Kapitel 2

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Langsam drehte sie den Kopf herum, in den Raum waren zwei Männer getreten, die sie beide mit einem belächelnden Blick ansahen. Candra musterte die beiden, der größere von ihnen trug seine Haare fast schulterlang, sie hatten die gleiche Farbe wie ihre eigenen. Er trug ein rot-graues Karohemd mit den verschiedensten Abstufungen dieser Töne, dazu eine einfache Jeans. Der Mann neben ihm hatte kurze, etwas hellere Haare und war ein gutes Stück kleiner als sein Freund neben ihm, er trug ebenfalls eine Jeans, hatte jedoch ein einfaches schwarzes Hemd unter seiner braunen, deutlich oft getragenen Lederjacke. Das mussten die beiden Männer sein die sich als ihre Brüder ausgegeben hatten, um den Krankenhausaufenthalt zu vereinfachen. „Livgren? Ernsthaft? Wie der Gitarrist von Kansas?" fragte Candra als erstes und sah die beiden Männer belustigt an, auf die Frage der Beiden brauchte sie nun wirklich nicht antworten. Der kleinere von ihnen grinste kurz, während er von dem anderen Mann nur einen genervten Blick erntete. „Vielleicht sollten wir uns alle erst ein Mal vorstellen." sagte er dann und strich sich eine dunkelbraune Strähne aus dem Gesicht. „Ich bin Sam Winchester und das ist mein Bruder Dean. Wir sind auch Jäger, also musst du dich nicht erklären. Du hast gute Arbeit geleistet." sagte er und sah sie erwartungsvoll an. „Candra." sagte sie nur knapp und seufzte, bevor sie endlich gänzlich zu ihnen umdrehte und einen Schritt vom Fenster wegging. „Candra, ein schöner Name für ein schönes Mädchen. Und weiter?" fragte Dean. „Was geht euch das an?" bekam er nur zurück. Sam seufzte nun ein wenig lauter als nötig. „Wir haben dir den Arsch gerettet, Kleine." kam es von seinem Bruder. „Wenn man Werwölfe erledigen will sind silberne Kugeln dein bester Freund." fügte er noch hinzu. Das war also der Schuss gewesen, den sie gehört hatte. Langsam dämmerte ihr was passiert war. Ihr Blick wanderte von einem zum anderen, dann nickte sie. „Danke euch." sagte sie dann leise, doch die beiden Brüder hatten es gehört und auf ihrem Gesicht erschien ein Lächeln. „Geht doch." sagte Dean dann triumphierend. „Dann fahren wir dich mal lieber nach Hause, der Arzt meinte du sollst dich schonen bis zu deinem nächsten Termin." sagte Sam und wollte sich schon umdrehen, doch Candra fiel ihm ins Wort. „Ich komme nicht von hier, oder erledigt ihr nur Fälle in eurer Heimatstadt?" fragte sie fast schon etwas schnippisch nach. „Heimatstadt..." Dean lachte leise über dieses Wort, während Sam ihr nun wieder den Kopf zugewandt hatte. „Dann halt ins Hotel." antwortete er nur, als wäre es ihm gleich. Candra seufzte und strich sich durch ihr Haar. Es war leicht gewellt und ziemlich verwuschelt, ihre leichten Kamm-Bewegungen nützten da leider gar nichts. „Ich..." sie stockte. „Ich habe kein Hotel gefunden, es ist eine Ausstellung für Gartentechnik oder so etwas in der Stadt und es ist alles ausgebucht." berichtete sie den beiden von ihrer Lage. „Aber es ist nicht besonders schlimm, ich kann in meinem Auto schlafen." redete Candra sich heraus. Während Sam schon wieder gehen wollte und den Vorschlag akzeptierte, blieb Dean weiterhin im Zimmer stehen. „Meinst du die Schrottlaube die am Waldeingang geparkt war?" fragte er nach. Candra nickte nur, ihr war bewusst wie andere ihren Wagen wahrnahmen. Doch ihr altes Auto war ihr ganzer Stolz, sie hatte ihn sich von ihrem ersten selbstverdienten Geld gekauft. „Wir sind daran vorbei gefahren..." murmelte jetzt auch Sam. Candra sah ihn fragend an. „Ich würde es nicht mehr als Auto bezeichnen." sagte Dean dann leise und versuchte es möglichst gut zu formulieren. Candra lies sich aufs Bett sinken, ihr Auto war alles was sie hatte. Mit dem wenigen Inhalt reiste sie durchs Land, trotzdem hatte sie genau dieses Leben gewählt. „Wir werden sehen was davon übrig ist." schlug Sam nun vor und Candra nickte. Ihr Kopf pochte noch, die Wunde auf der Brust machte sich ebenfalls bemerkbar und nun schien es als habe sie gar keine Bleibe mehr. Etwas in Gedanken versunken folgte sie den beiden Brüdern.

