Freundschaft

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Am nächsten Tag ging Niklas wie gewöhnlich zur Schule. Er dachte nach wie vor an die gruslige Begegnung am Waldrand. Irgendwie beunruhigte ihn das schon den ganzen Tag. Aber er hatte niemanden mit dem er darüber reden könnte. 

Im Geografieunterricht war er wieder einmal komplett in seiner Welt verloren und dachte über Pauls verschwinden nach. Auf einmal schob ihm sein Banknachbar Jonas einen Zettel rüber. 

Können wir beide nach der Schule kurz reden?

Niklas seufzte. Er musste weiter suchen. Vielleicht hat der Typ von gestern etwas mit Paul seinem verschwinden zu tun. Anderseits konnte er seinen besten Freund jetzt nicht hängen lassen. Auch wenn er nicht mehr wütend auf ihn ist schaute er zu ihm rüber. Als dieser den Blick erwiderte nickte Niklas zustimmend. 

Jonas grinste kurz bevor er sich wieder auf die Arbeit konzentrierte. Niklas hingegen schaute wieder aus dem Fenster nach draußen. Sein Blick ging durch den Zaun der Schule hindurch in den Wald hinein. 

Der Wind ging durch die Laub- und Nadelbäume. Je tiefer er hineinschaute desto unklarer dunkler wurde es. Der graue Himmel passte noch zu diesem Mysteriösen Anschein. 

"Bevor ich euch in den Feierabend schicke möchte ich noch etwas ansprechen" sagte Herr Eberwald und räusperte sich bevor er sich an seinen Schreibtisch lehnte. 
"Euch ist das verschwinden eures Mitschülers sicherlich schon aufgefallen" fuhr er fort. 
Die Blicke der Mitschüler gingen zu Pauls Platz, welcher als einziges leer war. Mittlerweile war es kein Geheimnis mehr. Paul war verschwunden und niemand wusste auch nur im Ansatz wo. 

"Ich dachte ich spreche mit euch kurz darüber... Er ist nun schon eine Weile verschwunden und die Polizei sucht nach wie vor mit aller Gewalt aber... Bis jetzt konnte man ihn noch nirgendwo finden. Wenn jemand von euch noch irgendwelche Ideen hat was mit ihm passiert sein könnte oder irgendetwas gehört hat von ihm soll er sich bitte sofort an die Polizei wenden" sprach er während sein Blick durch die Klasse ging. 

Auf einmal hob eine Mitschülerin die Hand. 
"Glauben sie das er wieder kommen wird?" fragte sie unsicher. 
"Ach, der wird schon wieder auftauchen. Der war doch schon immer so eine Mimose. Bestimmt hatte er einfach nur Stress bei sich zuhause und heult sich irgendwo die Augen aus" sagte ein anderer. 

"Ruhe!" sagte Herr Eberwald laut. 
"Ich glaube die Polizei wird etwas finden. Auch wenn die Chance von Tag zu Tag schlechter wird" sagte er und seufzte. 
"Ja wahrscheinlich eh nur seine Leiche in irgendeinem Sack im Wald verschachert" sprach eine Stimme von hinten. 

"Fick dich!" sagte Niklas laut. 
"Wieso? Mein Gott der ist seit Wochen verschwunden. Da gibt es nichts mehr zu suchen ich kann es nicht mehr hören" stöhnte der andere genervt. 
"Wieso redest du so über ihn? Das war einer unserer Mitschüler den wahrscheinlich irgendein Kranker Typ entführt hat!" sagte das Mädchen von vorhin. 
"Man wir kannten Paul alle nicht wirklich. Die meiste Zeit hat er hinten still gesessen und gezeichnet oder solchen Mist" erwiderte der Junge und rollte die Augen. 
"Er war ein Freund von mir! Also pass auf wie du über ihn redest!" sagte Niklas bedrohlich. 
"Ja, er WAR ein Freund von dir Niklas. Und jetzt finde dich damit ab!" entgegnete der andere. 

Niklas stand auf "Ich mach dich kalt!" rief er. Doch das Mädchen stellte sich vor ihn. 
"Niki nein!" sagte sie. 

"Schluss!" rief Herr Eberwald. 
"Niklas, hinsetzen! Michael, du solltest vielleicht einmal deine Einstellung überdenken. Ansonsten befindest du dich vielleicht auch mal in so einer Lage" sagte er ernst. 
"Ja, immer noch besser als mir diese Moralpredigt hier anzuhören die mich sowieso nicht juckt" erwiderte Michael. 
"Dann kannst du dir die Moralpredigt nach der Schule noch einmal von unserer Direktorin anhören. Denn du kannst gleich abtreten in ihr Büro" entgegnete der Lehrer nur und schaute zur Tür. 

Genervt verließ Michael den Raum und warf die Tür hinter sich zu. Der Lehrer rollte die Augen. 
"Ich wünsche euch allen ein schönes und entspanntes Wochenende. Denkt daran, sollte euch etwas einfallen meldetet es und passt auf euch auf wenn ihr abends unterwegs seid" 

Die Schüler standen eilig auf und verließen stumm den Raum. Erst auf dem Flur fingen sie wie gewohnt an miteinander zu sprechen. 

Das Mädchen trat an Niklas und Jonas heran. 
"Der Typ ist ein Penner" sagte sie ernst. 
"Danke Anne" antworte Niklas leise. 
"Hey, bin nicht um sonst Klassenmama. Aber das mit Paul scheint dich echt mitzunehmen. Du kannst mit mir und Jonas drüber reden wenn du willst" sagte sie und lächelte. 
Ihre blauen Augen strahlten eine gewisse wärme und Hilfsbereitschaft aus. 
"Ich komme schon klar" sagte Niklas abweisend. 
"Er hat dir viel bedeutet oder? Aber ich hab euch beide nie etwas miteinander machen sehen" stellte sie fest. 

"Das ist nicht wichtig Anne. Ich möchte einfach nur nach Hause" sagte Niklas und drängelte sich am blonden Mädchen vorbei. Dieses schaute verwundert zu Jonas. Dieser zuckte nur mit den Schultern und ging seinem besten Freund hinterher. 

An der Schultür hatte er Niklas dann eingeholt. 
"Niki warte!" sagte er und hielt ihn am Arm fest. 
"Ja?" antworte dieser und schaute zu seinem besten Freund. 
"Ich möchte mich entschuldigen. Ich will dir helfen okay?" sagte Jonas und lächelte freundlich. 
"Jetzt wo ich merke wie wichtig das alles ist kann ich dich nicht einfach alleine stehen lassen" fügte er hinzu. 

Niklas erwiderte das lächeln stumm. 
"Freunde?" fragte Jonas leise. 
"Beste Freunde" antwortete Niklas und umarmte ihn. 

"Lass abhauen. Ich hab ne Idee" sagte Jonas und ging voraus. 
"Was hast du vor?" fragte Niklas verwundert. 
"Ich will dir helfen. Und ich hab mir schon was überlegt. Jetzt höre auf zu fragen. Wir haben nicht viel Zeit" 

Niklas ging seinem Freund hinterher, dieser lief geradewegs über die Straße und wirkte sehr zielgerichtet. Was beide jedoch nicht wussten ist das sie beobachtet wurden. Denn auf dem Parkplatz der Schule stand ein altes abgenutztes Fahrzeug. In ihm saß ein Mann welcher die Jungen durch seine runde Brille beobachtete. 

Der HinterbliebeneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt