Kapitel 3

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~Mädchen des Feuers~

Am nächsten Morgen stehe ich vor dem Schultor. Es ist aus geschwungenem, schwarzem Metall mit lauter Verziehrungen, welche die Geschichte der Elemente erzählt. Links oben ist das Element der Luft abgebildet, etwas weiter unten Wasser. Rechts auf Anhöhe von dem Ersterem, Feuer und darunter das Erdelement. Von allen sind Kampftruppen abgebildet. Die Gegenelemente stehen sich gegenüber, würden alle auf ihr Gegenteil zulaufen, würden alle zusammenstoßen und so der Krieg entstehen. Somit ist die Geschichte der Elemente aufgezeigt. In der Mitte sind die Elemente vereint, es ist ein Kreis indem sie so abgebildet sind wie auf der Flagge. Er ist golden umrahmt, was fast das einzige farbige am Tor ist, bis auf ein paar andere kleine goldene Verzierungen wie Schmetterlinge oder winzige Punkte und die Kugel des Torgriffes ist auch in dem edlen Metall, ebenso der Apfel in der Mitte des Kreises, indem das Schlüsselloch ist. Es sieht bildhübsch aus und so bleibe ich erst einmal staunend stehen und betrachte es, langsam greife ich dann zu dem Torknopf und öffne es.
Mein Blick wandert zu der neuen Schule, sie ist in knalligem rot, orange und gelb gestrichen, ein Stockwerk ist sonnengelb, das nächste feuerrot und der eingerückte Zwischenraum knallig orange, das nächste ist dann wieder gelb. Das Dach ist rauchschwarz und glitzert leicht in der Sonne. Auch der Eingang zur Schule ist schwarz aber innen ist ein Rechteck aus Glas, wie bei den jeweils sechs Fenstern an der Seite eines Stockwerks. Die Tür hat einen silbernen Griff. Anders als die alte Schule ist diese hier von außen modern. Über der Tür ist eine Flamme, innen gelb, dann orange und außen rot, aus Plastik angebracht, daneben steht, auch aus Plastik, FLAMMENSCHULE geschrieben. Ich staune, die Schule ist total schön geworden, auch wenn ich altmodisches normalerweise lieber mag.
Sie befindet sich in der Mitte des Abteils der Menschen des Feuers. Damals als der Krieg ausbrach teilten sich die Wohnorte, es entstanden Abteile. Wir leben immer noch inunserem alten Haus, nah am Kasuwa, da es im Abschnitt der Feuerelementmenschen ist. Langsam bewege ich mich nun auf die steinernen Treppenstufen zur Tür zu. Sie glitzern wie kleine Kieselsteine und sehen von der Farbe auch so aus, nur dass sie größer und in Form einer Treppe sind. Der Schulhof ist betoniert und hier und da sind ein paar Bäume und Büsche und an dem Schulhaus entlang ist ein kleiner Streifen voll Kieselsteine. Ich trete ein und schaue mich um. Niemand ist zu sehen, was daran liegt, dass ich zu spät bin. Das was ich zuerst sehe, ist ein Versammlungssaal, er gleicht einem großem, steinernen Raum, er ist gelb bis leicht braun und wirkt in dem Licht schimmernd golden. Von oben hängen die Lampen herab, sie sind an langen Drahtseilen aufgehängt und von Glaskugeln umhüllt. Ich gehe ein Stück über die Fließen und lasse meinen Blick umher schweifen. Meine Schritte hallen wieder und ich strebe auf die Mitte des Raumes zu. An dieser Stelle ist ein kleines Mosaik abgebildet, es ist in der Form eines Rechtecks, der Rahmen besteht aus einigen goldenen Fließen, die Reihe danach besteht aus den selben gelb-beigen Fließen wie der Rest des Saals und in der genauen Mitte des Raumes befindet sich wieder eine goldene Fließe, nur diesmal ist noch eine Sonne abgebildet. Sie hat den selben Ton wie ihr Untergrund. Man sieht sie nur leicht und als ich mich bücke und darüber streiche fühle ich die Anhebung. Ich stehe wieder auf und schaue nach oben. Genau über mir, befindet sich wieder so einer. Die Decke ist etwas gewölbt und um die mittlere Platte sind weitere Mosaiks und am Rand lief eine geschlängelte Linie herum. Hier und da ist auch mal eine kleine Verzierung an oder neben ihr zu sehen. Die Mosaiks sind alle bunt, währenddessen der Rest wieder so wie der Boden ist.
,,Weißt du, wo wir hin müssen?", höre ich eine Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehe sehe ich einen blonden Jungen.
,,Ich weiß nicht, irgendwo dahinter müssen wohl die Klassenzimmer sein", meine ich und zeige auf eine beige, fast in der Wand verschwindende Tür, sie ist nicht die einzige solche in diesem Raum. Das einzige was an ihr auffällt ist der goldene Rahmen eines Apfels der selben Farbe wie die Tür und das sich darin befindende Pentagramm. Andere Türen haben andere Zeichen, die zeigen, welche Räume sich dort befinden.
,,Ich bin übrigens Nick", sagt der Junge.
,,Ich bin Aurora", meine ich lächelnd.
,,Kommst du mit?", fragt er und zeigt auf die Tür.
,,Ja", antworte ich und werfe einen wehmütigen Blick zurück auf die Decke. Leider komme ich nicht dazu mir die Mosaike und die Verzierungen genau anzusehen. Wir gehen zu der Tür und ich öffne sie.
,,Wohin musst du?", frage ich beiläufig.
 ,,9b, du?"
,,Ich auch", meine ich und gehe den schmalen Flur entlang. An den Seiten befinden sich Räume, Klassenzimmer.
,,Hier", meint Nick und zeigt auf feuerrote Tür, die Türklinke ist golden und auf der Tür ist wieder der Elementkreis mit dem goldenen Apfel angebracht und darin die Klassennummer vergoldet angebracht. Wir betreten den Raum ich ich setze mich auf den  freien Platz neben Lilie.
Dann betritt der Lehrer das Klassenzimmer, er stellt sich uns vor und beginnt dann uns unmittelbar mit den Neuigkeiten des Krieges zu konfrontieren:,,Wie ihr wisst, ist der Krieg in unserer Welt am toben und leider muss ich euch mitteilen, dass es nicht gerade gut aussieht. Wir haben die meisten Krieger verloren und die wenigsten Krieger, wir werden neue schicken müssen." Obwohl ich wusste, dass es schlecht steht, erschüttert mich diese Nachricht. Die Stunden vergehen langsam und ich versuche den Gedanken an den Krieg und unsere Stellung zu verdrängen.