Der Impala hielt am Waldrand. Candra war begeistert von diesem Wagen, auch wenn sie sich nicht besonders gut im Autos auskannte, musste man doch die geräumige Innenausstattung und den übertrieben geputzten schwarzen Lack bewundern. Ihr eigenes Auto war ein wirklich alter Jeep Grand Wagoneer, der bestimmt schon mehr Besitzer gehabt hatte als sie zählen konnte. Es war eine kurze Fahrt gewesen, denn Riverton war keine besonders große Stadt. Doch als sie hielten, sah Candra schon, was Dean gemeint hatte. Der Sturm vor einigen Tagen hatte sein bestes gegeben die Teile des Autos zu verteilen. Zwei Türen lagen verbogen im Gestrüpp, die anderen beiden Türen waren ebenfalls ausgerissen worden, jedoch nicht zu sehen. Ein großer Ast, der beinahe schon ein ganzer Baum sein konnte, ragte aus der zersplitterten Heckscheibe heraus, die Frontscheibe zeigte einige große Kratzer und kleinere Löcher, an den Stellen, an denen sie von herum wirbelnden Gegenständen getroffen worden war. Candra sah sich den Wagen genauer an, er war nicht mehr zu retten. Ihr dürftig gefüllter Geldbeutel war zum Glück unter die Rückbank gerutscht und auch ihr Laptop war dort zu finden. Der Kofferraum war leider auch aufgesprungen, doch ihre Waffen, auch wenn es wenige waren, lagen noch fein säuberlich darin. Drei einfache, nicht silberne Wurfmesser und eine große Machete lies sich finden. Candras Blick wanderte zu Sam und Dean, die sich beide an den Impala gelehnt hatten. Sie schienen zu diskutieren, es war kein Streit, aber im Gespräch schien es unterschiedliche Meinungen zu geben. Eine Weile sah Candra ihnen zu, sie wollte sie schließlich nicht unterbrechen, doch die Diskussion schien nicht zu enden. Langsam ging sie zu ihnen hinüber. „Es ist so gut wie alles weg und das Auto ist wohl auch nicht mehr zu gebrauchen. Ich werde mir wohl außerhalb von Riverton ein Hotel suchen müssen, auch wenn in den Nachbarstädten auch schon alles belegt war." sagte Candra, als sie zu den Brüdern hinüber ging. Sofort unterbrachen sie ihr Gespräch und das Mädchen hatte das ungute Gefühl, dass es um sie gegangen war. „Wir haben ein Art Wohnung in Lebanon, wir bringen dich erst ein Mal dort hin, schließlich musst du dich ausruhen." sagte Dean und öffnete die Fahrertür um einzusteigen. Diese Handlung war ein Beschluss, weder Sam noch Candra selbst sagten etwas dagegen. „Ich möchte euch keine Umstände bereiten." begann Candra dann, als sie erneut in den Impala eingestiegen war. „Das tust du doch nicht." erwiderte Sam. „In Ordnung, aber nach dem Termin im Krankenhaus suche ich mir dann ein Hotelzimmer." Candra hasste es, sich von anderen Leuten helfen zu lassen. Sie hatte sich immer schon alleine durchgeschlagen und war der festen Überzeugung, dass sie dies auch weiterhin schaffen würde. Es kam keine Antwort mehr, Dean drehte nur das Radio des alten Wagens auf. Ein klassischer Rocksong schallte durch das Auto und Candra lehnte sich zum ersten Mal an diesem Tag entspannt zurück und atmete tief durch. Einen guten Musikgeschmack hatte er ja, dieser Dean, das konnte sie nicht leugnen.
