Kapitel 25

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• E V A N •

Es sind einige Tage vergangen seit unserem Wochenende mit Wes' Eltern. Seitdem haben sie einige Male versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Doch er scheint mit ihnen nichts zu tun haben zu wollen. Zumindest ignoriert er jeden Kontaktversuch.

Ich hebe den Blick von meinem Schulbuch und schaue auf die Uhr an der Wand. Der Unterricht wird in wenigen Minuten beginnen. Und der Platz neben mir scheint heute wohl auch leer zu bleiben. 

Matty ist die ganze Woche bisher nicht aufgetaucht. Schon dass er lieber zuhause bleiben wollte, wo er seinen Vater ständig begegnen konnte, ist mir suspekt gewesen. Aber auch die Tatsache, dass er erstmal weiterhin bei seinen Eltern leben will. Dabei haben wir vorgehabt, mit meinen Eltern über seinen möglichen Einzug zu sprechen. 

Was auch immer ihn davon abhält, sein Elternhaus zu verlassen, beziehungsweise ihn dazu verleitet, dort weiter wohnen zu wollen, mir ist dabei sehr unwohl. 

Und auch ist mir natürlich nicht entgangen, wie gedankenlos Chris wirkt. Von Tag zu Tag scheint er mehr niedergeschlagen zu sein. 

Natürlich kann ich eins und eins zusammenzählen, dass meine beiden Freunde derzeit unter etwas leiden, was wohl mit ihrer Beziehung zu tun hat. 

Äußerst überrascht wende ich mich zu Matthew um, der seine Schulsachen auspackt. "Schön, dich zu sehen, Matty. Ich habe dich die letzten Tage kaum zu Gesicht bekommen."

Er zwingt sich ein Lächeln auf. "Ich brauchte ein bisschen Abstand. Tut mir leid." 

"Ist alles in Ordnung?"

Ich sehe ihm an, dass er mit sich ringt über das zu sprechen, das ihn offenbar beschäftigt.

"Matty?", versuche ich es nochmals, als Christoph hinter ihm auftaucht.

Er hat dunkle Augenringe, seine Haare scheinen ungewaschen zu sein. Und auch seiner Kleidung nach zu urteilen wirkt es, als hätte er sie seit Tagen nicht gewechselt. Womöglich hat er auch in ihr geschlafen. 

Verwirrt runzle ich die Stirn, als ich sehe, wie Matthew auf ihn reagiert. Er weicht aus, als Chris eine Hand auf seine Schulter legen möchte. 

"Matt." Er sieht ihn an, als sei sein Freund von den Toten auferstanden. Ganz offensichtlich hat er ihn ebenfalls seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Hoffentlich doch nicht seit dem Wochenende, an welchem ich mit Wes weggefahren bin.

Die beiden starren sich an, Matt hält selbst den Augenkontakt, als er sich setzt. Im Klassenzimmer kehrt Ruhe ein, als Mrs. Prescott hereinkommt. 

"Das ist mein Name", erwidert mein Nachbar kühl, scheint ihn dann aber ignorieren zu wollen. 

Unsere Lehrerin schiebt sich zwischen den Schülern nach vorne zum Pult und meint, sie bräuchte noch ein paar Minuten, um sich zu organisieren. Ihre Taschen, die sie bei sich trägt, sind vollgestopft und sehen aus, als würden sie jeden Moment platzen.

"Matt, k-können wir reden?", bittet Chris, als er sich neben ihn setzt.

Ich presse die Lippen aufeinander und schließe die Augen, darauf konzentriert, die Unterhaltung der beiden auszublenden. Es geht mich nichts an, was zwischen ihnen passiert. Ich sollte mich raushalten, um nicht zwischen den Stühlen zu sitzen. 

"Nach der Schule", höre ich Matt nach längerem Zögern sagen. Doch Chris' überschwänglicher Dank wird von ihm schnell umgekehrt. "Bedanke dich nicht zu früh. Du weißt nicht, was auf dich zukommen wird", warnt ihn Matthew weiter und wendet sich nun vollkommen von ihm ab. 

Er weicht für den Rest des Unterrichts den Blicken von ihm und mir aus, doch mich beschleicht ein unguter Gedanke, dass es um die beiden nicht gut steht.

Someone like You [boyxboy] | ✔Where stories live. Discover now