Nach der Schule gehe ich langsam nach Hause. Der Herbst lässt die Blätter an den Bäumen bunt werden. Rot, braun, blassgelb und gold sind sie und manche sind noch grün. Ich betrete den Flur, schließe die Haustüre hinter mir und gehe zur Wohnzimmertür. Die Stimmen meiner Eltern dringen vom anderen Raum dumpf an mein Ohr. Ich lausche ohne es wirklich zu wollen. ,,Kannst du dich nicht drücken? Kannst du nicht nein sagen?"
,,Leider nicht, oder willst du aus dieser Welt fliehen? Du weißt, dass selbst das unmöglich ist, weil niemand weiß, wo ein Tor in die Menschenwelt liegt. Und selbst wenn, sie würden uns suchen - und finden. Es wäre nur eine kurzzeitige Lösung. Du weißt, dass es keine andere Möglichkeit gibt und..."
Es gibt ein Tor in die Menschenwelt?
,,Und was?", fragt meine Mutter besorgt.
,,Lucia...wenn ich nicht gehe, dann...", mein Vater bricht ab. Es scheint ihm schwer zu fallen, den Gedanken aus zu sprechen.
,,Dann was?"
,,...dann", er atmet tief ein, ,,wenn ich nicht kämpfe, dann werden unsere Kinder und...und du es müssen. Verstehst du? Ich will euch doch nur beschützen und...und dazu muss ich in den Krieg."
Ich sehe meinen Vater nicht, aber ich weiß, dass er weint. Als ich durch das Schlüsselloch schaue, erkenne ich, dass ich recht habe. Meine Mutter hat den Kopf gesenkt, mein Vater legt seine Finger an ihr Kinn und drückt ihren Kopf hoch, sieht ihr in die Augen.
,,Ich weiß es ist schwer, für dich,  für unsere Kinder und für mich. In den Krieg ziehen bedeutet den Tod. Sieh mich an Schatz. Ich liebe dich, daran wird sich nichts ändern, wir werden das schon durchstehen, wir zwei mit Aurora und Felix."
,,Toni, ich...ich will nicht, dass du gehst. Du weißt das und ich weiß, dass du dem nicht entkommst, aber versprich mir, dass du auf dich aufpasst."
,,Ich verspreche es, aber sollten zu viele sterben...sie...sie werden euch alle in den Krieg schicken...", er schluchzt. Meine Mutter ist stumm, sie umarmt ihn. ,,...versucht zu fliehen, wenn es soweit kommt", wieder schluchzt er.
,,Toni, ich werde dich nicht zurücklassen."
,,Du musst! In den Schulen werden die Kinder doch schon auf den Krieg vorbereitet! Ihr müsst fliehen, sollten sie geschickt werden! Ihr müsst!"
,,Aber wir wissen doch nicht, wo das Portal ist und ob es überhaupt exestiert..."
Ich verschwinde langsam in meinem Zimmer. Eine Träne kullert über mein Gesicht. Uns wurde heute bereits mitgeteilt, dass es schlecht steht, dass neue Leute geschickt werden müssen, aber ich dachte nicht, dass es so schnell geht, ich dachte nicht, dass sie sofort handeln. Mir war zwar klar, dass es einmal soweit sein wird - und auch ich werde irgendwann in den Krieg ziehen müssen - doch habe ich das wohl nie richtig realisiert. Ich will es nicht glauben. Nein! Das kann nicht sein! In den Krieg ziehen ist wie dem Tod mit offenen Armen entgegen zu laufen. Langsam rinnt mir die salzige Flüssigkeit erneut über mein Gesicht. Ich lehne mich gegen die Wand und denke nach. Denke nach und lasse meinen Tränen freien Lauf.

Elementmenschen ~Mädchen des Feuers~Junge des Wasser~Where stories live. Discover now