Kapitel 3

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• W E S •

Hinter mir geht die Tür zum Lager auf. "Wes, könntest du dem Neuen vorne mal helfen?"

Ich drehe mich zu Lorenzo um. "Hast du denn Wichtigeres zu tun?"

"Tatsächlich ja. Ich erwarte einen Anruf und muss dafür ins Büro", berichtet mir mein Kollege, was mich zum Schmunzeln bringt.

Der gebürtige Italiener arbeitet schon seit vielen Jahren in dieser Pizzeria. Er hat sie sozusagen mitaufgebaut.

Wenn wir mal ein Problem haben, können wir zu ihm kommen und er versucht alles, eine Lösung zu finden. 

Ich mag den alten Herrn total. 

"Du musst wieder auf Chef machen, stimmt's?"

"Ohne mich würde der Laden gar nicht laufen", behauptet der Italiener amüsiert und deutet mit einer Kopfbewegung hinter sich. "Aber jetzt mal im Ernst, der arme Junge da vorne ist mit mehreren Tischen allein. Und schüchtern ist er auch noch! So jemanden wie ihn habe ich in all den Jahren in Amerika noch nicht erlebt."

Einer von der schüchternen Sorte also. Das wird bestimmt spaßig. Ich liebe es, andere zu ärgern. Und so eine kleine Maus ist dafür ein perfektes Opfer!

Als ich an dem Dunkelhaarigen vorbeigehen will, hält er mich am Arm fest. "Ich kenne diesen Blick. Du wirst dem Jungen die Arbeit hier nicht durch deine Späßchen erschweren, Wes. Er scheint es eh nicht sehr einfach im Leben zu haben."

"Ich werde brav sein, versprochen", meine ich und entziehe mich seinem Griff. "Wie heißt unser Küken überhaupt?"

"Matthew. Und jetzt beeile dich. Du wirst nicht fürs Sprücheklopfen bezahlt."

Während er ins Büro verschwindet, gehe ich nach vorne. Auf dem Weg schnappe ich mir vom Tisch einen Schreibblock und stecke ihn mir in die Schürze, die ich trage.

Im vorderen Bereich angekommen, lehne ich mich an die Theke und betrachte den Rücken meines neuen Arbeitskollegen. Er scheint groß zu sein, ist allerdings auch ziemlich schmächtig.

Er steht vor einem der besetzten Tische, wo eine Gruppe von Teenagern sitzt. Einige von ihnen betrachten ihn spöttisch, andere beachten ihn kaum. Ich kann nicht sagen, woran es liegt, aber ich habe ein schlechtes Gefühl, wenn ich das so sehe.

"W-was wo-wollt ihr h-haben?", höre ich Matthew fragen, der dann den Kopf sinken lässt und wahrscheinlich nach seinem Block Ausschau hält. Als er diesen in der Hand hält, zittert diese ein wenig.

"Wie wäre es mit einem Angestellten ohne Sprachfehler?", erwidert einer der Jungs, woraufhin alle am Tisch, mit Ausnahme eines Typens mit dunklen Haaren, lachen. Ich forme meine Hand zu einer Faust.

Wollen die Stress oder so? Den können sie gernhaben, aber nicht in meinem Laden. Und vor allem nicht, wenn ich Schicht habe!

Aber bevor ich mich um die Clowns kümmere, sollte ich den Kleinen aus der Gefahrenzone bringen.

"Hey Matthew, kommst du mal kurz?", rufe ich in seine Richtung. Als er sich tatsächlich umdreht, verschlägt es mir beinahe der Atem. Sein Gesicht ist übersehen mit blauen Flecken und leichten Schwellungen. Er sieht aus, als wäre er als Boxsack genötigt worden.

Um mir nichts anmerken zu lassen, winke ich ihn lächelnd zu mir. "Komm mal kurz mit nach hinten", füge ich noch hinzu und deute dann auf die Durchgangstür, durch die ich gerade erst gekommen bin.

Ich gehe voran und er folgt mir ins Lager, in dem noch nicht ausgepackte Lieferungen auf dem Boden gestapelt sind. Darauf mache ich ihn aufmerksam. "Hier, du kannst die Kisten auspacken und die Dekoration und alles hier einsortieren. Keine Sorge, ich werde solange die Witzbolde da vorne bedienen", versichere ich ihm.

Someone like You [boyxboy] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt