Paul

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Sowohl Miller als auch Niklas teilten das selbe Schicksal für die kommenden Tage. In grauenhafter Ungewissheit saßen sie in ihren Räumen und warteten das etwas passiert, geplagt von der Sorge das es vielleicht schon längst zu spät sein könnte. 

Niklas hatte sein Handy mittlerweile wieder zurück. Die Nachricht wurde wohl von der Polizei zur Kenntnis genommen. Trotzdem durfte er sein Zimmer nicht verlassen. Die Schule hatte ihn für eine Woche suspendiert. Niklas war enttäuscht über das mangelnde Verständnis der Lehrer für seine Lage, irgendwie überraschte es ihn aber auch nicht. Es schien wie als wären alle gegen ihn. Als wäre die ganze Welt gegen ihn. Doch sein Wille war ungebrochen. 

Auf einmal klingelte sein Telefon. 
"Niklas?" fragte die Stimme an der anderen Leitung. 
"Ja?" fragte der Junge verunsichert. 
"Pass auf, ich bin einer von Kommissar Millers Kollegen. Wir haben eine Spur und Miller wird gleich raus gelassen. Du willst sicherlich dabei sein, also komm zum Revier. Was ich hier mache wird mich in Teufels Küche bringen, aber ich habe einen Eid geschworen... Komm schnell" sagte der Polizist an der anderen Leitung, bevor er auflegte. 

Niklas sah das als seine Chance. Und keine paar Minuten später kletterte er aus seinem Fenster in den Garten. Seine Zimmertür schloss er vorher ab. Auch der Zaun war kein Problem für ihn...


Miller schaute zur Tür, welche sich langsam öffnete. 
"Komm!" sagte Sven. 
"Bist du verrückt!?" fragte Miller und kam zur Tür. 
"Wir haben die Hütte im Wald gefunden! Ich hab deine Ermittlungen weiter geführt und hab festgestellt, dass es sich bei dem Van um einen geklauten handelt, welcher zu letzt in der Umgebung der Autobahn gesehen wurde. Ich habe mich an die oberste Kommission gewand, der über dem Chief und der hat gestattet das wir dich rauslassen. Wir müssen zum Auto. Wenn der Chief das mitbekommt bin ich Arbeitslos" sagte Sven hastig und schloss die Tür hinter Miller. 
"Du bist ein verdammter Held!" sagte dieser nur und die beiden verließen das Revier. Vor dem Polizeirevier standen bereits mehrere Polizeiwagen, mindestens fünf zählte Miller, als er die Treppen des Reviers herunter kam. 
Niklas wartete bereits auf die beiden Polizisten. 
"Freut mich dich zu sehen" sagte Miller lächelnd. 
"Gleichfalls! Ich hoffe wir finden ihn... lebend" sagte Niklas dann aber betrübt. 

"Wir müssen los. Eine Streife in der Nähe hat einen toten in der Nähe gefunden. Offenbar wurde sein Auto gestohlen... Wir denken das das damit zusammenhängt. Vor ein paar Minuten hat einer unser Blitzer ein verdächtiges Auto fotografiert" sagte Sven überzeugt. 

"Miller!" rief der Chief, welcher wütend die Treppe runterkam. 
"Sie sind festgenommen! Was machen sie hier draußen?" fragte er wütend. 
"Ihren Job! Und jetzt gehen sie mir aus dem Weg" sagte Miller giftig. 
"Sven, dass wird Konsequenzen haben!" sagte der Chief wütend. 
"Erklären sie das ihrem Vorgesetzten" antworte dieser nur abgeneigt und stieg auf den Fahrersitz des Autos. Die drei ließen den Chief einfach am Straßenrand stehen und fuhren gemeinsam mit den anderen Polizeiwagen in Richtung Autobahn. 

Und nur wenige Minuten später erreichten sie die Autobahnzufahrt. Das Blaulicht der vielen Wagen brachte alle anderen Autos dazu platz zu lassen. 
"Das ist unglaublich!" sagte Niklas und beobachtete das ganze vom Rücksitz aus. 
"Ja... Endlich" sagte Miller und blickte nach vorne. 

"Achtung an alle Einheiten, wir haben einen Verkehrsunfall unweit ihrer Position gemeldet. Die Beschreibung passt zum gestohlenen Auto" sagte der Polizeifunk. 
"Das ist er!" sagte Sven und drückte das Gas voll durch. Die Polizeiwagen blieben in Formation. 

