Kapitel 19

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~Mädchen des Feuers~

Diese Zweisamkeit hier nachts ist es, die mich am Leben hält.
Es ist das, was ich brauche und das, was er braucht. Uns gegenseitig. 
Auch, wenn das keiner verstehen mag.
Es ist notwendig zwischen all dem Hass, dem Krieg.
Notwendig um zu überleben.

Ich würde zwar dennoch um mein Leben kämpfen, aber bei Logan bin ich mir da nicht so sicher.

Alles, was er je über den Krieg und den Tod gesagt hat, das, dass er sich sofort für mich geopfert hat, sogar freiwillig gestorben wäre, beunruhigt mich.
Nicht, dass ich es nicht auch für ihn getan hätte, es ist nur, als würde ihm sein Leben nichts mehr bedeuten, als hätte er schon längst damit abgeschlossen.

Hoffentlich gebe ich ihm wieder einen Sinn zu leben. Mut zu leben.
Hoffnung. 

Wir brauchen uns eben gegenseitig in dieser schweren Zeit. 
Egal, wie gefährlich es sein mag, aber er macht mich lebendiger als je zuvor.

Ich schließe die Augen.
Ich höre die Geräusche der Nacht, wie eine süßlich bittere Melodie.
Ich spüre den kalten Nachtwind. Er ist angenehm und zeigt einen Hauch der Hoffnungslosigkeit, die unsere Zukunft betrifft.
Ich spüre das Holz unter mir. Es ist unser Anker - das Baumhaus, unser Ort - es gibt uns Sicherheit und Halt.
Ich spüre Logans Arme um mich geschlungen. Er gibt mir Halt. Vertrauen und Liebe, das ist es, was ich fühle, wenn ich bei ihm bin.
Ich spüre seinen Herzschlag an meinem Ohr. Es schlägt. Das gibt mir Hoffnung. Denn noch leben wir. Noch haben wir uns. Und egal wie lange das andauern wird, jeder Moment wird es wert gewesen sein.

Das Traurige ist, dass genau diese Unsicherheit und diese Begrenztheit unserer Beziehung der Zeit, wo wir uns sehen können, das ist, was jede Sekunde mehr als doppelt so wertvoll macht. Unsere Verbindung zu etwas besonderem macht.

Trotzdem würde ich es mir einfacher wünschen, wenn ich könnte. 
Logan hat schon irgendwie recht mit seinen Argumenten, warum er nicht an die Götter glauben will.
Es scheint ja beinahe so, als würden sie uns im Stich lassen.
Vielleicht sogar hassen, dadurch, dass sie uns das alles antun.
Andererseits gaben sie uns den jeweilig Anderen.
Aber ist das ein Fluch oder Segen?

Sie hätten es uns auch leichter machen können.
Mich Nick lieben lassen können, statt der komplizierten Liebe mit Logan.
Und doch würde ich uns um nichts in der Welt aufgeben.

Er ist wie ein Seelenverwandter.
Unsere Herzen schlagen füreinander.
Wenn eines aufhört zu schlagen wird das andere mit sterben.
Vielleicht wandelt man dann noch als Seelenloser auf der Erde, denn der Geist ist zwischen den Welten gefangen.

,,Was sind jetzt eigentlich die Konsequenzen?", frage ich leise und blinzle.

,,Fürs erste werde ich aus allem öffentlichen ausgeschlossen. Ich schätze, dass ich in circa einer Woche schon wieder in den Krieg muss, aber mal schauen."
Mein Blick wandert zu ihm. Jetzt ist er derjenige, der kurz die Augen schließt, aber es hat etwas verbittertes.
,,Irgendetwas werden sie sich schon einfallen lassen", sagt er trocken.
,,Es wird schon wieder werden."
,,Vielleicht."

