15 - Als wir aufbrachen

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Du hattest Recht, deine Eltern konnten davon überzeugt werden, dir die „alte Rostlaube" auf unbestimmte Zeit zu überlassen. Am Samstagabend, drei Tage nach Ferienbeginn und deinem Abschied von Flo, riefst du an. Meine Mutter begrüßte dich, charmant wie immer, mit den Worten: „Macht es kurz, wir wollen gleich essen." Dann reichte sie den Hörer an mich weiter.

„Ja, Juli, was ist los?", fragte ich.

„Ich werde mich mal an die freundliche Bitte deiner Mutter halten und mich kurz fassen." Ich konnte dein Grinsen quasi hören. „Pack deine Sachen, ich hol dich morgen um elf ab. Ein Schlafsack wäre gut, dann können wir im Bus schlafen."

„Äh...", machte ich bloß. Bisher hatte ich mich noch nicht getraut, meinen Eltern von unseren Plänen zu erzählen.

„Super! Bis morgen und guten Appetit!" Mit diesen Worten legtest du auf.

„Na, was wollte Juliana?", fragte meine Mutter, als ich mich an den Tisch setzte.

„Sag doch endlich Juli. Sie hasst es, Juliana genannt zu werden", war meine mechanische Antwort, während ich fieberhaft überlegte, wie ich meine Eltern davon überzeugen konnte, mich mit dir wegfahren zu lassen. Vor allem so kurzfristig.

Mama verdrehte die Augen. „Was wollte sie denn?"

„Sie... Wir wollen zusammen in den Urlaub fahren. Morgen. Sie darf den alten Bus haben und -"

„Mit ihren Eltern?", unterbrach Mama mich.

„Alleine."

„Ausgeschlossen! Ihr seid viel zu jung, um allein wegzufahren."

„Ich bin siebzehn, Mama! Und Juli sogar achtzehn", protestierte ich, doch meine Mutter wischte meinen Einwand mit einer Handbewegung zur Seite.

„Ihr seid zu jung. Und das ganze ist äußerst spontan."

„Aber -"

„Kein Aber. Nein heißt Nein. Verstanden, junge Dame?"

Ich sank in mich zusammen. Mir war klar, dass Mama nicht mehr umzustimmen war. Und von Papa konnte ich, wo er doch bisher nichts gesagt hatte, auch keine Hilfe mehr erwarten.

Als ich nach dem Essen in die Küche ging um abzuwaschen, folgte Papa mir. „Komm, ich trockne ab. Dann sind wir schneller fertig."

Ich nickte bloß, zu beschäftigt war ich mit der Frage, wie ich dir erklären sollte, dass ich nicht mitkommen würde.

„Susanne, Engel?", unterbrach mein Vater meine Gedanken. „Du bist mit Juli zusammen, nicht wahr?"

Vor Schreck ließ ich beinahe das Glas fallen, das ich gerade in der Hand hielt, und fuhr zu ihm herum. „Wie... wie kommst du auf die Idee?"

Papa lachte leise. „Also ja."

Ich konnte ihn nur verwirrt anstarren, während er in aller Seelenruhe weiter das Geschirr abtrocknete, als würde er es nicht bemerken. Als er fertig war, grinste er mich an. „Na los, geh packen. Ich werde deine Mutter schon überreden können."

„Ehrlich?", fragte ich ungläubig und fiel ihm um den Hals. „Danke, Papa!"

Ich weiß bis heute nicht, wie er es geschafft hat, aber Papa konnte Mama überzeugen. Und so saß ich am nächsten Vormittag um halb zwölf nach tausenden Ermahnungen tatsächlich auf dem Beifahrersitz des rostigen VW-Busses deiner Eltern.

„Wow, das hat gedauert." Du grinstest mich an.

Ich seufzte. „Ich weiß. Jetzt fahr lieber los, bevor Mama es sich doch noch anders überlegt."

Und unter Mitleid erregendem Röhren des armen Autos gabst du Gas.

Ich träume von SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt