Endlich

91 6 5
                                    

Ich konnte mich nicht mehr beherrschen, ich wollte einfach mal auch die Welt erkunden. Fast automatisch lief ich zur Tür, zog meine Jacke an, die an der Garderobe neben dem Spiegel in der Eingangshalle stand, und ging zur Tür hinaus.

Es gab nur einen Weg, um in den Wald zu gelangen, ohne dass man erst mal von Zecken im hohen Gras überfallen wird. Der Weg war in der Nähe des eigentlichen Dorfes. Als ich jedoch losgehen wollte, hielt mich mein Gewissen auf. Wahrscheinlich das letzte Mal drehte ich mich um.

Das Haus lag im Dunkeln, sodass die weiße Wand aussah wie grau. Eine einzige schwache Straßenlaterne beleuchtete eine Ecke des roten Daches. Wenn man an meinem Haus vorbeisah, konnte man das sehen, was die Leute schon seit über 20 Jahren gemieden haben: 'Killerhäuschen' nannten alle das hölzerne Etwas, das einen an ein Plumsklo erinnerte. Bewusst lief ich darauf zu.

Alle meine Sinne warnten mich und wollten mich dazu bringen, umzudrehen und nach Hause zu gehen. Doch mein Gefühl war stärker. Noch 10 Meter und schon war ich da, an dem Haus, wo anscheinend ein Mörder lebte und vielleicht immer noch lebt.

Nun stand ich davor, vor der großen schweren Tür aus Schwarzeichenholz. Alles in mir schrie um Rückzug, aber es war zu spät. Meine Hand griff nach der Tür, stemmte sie auf, was ich da drinnen sah, ließ mich aber nur innerlich loslachen. Ein Messer, ein Lappen, eine Puppe und haufenweise Werkzeug.

Anscheinend hatte jemand die Story mit dem Killer nur erfunden, damit niemand die Puppe seiner kleinen Tochter anrührte.

Auf einmal kam mir eine Idee: Ich nahm das Messer und tat es in die Hand der Puppe. Dann ließ ich die Tür offen und rannte ins Dorf.

Ich lief ein Weilchen einfach nur rum und betrachtete die Häuser. Alle in weiß, mit roten Dächern und ein bisschen Schmuck für das kommende Weihnachtsfest. Bereits im November war es schon sehr kalt. Ich hatte meine blaue Daunenjacke an und schlenderte in Richtung Wald.

Als ich um die letzten Häuser bog, konnte ich bereits den schmalen Kiesweg sehen, der in Bögen hinauf in den dichten dunklen Wald führte.  Entschlossen lief ich den Pfad hoch, wobei mein Steißbein sich wieder mal bemerlich machte.

Ich wusste nicht, warum ich so unbedingt in den Wald wollte. Das sagte mir mein Gefühl.

10 Minuten brauchte man, um den Weg hochzugehen und im Wald die feuchte Luft zu genießen. Als schon die ersten Bäume an einem vorbei waren, teilte sich der Weg. Einer führte in die Nachbarstadt und einer tiefer in den Wald. Sonst liefen die Bewohner unseres Dorfes immer zur Nachbarstadt, da sie Angst hatten, von Wölfen attackiert zu werden.

Ich aber lief lieber weiter in den Wald hinein.  Während dem Gehen beobachtete ich, wie eine Spinne gerade ihr Netz baute und dabei ein paar Male herunterfiel. Ich war so sehr an den Anblick gefesselt, sodass ich nicht sah, dass vor mir der Weg eine Kurve beschrieb.

Also prallte ich ziemlich hart gegen eine Tanne, die neben dem Weg wuchs. Ich rieb mir kurz meine Nase, die diesmal am meisten leiden musste und beschwerte ich mich über meine Dummheit.

Plötzlich hielt ich inne, als ich ein Rascheln hörte. Hektisch drehte ich mich im Kreis. Da fiel mir plötzlich auf, dass an einem Baum in der Nähe Blut war. Ich wurde panisch und versuchte, den Angreifer in mein Blickfeld zu bekommen. Doch immer wenn ich mich in die Richtung des Raschelns wandte, hörte ich wieder ein Knacksen hinter mir. Ich war umzingelt.

Plötzlich hörte ich ein Knurren hinter mir. Als ich mich umdrehte, konnte ich einen großen schwarzen Timberwolf sehen, der mich mit seinen glühend roten Augen ansah. Ich hatte Angst, aber doch fühlte ich mich erleichtert, endlich einen Wolf als Gegner zu haben, und nicht nur Rascheln und Knacksen.

Der Wolf zeigte mir seine spitzen Zähne, die vom Mondlicht beleuchtet wurden. Sie waren weiß und funkelten böse. Ich wandte mich nicht von ihm ab und ich versuchte auch nicht, wegzurennen. Ich blieb einfach nur da stehen und sah ihm tief in seine Augen, die er bedrohlich zusammenkniff.

Ich sah, dass er zum Sprung anlegte. Auf einmal schoss er blitzschnell vor und biss mir ins Bein. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen ganzen Körper. Ich sah, wie das Blut langsam mein Bein herunterlief. Dann tauchte noch der Rest des Rudels auf und bildete ein Kreis um mich herum.

Endlich!


727 Wörter, ein Kapitel und ein dummes Kind, das denkt, es wär was wert.... Aua. Naja, egal, das nächste Kapitel kommt dann noch in Kürze. Es ist noch nicht alles vorbei, weiter geht's mit Jonas' Sicht!!!

ALPHAWhere stories live. Discover now