8. Schachspieler

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Taehyung Pov

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Taehyung Pov

Ein Jahr habe ich ihn nich mehr gesehen, ein verdammt langes Jahr. Jetzt stehe ich hier am ersten Weihnachtstag auf diesem kalten, zugigen Bahnhof und würde am Liebsten wegrennen. Stattdessen trete von einem Fuß auf den Anderen. Nicht wegen der Kälte, sondern weil ich nicht weiß, wohin mit meiner Nervosität. Wenn er da ist - wie wird sich das anfühlen? Fantastisch, scheiße, miserabel, alles auf einmal.

Schlimmer als jetzt kann es eigentlich nicht mehr werden. Jungkook und ich kennen uns seit drei Jahren und seitdem kämpfe ich gegen die Wirkung, die er auf mich hat. An unzähligen Abenden habe ich im Schachclub vor ihm gesessen, zwischen uns das Brett, und habe statt auf die Figuren auf seine kräftigen Hände gestarrt. Auf die fransigen, braunen Haare und habe sein Gesicht beobachtet, wenn er die Stirn runzelte. Wenn er mit leuchtenden Augen den Kopf hob, weil ihm der nächste Zug eingefallen war und wenn er mich angrinste, als wollte er sagen: "Siehst du, Kim, ich werde besser. Heute gewinne ich".

Meistens hat er dann doch verloren. Mehr als zwei Züge plant er nicht voraus, er ist eher der spontane Typ. Bis heute habe ich nicht verstanden, warum er Interesse an diesem verstaubten, alten Spuel hat. Bei mir ist das kein Wunder, ich spiele Schach, seit ich bis drei zählen kann und bin auch recht gut darin. Im Verein stehe ich im Ranking an zweiter Stelle. Das ist nicht übel bei mehr als 30 Mitgliedern. Jungkook ist über den drittletzten Platz nicht hinausgekommen, aber es hat ihn nie sonderlich gestört.

Diese ganzen Monate stand ich unter Strom, hatte Schwierigkeiten, nach einem Spiel so unauffällig aufzustehen, dass niemand die Beule in meiner Jeans sieht. Über die Nächte will ich garnicht nachdenken. Tagsüber habe ich die Stunden bis zum nächsten Treffen gezählt, mich auf sein Lächeln gefreut, seine brummige, gutmütige Art. Er hat etwas von einem zu groß geratenen Teddybär, kuschelig und vertrauenswürdig. Wenn ich die vielen Muskeln betrachte, die sich durch sein Shirt abzeichnen und das schöne Gesicht, dann fallen mir allerdings noch ganz andere Sachen ein. Er ist das Gegenteil von mir. Ich bin kleiner als er, schmaler, mit blonden Haaren und braunen Augen und wenn mir einer blöd kommt, kann ich ziemlich eklig werden.

Jetzt stehe ich hier, weil Jungkook mich überraschend gebeten hat, ihn abzuholen. Seine Eltern sind verreist und mir ist schleierhaft, warum er ausgerechnet mich anruft. Hat er sonst keine Freunde? Viel weiß ich leider nicht von ihm. Wir haben uns nur im Club getroffen und während eines Spiels spricht man eher wenig bis garnicht. Ich weiss nur, dass er vor einem Jahr verkündet hat, dass er verliebt sei und wegziehen würde. Drei Wochen später war er weg und ich am Boden zerstört. Ich habe Tage gebraucht, um zu begreifen, warum das so war. Seitdem bekomme ich nichts mehr hin. Jeden Mann vergleiche ich mit Jungkook und jeder verliert.

Sicher, ich hatte mir keine Hoffnungen gemacht, aber dass ich ihn nicht mal mehr sehen würde, hat weh getan. Ich frage mich, ob Jungkook seine Freundin mitbringt. Gesagt hat er nichts, das Gespräch war ziemlich kurz. Meine durchgefrorenen Hände sind tief in in den Taschen vergraben und ballen sich zu Fäusten. Wie oft habe ich mir in den vergangenen Monaten gewünscht, dass diese Frau sich in Luft auflöst und Jungkook zuruckkommt? Sicher hunderte Male.

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