Kapitel 5

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• W E S •

Ich dränge mich an einer kleinen Gruppe vorbei, die sich ausgerechnet auf der Treppe unterhalten muss, und entdecke meine Freundin, als diese gerade aus der Küche torkelt. In ihrer Hand hält sie einen roten Becher, wahrscheinlich gefüllt mit Bier. Oder sogar mit stärkerem Zeugs.

Sie bemerkt mich anfangs nicht, bis ich meine Arme um sie schlinge, um sie vor dem Stolpern zu bewahren. Erschrocken schaut sie sich um, grinst dann aber über das ganze Gesicht, als sie mich erkennt. "Wes!"

"Denkst du nicht, du solltest langsam aufhören mit dem Trinken?", frage ich sie mit hochgezogener Augenbraue und deute auf den Becher.

Wir haben tatsächlich die ganze Nacht durchgefeiert. Mittlerweile ist es nachmittags, aber die Party ist noch im vollen Gange. Woher auch immer die Leute die Ausdauer haben, mir reicht es so langsam wirklich. Vor allem, weil ich bisher nur Babysitter für Lisa gespielt habe.

Diese hebt gut gelaunt ihren Becher und kippt sich die Flüssigkeit beinahe über den Kopf. "Sei doch nicht so ein Langweiler, Wesilein! Du bist doch sonst nicht so eine Spaßbremse!"

Stirnrunzelnd lasse ich es zu, dass sie sich mir entwindet und tanzend ins Wohnzimmer flüchtet. 

Ehrlich gesagt, möchte ich mir gar nicht vorstellen, dass ich normalerweise auch so bin. Aber ich bin nicht so in Stimmung.

Wie ich es auch die letzten Stunden getan habe, folge ich ihr. Sie unterhält sich mit irgendwelchen Partygästen, die etwa genauso betrunken sind wie sie. Ich lehne mich gegen die Wand und beobachte sie gelangweilt.

Es dauert nicht lange, da gesellt sich Oliver zu mir, der so müde aussieht, wie ich mich fühle. Offenbar werde ich alt, wenn ich nicht mehr das Wochenende durchfeiern kann.

"Was stehst du hier so allein herum? Möchtest du dich nicht ein wenig amüsieren?", erkundigt er sich belustigt und führt dann seinen Becher an den Mund.

"Wir sind seit gestern Abend hier. Und mittlerweile ist es...", ich schaue kurz auf die Uhrzeit meines Handys, "halb drei. Sollten wir nicht langsam nach Hause?"

Seine Augen weiten sich verwundert. "Wer bist du und was hast du mit meinem besten Freund gemacht? Er würde niemals sagen, dass ihm das alles hier zu viel wird."

"Ich werde wohl alt", spreche ich meinen Gedanken von zuvor nun laut aus und versuche, nicht zu schmunzeln. "Normalerweise hätte ich sturzbesoffen im Pool eine Orgie gefeiert, aber mir ist nicht danach", witzle ich weiter und deute auf einzelne Grüppchen, die sich im Wohnzimmer eingefunden haben. "Nicht, dass mich hier jemand interessiert hätte. Irgendwie blieb der Ofen heute Nacht aus. Weder Weiblein noch Männlein traf meinen Geschmack, zumindest von dem, was ich so gesehen habe."

"Na gut. Dann suche ich mal Lisa, damit wir nach Hause fahren können", meint Oli.

Verwirrt zeige ich in die Richtung, in der ich sie erwarte, aber dort ist sie nicht mehr. Tatsächlich habe ich sie schon wieder verloren. Mein Freund zuckt nur mit den Achseln und geht dann an mir vorbei.

Amüsiert schaue ich ihm nach, bis er aus meinem Blickwinkel verschwindet. Dann halte ich mein Smartphone in die Höhe und rufe meine Telefonliste auf. Als ich den Namen meines neuen Arbeitskollegen entdecke, wähle ich ihn aus und halte mein Handy dann ans Ohr. Es dauert nicht lange, bis er abnimmt.

"Matt! Wie läuft's in der Wildnis?" Ich höre ihn atmen, er antwortet allerdings nicht, was mich wiederum zum Lachen bringt. "Komm schon, Kumpel. Telefonieren funktioniert nur, wenn man miteinander redet."

"Wir sind gerade am Wasser", bricht er schließlich sein Schweigen, womit er mich dazu bringt, mir Evan mit nacktem Oberkörper vorzustellen. Dafür könnte ich mich selbst ohrfeigen, aber das Bild würde ich trotzdem gern im Gedächtnis behalten.

Someone like You [boyxboy] | ✔حيث تعيش القصص. اكتشف الآن