„Es ist der sicherste Ort der Erde, sogar Engel und Dämonen können ihn nicht finden, wenn man es denn nicht will." erzählte Sam stolz, als sie den Bunker betraten. Dämonen und Engel kannte sie selbst nur aus Erzählungen anderer Jäger, wenn sie diesen in gewissen schäbigen Bars an kaum befahrenen Landstraßen begegnete. Aber der Bunker war offenbar nicht nur sicher, sondern auch sehr gut eingerichtet. Es roch nach Büchern, wie in einer Bibliothek und nach alten Holzmöbeln. Dean lies sich in einen der Stühle am großen Tisch in der Mitte des Raumes fallen, während Sam direkt zum Kühlschrank ging und drei Bier heraus holte, dann gesellte er sich zu seinem Bruder. „Seit wann jagst du denn?" fragte er, als er dem braunhaarigen Mädchen eins reichte. „Noch nicht all zu lange, wie man vielleicht gemerkt hat." erwiderte Candra, als sie das Bier entgegen nahm und sich gegenüber der beiden Männer an den Tisch setzte. „Meine Mutter und mein Bruder wurden von Ghulen getötet, als ich ein Auslandssemester in Europa gemacht habe. Seitdem ich herausgefunden habe wie sie gestorben sind, nehme ich hin und wieder ein paar Fälle an." Candra nippte an ihrem Bier. „Es ist kein sehr gutes Leben, was du dir da ausgesucht hast." sagte Sam, fast schon als wolle er ihr es ausreden. „Wir haben doch alle unsere erdachten Verpflichtungen." sagte Dean nur und trank ebenfalls einen Schluck von seinem Bier. „Wie seid ihr denn zum Jagen gekommen?" fragte sie dann und sah die beiden Männer vor sich an. Sie glichen sich kaum, einzig und allein das Jagen schien sie zu verbinden. Deans Augen funkelten spielerisch in einem hellen grün, während Sams braune Augen eine gewisse Ruhe ausstrahlten. Auch ihre Gesichtsformen oder der Körperbau glichen sich nicht wirklich, dennoch war es irgendetwas, das sie verband. „Eine lange Geschichte, unser Vater war Jäger und wir sind quasi damit aufgewachsen." beantwortete Dean die Frage. „Es ist wirklich eine endlos lange Geschichte." sagte Sam dann und blickte kurz auf die Tischplatte vor ihm. „Ich habe Zeit, bis zu meinem Termin im Krankenhaus ist es noch eine ganze Woche!" antwortete Candra lächelnd. Geschichten hatte sie schon immer gemocht und das war auch ein großer Teil, den sie an ihrem jetzigen Leben so liebte, so hart es auch war. Man traf die unterschiedlichsten Menschen, die alle ihre eigenen Geschichten erzählen konnten. Ein Abend in einer dieser alten, schlecht besuchten Kneipen, in denen sich fast nur Jäger finden ließen, glich dem Besuch einer Bibliothek. Nur das die Lautstärke um einiges höher war, sowie der Alkoholkonsum und die Chance einer Schlägerei. Dean seufzte. „Die meisten Frauen denen ich begegne interessieren sich für andere Dinge als meine Lebensgeschichte." sagte Dean belustigt und warf ihr einen Blick zu, den sie von ihren männlichen Mitmenschen nur zu gut kannte. Sam räusperte sich, ihm schien das Verhalten seines Bruders ein wenig peinlich zu sein. Tatsächlich holte Dean noch weitere drei Bier und stellte sie auf den Tisch, denn sein eigenes hatte er schon ausgetrunken, als Sam zu erzählen begann. Natürlich war es eine verkürzte Zusammenfassung und einige Aspekte lies er bewusst aus, zum Beispiel Details aus seinem und dem Liebesleben seines Bruders, ebenso einige familiäre Verstrickungen. Sie kannten Candra kaum, da war Vorsicht besser als Nachsicht. Doch alle spannenden Erlebnisse und großen Ereignisse konnten sie dem Mädchen mitteilen, welche gebannt an ihren Lippen hing. Sam hatte einen guten Erzählstil, es war fast so, als hörte man einer Geschichte am Lagerfeuer zu, während Dean immer mal wieder einen Kommentar einwarf oder Sam verbesserte, wenn er der Meinung war, dieser wäre zu bescheiden. Selten hatte Candra so einen schönen Abend gehabt, ihre Barbekanntschaften waren deutlich weniger herzlich und leider auch so selten, dass sie sich an die letzte kaum noch erinnern konnte. Es war beinahe so, als wären die drei Jäger schon eine ganze Weile befreundet.

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Where stories live. Discover now