In der Distanz sahen sie das Auto, welches offenbar in die Leitplanke gekracht war. Der Verkehr stand bereits still. Die Polizeiwagen blieben stehen. 
"Teilt euch auf und sperrt die Gegenspur!" sagte Miller in den Polizeifunk. Drei der fünf Wagen sperrten die Spur ab, während Miller, Sven und Niklas sich auf das Wrack zubewegten. 

Niklas konnte seinen Augen nicht trauen, als er sah, wie jemand aus dem Autowrack kroch... 

"Paul..." hauchte er leise, als sein ganzer Körper zu zittern anfing. Der leicht bekleidete Junge schaute direkt zu ihm herüber. Niklas drängelte sich an den Polizisten vorbei und rannte auf den Jungen zu. Sven und Miller schauten ihm nur nach...

Er umarmte den geschockt wirkenden Jungen ganz fest. 
"Paul... Oh Paul..." sagte er nur und drückte ihn... 
Doch die Umarmung wurde nicht erwidert...
Er blickte in das leere Gesicht des Jungen...
"Paul... Ich bin es... Niklas" sagte er dann.
"Niklas..." sagte Paul leise. 
"Ja... Ich habe überall nach dir Gesucht. Ich habe alles für dich gemacht und ich habe... Ich..." stotterte er, doch im Gesicht seines Gegenübers verzog sich keine Minne. 

"Ich... Ich liebe dich Paul... So unfassbar doll... so sehr wie ich noch nie irgendwas in meinem Leben geliebt habe... Und... Ich dachte du bist weg... Es tut mir so leid... Das ich nicht da war um dich zu beschützen..." sagte Niklas, während er vor Freude anfing zu weinen. 


Auf einmal lockerte sich der leere Gesichtsausdruck im Gesicht des Jungen... 

"Ich liebe dich auch" antworte Paul mit dem gleichen unschuldigen Lächeln, in welches Niklas sich damals verliebt hatte...


Miller beobachte das Ganze aus der Distanz. 
"Wie fühlt es sich an?" fragte Sven dann. 
"Was meinst du?" antworte Miller ohne seinen Blick von den beiden abzuwenden. 
"Ein Held zu sein. James, du hast verdammt nochmal allem getrotzt nur für diesen Moment..." sagte Sven. 
"Wir hätten mehr tun können" sagte er, als sein Blick auf den toten Fahrer des Wagens fiel. 

"Miller sie sind in Gewahrsam!" sagte der Chief, welcher jetzt auch den Tatort erreichte. 
"Ich nehme sie fest wegen unerlaubtem verlassen der Untersuchungshaft!" schimpfte der Chef, neben ihm stand ein Mann im Anzug. 
"Herr Polizeipräsident..." sagte Sven und schaute zu ihm "...es tut mir leid..." 

"Nein, ihr habt das richtige getan. Miller, was sie geleistet haben war unglaublich. Sie haben den Jungen gerettet obwohl niemand es mehr für möglich gehalten hat. Und sie Chief Williams, sie sind hiermit mit sofortiger Wirkung vom Dienst entlassen" sagte der Polizeipräsident ernst. 
"Das können sie nicht ernst meinen!" antwortete der Chief wütend. 
"Und wie ich das ernst meine. Ihre Ermittlungen waren Mangelhaft und Katastophal. Sehen sie diesen Toten dahinten! Sie hätten es verhindern können! Sie hätten damals all das verhindern können!" sagte sein gegenüber wütend.
"Wir sprechen im Revier über genaueres" sagte er nach einer kurzen Pause. 
"Lasst uns für diesen Moment einfach den Fakt genießen, dass der Junge in Sicherheit ist...

Niklas nahm die Hände von Paul. 
"Ich bin immer für dich da" sagte Niklas sanft und schaute Paul in die Augen. 

Und so küssten die beiden sich vorsichtig... 

Für Niklas war es genau der Moment, auf welchen er seit Tag eins gewartet hat. Paul lebt und war hier. Trotz aller Hindernisse haben sie es geschafft...

Ihm war Bewusst das nichts jemals wieder so sein wird wie zuvor, doch all das war im Moment nicht von Bedeutung. Gestern und Morgen haben in diesem Augenblick komplett die Bedeutung verloren. Alles was zählte war dieser Moment. 

Denn in diesem kurzen Augenblick war alles so, als wären die letzten sechs Monate nie passiert. 

Es war ein kleiner Stern am endlosen Dunklen Horizont. 

Es war die Gewissheit, dass sie es geschafft haben. Das sie den Traum leben können, welcher anderen verwährt wurde.


                                                                                 Ende!

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