Begegnung

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Ich wusste nicht, warum ich das tat, aber doch tat ich meine Tasche wieder ins Gebüsch und lief den Hügel hoch. Je weiter ich Shazys Haus näher kam, desto unwohler fühlte ich mich. In der Schule musste ich von IHR gerettet werden. Was war, wenn sie mich nicht mehr mochte?

Bevor ich richtig aus meinen Gedanken rauskommen konnte, hörte ich den altbekannten Ton ihrer Klingel und erschrak. Mein Herz pochte gefühlt 300 Mal die Minute. Ich wollte wegrennen, doch etwas in mir verhinderte es. Dieses Etwas war so stark, dass ich mich nicht mal rührte, als sich die Tür langsam öffnete. Ich starrte einfach nur in die silber-blauen Augen, die mich durchdringlich einschauten.

Ich musste wohl so rot gewesen sein, wie eine Tomate, als Shazy das Ganze auch unangenehm geworden war, und sie mich hereinbat. Als ich durch die Türschwelle stieg, beruhigte sich alles in mir wieder und es ging weiter, wie vor 3 Jahren:

Schuhe ausziehen - Shazy ins Wohnzimmer folgen - Nach der Wii U fragen - Zusehen, wie sie es anmacht - Sich auf das Sofa schmeißen - Controller nehmen.

Shazy nahm sich wie immer das Gamepad, das auf der kleinen Station aufgeladen hatte und setzte sich neben mich.

Eine Zeit lang schauten wir uns nur in die Augen. Die Tatsache, dass es viel komplizierter war als vor 3 Jahren beunruhigte mich ein wenig. Doch fühlte ich mich, als wäre das jetzt dieser Moment, der alles verändern könnte.

Es war, als wäre mein Gehirn gerade hochgefahren, nachdem es aufgrund eines Virusses neu starten musste. Um die peinliche Stille so schnell wie möglich auszugleichen, sagte ich etwas, was wahrscheinlich kein bisschen angebracht war.

Shazy blinzelte mich ein paar mal verwirrt an, dann lächelte sie wieder. "Nichts. Nur Spazieren.", sagte sie. Wie ich es hasste, wenn sie mich anlog. "Bitte. Du kannst mir ruhig die Wahrheit anvertrauen....", fuhr ich ein wenig stotternd fort. Inzwischen musste ich nur noch 10 Zentimeter weiter vor, um sie küssen zu können. Nur musste ich aufpassen, dass ich es unterbewusst nicht wirklich tat.

Shazy schaute schnell weg und lehnte sich zurück. Immer wieder öffnete sie den Mund, um was zu sagen, schloss es aber dann wieder. Noch immer schaute ich ihr in die Augen, bis ich schließlich bemerkte, dass ich noch kein einziges Mal geblinzelt hatte, nachdem ich hier reingekommen war. Schnell schaute ich auch weg, um Shazy nicht nervös zu machen, lehnte mich auch zurück und holte heimlich das Blinzeln nach. Sowas Dummes tat ich öfters, aber bisher hat es niemand bemerkt. Das war gut.

"Nun...", fing Shazy schließlich an, "Ich... Ähm... Bin in den Wald gegangen..." Das wusste ich. "...da wurde ich angegriffen..." Aua? Von wem oder was? "...Von einem Wolf..." Hm? Oh. Hallo, Mrs Zombie. "Ich konnte mich gerade noch retten..." Das kenn ich irgendwo her?

Ich konnte ganz gut bemerken, dass Shazy nicht darüber reden wollte, aber ich musste ihr von meinem Traum erzählen. Bevor ich das tat, entschuldigte ich mich kurz und ging in die Küche. Ich hatte so eine böse Vorahnung...

Ich blieb da einfach stehen, die Tür war hinter mir geschlossen. "Alles Okay?", fragte Shazy, "Darf ich reinkommen?" Ich selber wusste auch nicht, warum ich in die Küche gegangen war. Ich hatte Angst, dass Shazy erschrecken würde.

Wieder klopfte Shazy an die Tür. Ich konnte hören, wie sie vor der Tür aufgeregt herumlief. Schnell antwortete ich mit einem "Alles Okay, muss hier nur kurz diesen Anruf tätigen...". Tja, jetzt log ich sogar Shazy an.

Heute hatte ich ein langärmiges T-Shirt an, dessen rechten Ärmel ich langsam hochzog. Dabei zuckte ich kurz vor Schmerz zusammen. Jetzt wusste ich es. Shazy war nicht die Einzige, die knapp überlebt hatte.

Will ich es ihr sagen?

Schließlich drehte ich mich um und griff zur Türklinke. Davor stockte ich noch mal kurz und betrachtete den Arm, auf dem ein großer roter Strich zu sehen war.

Ja. Schon...


638 Wörter, ein Kapitel und eine Autorin, die sich fragt, warum man bei eins die Einzahl verwendet, aber bei 0,67, zum Beispiel, die Mehrzahl verwendet, wo es doch eigentlich weniger sind. (Schau, ich hab die Mehrzahl verwendet.)

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