Für einen langen Moment sind wir still, erst dann frage ich nach: ,,Aber du darfst noch rausgehen?"
Er seufzt: ,,Ja. Ich darf eben nicht in die Schule oder auf die meisten öffentlichen Veranstaltungen. Und wenn ich rausgehe treffen mich gehässige Blicke und ich höre Beleidigungen. Nicht einmal meine Eltern können mehr normal mit mir umgehen, allen voran mein Vater. Und mein Bruder kann mir jetzt auch nicht mehr ins Gesicht sehen."
Tränen rinnen ihm nun über die Wangen und seine Stimme ist brüchig.
,,Sie verstehen alle nicht, dass wir doch alle eine Spezies sind. Sie verstehen uns nicht.
Aber Logan, gemeinsam schaffen wir das schon irgendwie", meine ich und ich meine es ernst.
,,Sicher?"
Ich nicke, obwohl ich es nicht versprechen kann.

Eine Weile noch sitzen wir so da.
Keiner von uns will zurück in die beengende Enge, die zuhause auf uns wartet.
Keiner von uns will die verhassten Blicke sehen und die von Unverständnis geprägten Fragen hören.

Aber ewig können wir hier leider nicht sitzen.
Irgendwann löse ich mich sanft von ihm und stehe auf.

Logan scheint nicht daran gedacht zu haben diesen Ort wieder zu verlassen, er scheint die Zeit vergessen zu haben, aber einen kurzen Moment später tut er es mir gleich.
,,Müssen wir wirklich schon wieder gehen?", flüstert er.
Ich nicke: ,,Ja, leider."

Dann steigen wir die Sprossen der Leiter hinab. 
Mit jeder einzelnen nimmt die Trauer in mir zu. Am liebsten würde ich mich an ihn schmeißen und nie wieder loslassen, aber ich weiß, dass das nicht geht.
Auch sein Gesichtsausdruck spiegelt seinen Trübsinn wider. 

Unten angekommen stelle ich mich vor ihn und küsse ihn.
Es ist, als würde jemand die Zeit anhalten. Als würde der Zeiger sich nicht fortbewegen, aber das macht er.
Als sich unsere Gesichter wieder voneinander entfernen müssen wir beide lächeln.
Hand in Hand gehen wir noch stumm weiter, bis es zu gefährlich ist, dass irgendjemand, der vielleicht nicht schlafen konnte, uns sehen könnte. 

An diesem Ort umarmen wir uns noch einmal.
Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter und atme seinen Geruch ein. Er riecht ein wenig nach Meer, aber auch nach Nacht. 
Die Nacht, die unsere Tageszeit ist.
Ungern trennen wir uns und setzen unsere Wege einzeln fort.

Als ich daheim ankomme sitzt Felix immer noch auf der Treppe. 
Wie spät es wohl ist?
Er beobachtet mich sorgfältig, ehe er leise zu sprechen beginnt: ,,Ich will es euch doch auch gönnen, Aurora, aber..."
,,Was aber? Aber wir sind zu unterschiedlich? Aber er hat eine andere Gabe als ich? Ist es denn nicht verdammt egal?", entgegne ich.
,,Aurora, ich habe nachgedacht. Du hast ja recht, wir sind alle eine Rasse", gibt er sich geschlagen.
,,Aber?", ich kann die Neugier in meiner Stimme nicht ganz verstecken, auch, wenn die Verbitterung deutlich mitschwingt.
,,Aber du bist unausgeschlafen, wenn du in den Krieg musst. Es ist gefährlich. Das und, dass ihr euch trefft."
Ich seufze und schon bevor ich es richtig realisiere schmecke ich die salzige Flüssigkeit auf meinen Lippen.

Mein Bruder steht langsam auf und umarmt mich.
,,Aber ich liebe ihn doch. Ich kann uns doch nicht einfach so aufgeben", schluchze ich.
Er sagt nichts. Natürlich, er kennt die Situation ja nicht wirklich.
Aber er widerspricht nicht mehr.

Später begebe ich mich in mein Bett.
Keiner von uns hat noch etwas gesagt. 
Ich scheine ihm leid zu tun. 
Aber er versteht es nicht.

Die einzige Person, die weiß, wie es ist, ist Logan.
Sein Geruch liegt mir noch immer in der Nase und mit dem Gedanken an ihn schlafe ich ein.

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⏰ Terakhir diperbarui: May 18, 2018 ⏰

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