Leere

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Die nächsten paar Stunden vergingen ganz schnell. In der Vertretungsstunde hatte Herr Trageser sich ein Spiel für uns ausgedacht, und Kunst war noch nie ein Problem gewesen, was die letzte Stunde war.

Es gongte und alle rannten hinaus zu ihren Bushaltestellen. Mein Bus war der letzte, der an der Lindenallee hielt. Also hatte ich noch 20 Minuten, wo Mike mich noch mal fertigmachen konnte, nachdem Jonas mich unabsichtlich gerettet hatte. Ich beschloss, tollpatschig zu spielen und brauchte länger als die anderen, einzupacken, da mir 'Aus Versehen' mein Mäppchen runtergefallen war. Obwohl ich in diesem Moment auf den Boden guckte, wusste ich, dass Mike draußen auf mich wartete.

Der Kunstraum war im Keller, um rauszukommen, müsste man zur Seitentreppe, da dann hoch und zur Hintertür raus. Das wusste Mike, er würde dort auf mich warten.

Verdamn it! Warum? Was hat der Typ gegen mich?!

Ich schnappte mir meinen Ranzen, der heute ausnahmsweise mal nicht schwer war, da wir nur 2 Arten von Fächern haben und die 6. Stunde fällt aus, also...

Geschickt schwang ich mir meinen Ranzen auf den Rücken. So federleicht war der noch nie. Aber doch drückte dieser auf mein Steißbein, was bei jeden Schritt wehtat. Also beschloss ich, den Ranzen nur auf einer Schulter zu tragen.

Ich ging zur Tür raus und bog dann anschließend rechts ab. Geradeaus ginge es zur Hintertür und das wollte ich ja nicht. Hinter mir schloss Frau Tschiers noch ab und machte sich ebenfalls auf den Weg nach Hause. Sie unterichtete nur Kunst, was an unserer Schule soviel bedeutete wie 'Bro, du hast am Tag nur 4 Stunden, wo du Kinder quälen musst!'...

Der Gang hatte viele Ecken, wo hinter jeder ein paar Spinde standen. Die Spinde waren bunt und klein. Da passten nur Bücher rein, sonst nichts. Keine Sporttasche, keine Nintendo Switch, die man mitgeschmuggelt hatte.

Da hat die Schule mitgedacht.


Zu Hause angekommen stellte ich mich direkt an den Schreibtisch und machte meine Hausaufgaben. Es waren Mathe vom vorherigen Tag und ein bisschen Englisch.

Während ich die Hausaufgaben machte, dachte ich daran, was die anderen jetzt wohl tun. Auf WhatsApp rumspamen? Mit Freunden telefonieren? All das, was ich jetzt nicht konnte. Mike würde jetzt auf jeden Fall Minecraft zocken. Faul auf dem Sofa sitzen und zocken.

Das konnte ich auch nicht. Ich konnte nicht sitzen.

Früher hatte ich immer sehr gerne Minecraft gespielt. Da war es gerade auf den Markt gekommen und meine Mutter hatte mir auch ein Exemplar gekauft. Zuerst wusste ich nicht, wie alles ging, deswegen hatte ich in so gefühlt jeder Welt eine Brücke aus Erde in der Luft. Egal wo man hinschaute, egal, wie schön der Seed war, man hatte überall einen Strich aus Dreck.

Als ich daran dachte, musste ich leicht lachen. Minecraft war cool, nur hatte ich damit aufgehört, als ich gehört hatte, dass Mike es auch spielt. (Lol, bester Grund)

Die Hausaufgaben hatte ich in Zehn Minuten schon fertig. Ich legte mich auf mein Sofa und schaltete den Fernseher an. Zumindest versuchte ich es. Der Fernseher war schon 12 Jahre alt. Es könnte mein Zwilling sein. Nur mit dem einzigen Unterschied, dass der Fernseher nicht unzählige Narben von Mikes Prügeleien hatte.

Du musst das jetzt aushalten! Ganze 5 Jahre. Denn Lehrer können dir jetzt auch nicht mehr helfen. Du musst!

Meine innere Stimme wieder. Ohne mich exestierte sie nicht. Ohne mich konnte sie nicht exestieren. Sie wollte, dass ich weiterlebe. Sie wollte, dass sie weiterlebt.


Ich hatte noch ein bisschen Geld gehackt und ein bisschen mit den Nerven der Bankangestellten gespielt, als ich doch noch müde wurde und zu Bett ging.


584 Wörter, ein Kapitel und eine Lucy, die sich fragt, warum sie doch noch immer das 'ein Kapitel' dazusagt. Es können ja nicht 1,1314 Kapitel sein oder so. (Minecraft spiele ich immer noch, ja. Gamertag: LucyMXY)

ALPHADove le storie prendono vita. Scoprilo ora