14 - Als du eine Idee hattest

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Flo fand mich wohl weinend auf der Wiese sitzen und nahm mich mit nach Hause.

Ich fühlte mich elend am nächsten Morgen, sowohl wegen der fürchterlichen Kopfschmerzen als auch weil ich wusste, dass ich dich verletzt hatte. Flo half, gab mir ein Tablette, kochte Kaffee und nahm mich in den Arm. „Entschuldige dich", sagte er. „Ich glaube, das ist das Einzige, was Sinn macht."

Natürlich hatte Flo Recht, das tat er bei so was immer, aber am Samstag fehlte mir die Kraft, um diesem Ratschlag zu folgen. Ich schaffte es bloß, mich nach Hause zu schleppen und dort ins Bett zu fallen.

Sonntagmittag fand ich endlich den Mut, dich um Entschuldigung zu bitten und ging zu dir nach Hause. Doch als deine Mutter mir nach dreimaligem Läuten endlich die Tür öffnete, teilte sie mir bedauernd mit, dass du direkt nach dem Frühstück verschwunden seist und überhaupt hättest du dich das ganze Wochenende über seltsam verhalten. Das half natürlich weniger als wenig.

Ich war verzweifelt, musste dich finden, mit dir reden. Auch wenn ich nicht so recht wusste, was ich dir sagen sollte, wenn ich das getan hätte. Um Zeit zum Denken zu haben, machte ich mich auf den Weg zu unserem geheimen Garten, aber so wirklich half das nicht. Zu heiß brannte die Julisonne auf meinen Kopf und brachte mein Gehirn zum Schmelzen.

Als ich am Garten angekommen war, zog ich die Schuhe aus und lief barfuß durch das mehr als kniehohe Gras. Ich blickte zu Boden, um nicht in eine Biene zu treten, auch wenn ich sie vermutlich sowieso nicht gesehen hätte. So bemerkte ich dich erst, als ich direkt vor der Hängematte stand.

Du saßt aufrecht darin, ein Bein untergeschlagen, und blicktest mich an, hattest mich vermutlich schon lange zuvor gesehen.

„Susanne", sagtest du, das erste Mal seit Urzeiten, dass du mich bei meinem ganzen Namen nanntest.

„Juli, ich...", setzte ich an und verstummte. Meine Zehen vergruben sich in dem dichten, kühlen Gras und dann in der Erde. Ich spürte, wie mir Ameisen über die Füße krabbelten. Du blicktest mich unverwandt an und ich fing beinah an zu weinen. Gott, ich hab früher wirklich viel geheult.

Dann schluckte ich die Tränen hinunter und versuchte es erneut. „Es tut mir Leid. Was auch immer ich gesagt habe, es tut mir so Leid. Ich wollte dich nicht verletzen, wirklich nicht. Es ist nur... ach, ich weiß nicht, nur, bitte verzeih mir."

Du lächeltest ein winziges Lächeln und strecktest die Hand aus. „Komm her, Sanne."

Zögernd ließ ich mich von dir heranziehen. Du rücktest ein Stück zur Seite, damit ich ich neben dich setzen konnte.

„Es ist okay", sagtest du. „Es hat weh getan. Aber... ich weiß, was los ist. Was du meintest. Und ich schätze, es wurde Zeit für unseren ersten Streit."

Ich lachte und du mit, doch als ich dich ansah, wirktest du müde und traurig.

„Sicher?", fragte ich und du nicktest und lächeltest, diesmal richtig, ehrlich.

Du zogst auch das zweite Bein an und kuscheltest dich an mich. Fast wären wir aus der Hängematte gefallen, doch irgendwie schaffte ich es, uns vernünftig hinzulegen. Dein Kopf lag auf meiner Brust; ich fuhr mit den Fingern durch deine Locken und es machte mich einfach glücklich, hier mit dir zu liegen und die Muster zu betrachten, die die Schatten auf dein Gesicht malten.

Irgendwann wandtest du dein Gesicht zu mir. „Sanne?"

„Hm?"

„Lass uns zusammen wegfahren. Ans Meer oder so."

Ich lächelte. „Das wäre wirklich wundervoll."

„Ich mein das ernst!" Du richtetest dich halb auf, wobei du deinen Ellbogen geschickt in meinen Magen bohrtest. „Wirklich. Ich hab doch meinen Führerschein und Mama kann Papa bestimmt überzeugen, dass ich die alte Rostlaube haben kann." Das Funkeln in deinen Augen verriet mir, dass du dich sowieso nicht mehr von deiner Idee abbringen lassen würdest. Und sie gefiel mir, sehr sogar.

„Mit dir würde ich überall hin."

Ich träume von SommerWhere stories live. Discover now