V I E R Z E H N

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Irgendwann zog der Typ sauer ab und Tristan wandte sich zu mir. Ich war mittlerweile wieder zu Atem gekommen aber mir war immernoch unglaublich schwindelig.
Er schien kurz zu überlegen aber beugte sich dann zu mir runter und zog mich nicht gerade behutsam an meinem Oberarm hoch.
Stolpernd kam ich neben ihm zum Stehen und sah zu ihm hoch weil er ungefähr einen halben Kopf größer war als ich.
"Geht's?", fragte er, aber ich zweifelte wieder daran ob er das so ernst meinte, oder ob ihn das überhaupt interessierte. Ich nickte nur stumm und stützte mich etwas an der Wand.
Tristan steckte seine Hände in die Hosentaschen und musterte mich nachdenklich mit seinen dunklen, kalten Augen. 
"Danke.",sagte ich leise und mied seinen Blick.
Kurz darauf hörte ich nur sich entfernende Schritte und hob meinen Blick langsam wieder. "Tut mir leid das ich so scheiße zu dir war.", murmelte ich noch und presste meine Lippen fest zusammen.
Er hielt inne und drehte sich langsam wieder um. Sein Blick war misstrauisch.
"Wirklich.", fügte ich noch hinzu.
Er schüttelte den Kopf. "Ist okay. Kann ich jetzt gehen?"
Ich schwieg kurz und kratzte dann all meinen Mut zusammen. "Tristan.. Ich hab das ernst gemeint mit meinem Angebot. Du kannst bei mir wohnen und.. ich will dir helfen."
Er hob seine Augenbrauen und sah mich etwas amüsiert an.
"Jetzt schau mich nicht so an. Du hast sicher noch nicht mal eine Wohnung oder so nicht wahr? Du bist obdachlos, drogenabhängig und immernoch verletzt. Und ich biete dir meine Hilfe an weil ich einfach nett bin okay?"
Er schmunzelte und und verschränkte die Arme vor der Brust. "Nett und wahrscheinlich einsam, ist es nicht so? Du brauchst Gesellschaft."
Vielleicht hatte er Recht. Okay, er hatte verdammt Recht. Ich war wirklich etwas einsam.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Okay, Okay. Ich komme mit. Aber beschwer dich später nicht."
Ich lächelte. "Werde ich nicht."
Wir gingen zusammen zurück zu meiner Wohnung, ich war zwar noch etwas wacklig auf den Beinen aber versuchte es mir so wenig wie möglich anmerken zu lassen.
Ich schloss die Haustür auf und ließ ihn rein. Er schaute sich wieder um als ob er schon vergessen hatte wie es bei mir aussah.
Ich ging ins Bad und schaute mich im Spiegel an. An meinem Hals zeichneten sich eindeutig Handabdrücke ab die sich sicherlich noch zu Blutergüssen entwickelten.
Ich ging wieder in die Küche und holte mir ein Glas aus dem Schrank. Tristan beobachtete mich, was ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte.
"Willst du auch?", fragte ich und warf ihm kurz einen Blick zu. Er nickte und ich machte ihm und mir ein Glas Wasser.
Die Gläser stellte ich auf den Tisch vor der Couch und ließ mich dann mit gewissem Abstand neben ihn sinken.
Wir schwiegen eine Weile was mir ziemlich unangenehm war. Soll ich den Fernseher anmachen oder einfach schlafen gehen? Oder ist das unhöflich wenn ich einfach so abhaue. Das ist ihm aber wahrscheinlich sowieso egal.
Dann fiel mir aber doch etwas ein womit ich die unangenehme Stille unterbrechen konnte.
"Was hast du eigentlich zu dem Typen gesagt das er einfach so angehauen ist? K-kanntest du ihn?"
Er schüttelte den Kopf. "Nur weil er auch ein Junkie war heißt es nicht das ich ihn kenne." Er sah zu mir.
Sein blaues Auge war immernoch da, wenn auch schon ziemlich verblasst.
"Natürlich.. tut mir leid.", murmelte ich.
"Ich hab ihm gesagt das du meine Freundin bist und er dich in Ruhe lassen soll."
"Aha."
Er sah wieder nach vorne und nahm sein Wasserglas. Mit ein paar großen Zügen hatte er es geleert und stellte es zurück auf den Tisch.
Ich trank mein Glas dann auch aus und stand auf. Die Gläser brachte ich in die Küche und ging dann in mein Schlafzimmer.
Ich hab gewusst das er ein guter Mensch ist. Sonst hätte er mir doch wohl kaum das Leben gerettet, oder?
Er ist anders als diese ganzen ekelhaften, egoistischen Junkies die auf der Straße rum lungern. Da war ich mir jetzt schon sicher. Hinter ihm steckt mehr, eine Geschichte. Eine Geschichte, die ich nur zu gern erfahren würde.

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