Verschwunden

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-Jonas-


Ziellos wanderte ich durch das Schulhaus. Ich wusste einfach nicht, was ich tun könnte. Mit Mike abhängen? - Nee, ich habe ihn eh noch nie gemocht. Er war Shazys Feind, ich konnte sie gerade noch retten, als Mike ihr wehtun wollte. Shazy war zwar nicht in meiner Klasse, aber trotzdem mochte ich sie noch so sehr wie früher.

Wie gerne ich mich an die Zeit zurückerinnerte, wo wir noch gemeinsam auf der Wiese tobten. Da waren wir noch in der Grundschule. Später in der 4. Klasse lud ich Shazy eher ein, mit mir Minecraft zu spielen.

Wie sehr ich mich an die Zeit zurückerinnerte, als ich sie noch glücklich sehen konnte...

Aber jetzt wurde Shazy gemobbt, geschlagen und ignoriert. Ich konnte nur zusehen, dass ich Shazy beschützte, wann ich nur konnte, aber unauffällig - Sonst hieß es 'Shazy und Jonas gegen den Rest der Welt'...

Schon seit Wochen ist sie nicht mehr zur Schule gekommen. Ich wusste zwar, dass Shazy so oft fehlen konnte, wie sie wollte, denn sie lebt allein im Haus, hackt um ihr Überleben und fälscht Unterschriften.

Nur dieses Mal war es was anderes, ich konnte es spüren.

Es gongte zum Pausenende und ich bog direkt nach rechts, da ich gerade rechtzeitig zur Nebentreppe geschlendert bin. Mit geschickten Sprüngen lief ich die Treppen hoch, wobei ich jeweils immer eine Stufe übersprang. Als ich oben war, konnte ich direkt in mein Klassenzimmer gehen, da es direkt neben der Treppe lag.

In einer großen Schrift prankte auf der Tür die Zeichen '7a'. Ich ging ins Klassenzimmer und setzte mich zu Lukas in der letzten Reihe.

Ich wollte gerade meine Geschichtssachen herausholen, als mich Lukas aufhielt. "Wir haben jetzt Frau Tschiers als Vertretung!", sagte er, wobei er seiner Hand in die Luft hielt und so tat, als würde er dabei eine Schandtat verhindern. Ich nickte ihm zu und steckte das Heft wieder ein.

In dem Moment kam Frau Tschiers hineinstolziert, in der Hand hatte sie eine große rote Mappe.

"Sooo!", fing sie ihre Rede an, "Ich teile euch jetzt eure Kunstwerke aus" Sie betonte das 'Kunstwerke' bemerkbar sarkastisch, was mich Böses erahnen ließ. "Der Schnitt liegt bei 4,62" Ich hörte nur Köpfe, die bestimmt schon zum 10. Mal Bekanntschaft mit dem Tisch machten, und musste lachen.

Frau Tschiers sah mich herausfordernd an, woraufhin ich aufhörte und zur Verteidigung meine Hände hob. Sie räusperte sich und fuhr fort: "Da eure Arbeiten so schlecht ausgefallen sind, möchte ich euch eine Musterarbeit zeigen, angefertigt von einer Schülerin euren Alters."

Die Klasse zeigte keine Reaktion.

Frau Tschiers setzte sich an den Pult und holte die Arbeiten aus der Mappe. Sie waren in einem Stapel auf den Tisch gelegt worden, wobei ein Blatt als Außenseiter daneben lag. Frau Tschiers teilte die Arbeiten höchstpersönlich aus, was sie sonst eigentlich nie tat.

Laut Alisha gab es nur eine 1. Heißt, jeder, der das Blatt bekam stöhnte auf, es sei denn, er hatte die Eins. Auch ich gab einen Seufzer von mir, als ich die 3 betrachtete, die mit rot auf die Rückseite geschrieben wurde. Aus dem Augenwinkel sah ich ein paar Mädchen in meine Richtung kichern, aber ich ignorierte es, wie jeden Tag.

Ich konnte nicht erfahren, wer die Eins hatte, da wurde das Geschwätz der Klasse schon von Frau Tschiers unterbrochen. Diese hatte absichtlich laut gehustet, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie nahm gerade das Blatt hoch, das anscheinend 'sehr schön' war.

Ein Raunen ging durch die Klasse und da sah ich es auch: Die kleine Unterschrift in der unteren Ecke fiel nur mir auf. 'Shazy' stand da in Lila. Ich fühlte, wie mein Herz höher schlug und die Erinnerungen an das schönste Mädchen der Welt wieder kamen. "Shazy Ralston.", sagte Frau Tschiers. Ich hörte nur ein lautes Lachen von rechts und schon hatte Mike die gesamte Aufmerksamkeit. Frau Tschiers musterte ihn kurz und fuhr dann fort: "Leider ist sie schon seit 2 Wochen nicht mehr zur Schule gekommen, um an unserem jetzigen Projekt teilzunehmen." "Na, hat die sich doch noch umgebracht?", schrie Mike mit einem fiesen Grinsen in die Klasse. Ich spürte ganz deutlich, wir sich mein Brustkorb zusammenschnürte.

Das könnte es sein... Das durfte nicht sein...

Mir kamen beinahe die Tränen, wäre da nur nicht die liebe Frau Tschiers, die Mike einen Verweis für unfaires Verhalten gegenüber Mitschüler gab.


Als ich dann nachmittags im Bus saß, dachte ich sehr viel über Mikes Aussage nach, die bedauerlicherweise doch sehr realistisch war. Ich konnte es nicht glauben, ich wollte es nicht glauben. Schon seit der 3. Klasse war ich unsterblich in Shazy verliebt, wenn ich sie jetzt verlor, dann kann ich ihr gleich nachmachen und Selbstmord begehen. Das würde die halbe Klasse zwar traurig machen, aber egal. Wie sehr all diese Mädchen für schwärmen mögen, sie kriegen mich nicht. Mein Herz war vergeben.

"Nachster Halt: Heimbuchenthal, Bernsteinstraße.", hörte ich aus den Lautsprecheranlagen. Das war meine Haltestelle, wenn ich jetzt nicht aussteige, dann würde ich nach ein paar Haltestellen in Shazys Dorf sein...

Ich hatte gerade meine Kopfhörer eingesteckt, als mir eine Idee kam und ich mich wieder hinsetzte. Aus meiner Jackentasche holte ich mein Handy heraus und öffnete WhatsApp.

Meine Mutter hatte mir geschrieben: Hey, mein Goldjunge! Wann kommst du nach Hause?

Das schrieb sie mir jeden Tag und ich hatte immer mit 'Gleich' geantwortet.

Im Hintergrund hörte ich die Bustür schließen - An meiner Haltestelle. Schnell schrieb ich meiner Mutter zurück: Heute bisschen später. Ich geh noch mal zu Shazy.  Wir arbeiten zusammen an ein Projekt in Kunst: Plakatgestaltung.

Ich hasste es, meine Mutter anzulügen, und doch tat ich es. Das Projekt sollte ich zwar mit Alisha machen, aber das wusste sie ja nicht. In 14 Minuten würde ich bei meiner Freundin sein... Hoffte ich zumindest...


939 Wörter, 1 Kapitel und eine Schreibblockade, die meiner Meinung nach alles ruiniert.... Toll...

ALPHATahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon