf.

„Natürlich mag ich Juli, wir sind schließlich Freundinnen."

„Das meine ich nicht. Ich meinte, ob du sie wirklich magst. Ob du in Juli verliebt bist."

Ich schwieg und gab Flo damit eigentlich seine Antwort.

„Hättest du ein Problem damit?", fragte ich leise, während ich auf meine verkrampften Hände starrte.

Flo lachte bloß und stieß mich mit der Schulter an.

„Soll ich dir noch ein paar Tanzschritte beibringen, damit du sie beeindrucken kannst?", erwiderte er. Ich blickte in sein grinsendes Gesicht und konnte nicht anders, als auch zu lächeln.

Ich träume von SommerWhere stories live. Discover now