• Two •

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Gestern war es das erste Mal in sieben Jahren, dass Teo am Abend nicht auftauchte. Erst dachte ich, er wäre vielleicht krank. Aber dann dachte ich an die Abende, die wir dick in einer Decke eingepackt mit Mamás hausgemachter Hühnersuppe auf dem Dach verbracht hatten.

Teo war nicht krank. Und der Gedanke, dass er mich mit Absicht hängen gelassen hat, hinterlässt ein komisches Gefühl in meinem Bauch. Als ob mich einer meiner Brüder geschlagen hat.

Aber was viel schlimmer war, war dass ich das erste Mal ohne Teo von einer Schlafattacke gepackt einschlafen und aufwachen musste. Es war das erste Mal seitdem ich diese Schlafattacken hatte, und dass Teo nicht dagewesen war, verletzte mich mehr, als ich ihm je sagen würde.

Ich habe keine Ahnung, warum Teo nicht gekommen war. Liegt es daran, dass wir älter geworden sind und er keine Lust mehr hat, sich mit mir abzugeben? Hat mein bester Freund - der Junge, den ich schon mein Leben lang kenne - das Interesse an mir verloren? Habe ich irgendwas falsch gemacht? Ich habe plötzlich fast schon panische Angst, dass er unser Versprechen brechen wird. Etwas hat sich zwischen uns verändert, das weiß ich. Ich wünsche nur, ich wüsste was.

Als ich ihn am nächsten Morgen anrufe, nimmt keiner ab. In mir wächst die Sorge, dass vielleicht etwas passiert ist. Aber Mamá weiß von nichts, und sie weiß sonst immer alles.

Erst als es um Punkt halb acht an unserer Haustür klingelt, kann ich wieder aufatmen. Ich öffne die Tür und bin überrascht, nicht die Freude zu spüren, die sonst in mir wuchs, sobald ich Teo sah. Das einzige Gefühl, das in mir wuchs war Zorn.

Ich murmel eine schnelle Begrüßung, die Teo nur halbherzig erwidert. Er meidet den ganzen Weg zur Schule meinem Blick und ich stelle mir schon vor, wie ich meine Hände um seinen Hals lege und ihn würge.

Erst taucht er abends nicht auf und dann hat er nicht einmal die Güte mir zu erklären, was los war?

Ich bin so enttäuscht, dass ich ihn auf dem Weg zu meinem Spind einfach stehen lasse.

"Milo!", höre ich ihn hinter mir rufen und war fast schon erleichtert, die Verzweiflung in seiner Stimme zu hören. "Milo, warte."

Ich öffne meinen Spind und krame meine Bücher heraus, während Teo Mühe hat, sich seinen Weg zu mir durchzubahnen.

"Milo, es tut mir leid, okay?"

"Ahora?"

"Schon die ganze Zeit! Ich wusste nur nicht, wie ich dir das sagen sollte."

Ich ignoriere seine Aussage und knalle den Spind zu. "Warum?"
Ich drehe mich zu ihm um und schaue Teo das erste Mal an diesem Morgen richtig an. Er hat Augenringe und sieht müde aus, als hätte er die ganze Nacht kein Auge zugemacht.
Innerlich hoffe ich, dass es so war.

"Ich bin eingeschlafen. Ich bin einfach eingeschlafen, okay?", sagt Teo und ich weiß sofort, dass er lügt. Teo schläft nicht einfach ein. Vor allem nicht, wenn wir diese Tradition schon seit sieben Jahren aufrechterhalten, da kann er nicht einfach eingeschlafen sein.

Ich spüre mit einem Mal, wie mir sämtliche Kraft entschwindet. Meine Muskeln werden schlaff, meine Augenlider flattern zu. Ich hätte noch die Zeit gehabt, das Codewort zu sagen. Aber aus irgendeinem Grund sage ich es diesmal nicht und gebe mich einfach meiner Müdigkeit hin.

***

Als ich wieder aufwache, spüre ich etwas Nasses auf meinem Gesicht. Ich schaue auf, und sehe Teo weinen. Teo weint schnell, aber nie nach einer meiner Schlafattacken. Vielleicht währenddessen, das weiß ich nicht.

"Du hast es nicht gesagt", wispert er und kämmt mir mit seinen Fingern durch die dichten Haare. "Du hast es nicht gesagt."
Für Teo war das Codewort schon immer ein ziemlich großes Ding gewesen. Mit dem Codewort weiß er, was gerade in mir vorgeht. Mit dem Codewort ist er vorbereitet. Teo hasst es, nicht vorbereitet zu sein.

Ich hebe die Hand und wische mit meinem Daumen eine Träne von seiner Wange. Ich mag es nicht, wenn Teo weint. Bis jetzt war ich immer der Grund dafür.

"Du bist nicht gekommen", flüstere ich.

Teo bleibt still, doch die Tränen fließen weiter.

Wir sind alleine im Flur, der Unterricht hat schon längst angefangen. Ich befreie mich aus Teos Griff und stehe langsam auf. Teo bleibt sitzen und starrt auf seine Hände, als wären sie ihm selbst fremd.

"War es sehr schlimm ohne mich?", fragt Teo so leise, dass ich ihn fast nicht verstehe.

"Es war niemand da, als ich aufgewacht bin", antworte ich.

Teo schüttelt den Köpf und wischte sich über die Augen. "Es tut mir Leid, Milo. Ich hätte da sein sollen."

"Sí", sage ich leise. "Pero no estabas allí."

Aber du warst nicht da.

Ich weiß nicht, ob ich das jemals wieder vergessen kann.

One Night Is All He Wantedحيث تعيش القصص. اكتشف الآن