• Twenty Four •

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Óscar war wieder nicht in der Schule. Jetzt schon vier Tage nacheinander. Teo sagt, ich soll mir darüber keine Gedanken machen, er schwänzt einfach nur. Aber ich weiß, dass das nicht stimmt. Vielleicht hat Óscar Angst zur Schule zu kommen, weil er denkt, ich würde sein Geheimnis weitererzählen. Das würde ich nie tun, aber das kann Óscar ja nicht wissen. Ich muss unbedingt mit ihm reden.
Nur werde ich Teo nicht los.
„Glaubst du, es gibt heute wieder Chili con Carne? Das hatten wir gestern schon, aber ich glaube da ist noch was übrig geblieben. Ich will das nicht nochmal essen", beschwert sich Teo auf dem Nachhauseweg. Es ist wieder so warm wie die letzten Tage. So warm, dass man sich einfach nur in den Garten legen und den ganzen Tag nichts tun will.
„Ich mag das."
Ich bekomme einen komischen Seitenblick von Teo. Ich widerspreche ihm sonst nie. Eigentlich denken wir immer das Gleiche.
Jetzt gerade würde mich das aber wundern, denn alles woran ich denke, ist Óscar und wie ich ihm sage, dass ich ihn verstanden habe und dass er sich keine Sorgen machen muss. Das kann Teo nicht verstehen.
Natürlich kann er das nicht. Ich glaube, er weiß nicht einmal, dass es so etwas wie gleichgeschlechtliche Liebe gibt.
„Machst du dir wirklich so viele Gedanken um Óscar?", fragt Teo plötzlich aus dem Nichts. Da ist etwas in seinem Ton, das ich nicht mag. Wann bin ich so beschützerisch Óscar gegenüber geworden?
„Ich denke nicht an Óscar", antworte ich.
„Ich kann das sehen."
„Woran kannst du das sehen?"
Teo bleibt eine Zeit lang still. Dann, „In deinem Gesicht ist dann irgendwas anders. Deine Augen."
„Meine Augen?", frage ich verwundert. Was ist mit meinen Augen? Ich würde jetzt gerne in einen Spiegel gucken.
„Die sind dann so distanziert. Als wärst du zwar körperlich hier, bei mir, aber in Gedanken bist du ganz weit weg. An irgendeinen Ort, an dem ich dir nicht folgen kann. Ich mag das nicht", fügt er hinzu. Teo schaut mich nicht an.
Vielleicht merkt er deswegen nicht, wie ich plötzlich stolpere, weil meine Muskeln versagen. Ich merke nur noch, wie ich ins weiche Gras falle, und dann ist alles aus.

Ich werde langsam wieder wach, aber ich öffne meine Augen noch nicht. Die Hand in meinen Haaren fühlt sich so vertraut an, die Berührung so beruhigend, dass ich ewig hier liegen bleiben könnte. Ich höre Teo leise ein Lied summen. Ich erkenne es. Es läuft in letzter Zeit oft im Radio. Words von F.R. David. Meine Mamá liebt das Lied, sie tanzt dazu immer in der Küche, wenn sie denkt, dass keiner hinguckt. María und ich ärgern sie oft deswegen.
Ich greife in meine Haare und nehme Teos Hand. Sie ist warm. Ich öffne meine Augen und lächle zu ihm auf, sein rechter Mundwinkel bewegt sich nach oben, als er meine Hand drückt.
„El bello durmiente", sagt er leise.
Das hat er schon lange nicht mehr gesagt.
Ich stehe auf, als wäre nichts passiert und wir laufen weiter. Teos Hand lasse ich irgendwann los.
Zuhause gibt es wirklich nochmal Chili con Carne. Komischerweise beschwert sich Teo aber nicht mehr. Er sieht glücklich aus. María guckt ihn beim Essen die ganze Zeit an und wird rot, wenn Teo ihren Blick erwidert. Ich tue so, als würde ich das nicht bemerken. Wenn ich darüber nachdenke, werd ich nur wieder wütend.
Ich schlafe beim Essen kurz ein und als ich wieder aufwache, lehne ich mit meinem Kopf an Teos Schulter. Bilde ich mir das ein, oder ist sie härter geworden? Hat Teo trainiert? Oder ist er gewachsen?
Als wir später draußen im Garten sitzen, nehme ich ihn genauer unter die Lupe. Er sieht nicht, dass ich ihn anschaue. Seine Augen sind geschlossen, während er entspannt im Gras liegt, ein Grasstängel liegt locker zwischen seinen Lippen.
Er ist wirklich ein bisschen kräftiger geworden. Ich frage mich, woran das liegt. Bin ich auch kräftiger geworden? Ich prüfe meinen Oberarm. Fühlt sich genauso an wie immer. Merkwürdig.
Während ich ihn so beim Schlafen beobachte, wird mir bewusst, dass ich jetzt auch schnell zu Óscar rübergehen kann. Teo hat einen tiefen Schlaf, das fällt bestimmt nicht auf. Wenn er wieder aufwacht, bin ich wieder da. Hoffe ich. Ich will nicht, dass er sich Sorgen macht. Aber macht er sich Sorgen? Vor einiger Zeit hätte ich das mit Sicherheit sagen können. Aber jetzt?
Ich weiß es nicht.
Aber dann ist es sicher auch nicht so schlimm, wenn ich kurz verschwinde.

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