Kapitel 21

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Candra sah auf sich selbst hinunter, wie sie in Castiels Armen lag, leblos und irgendwie als wäre sie es gar nicht selbst. Sie wagte es gar nicht in Castiels Gesicht zu sehen, sie würde es nicht aushalten. Im Augenwinkel sah sie schon wie Tränen sein Gesicht herunterrannen und sie fragte sich, ob Engel überhaupt dazu fähig waren. Doch sie musste ihren Blick abwenden. Dean und Sam saßen ziemlich verzweifelt daneben, sie konnten nichts mehr tun und auch ihnen war der Schock ins Gesicht geschrieben. „Hallo, Candra." sagte in diesem Moment eine rauchige Stimme. Ein älterer Mann stand neben ihr im Raum, sein Gesicht war eingefallen und die schwarzen Haare hatte er sich zurückgekämmt. Sein schwarzer Anzug lies ihn unglaublich professionell wirken. „Wer bist du?" fragte Candra nun und musterte den Mann. „Ich bin der Tod. Bei Winchesters komme ich immer persönlich." sagte er und sah sie durch seine braunen Augen an, es war jedoch kein mitleidiger Blick, in ihm lag fast schon ein wenig Stolz. Candra seufzte leise, er lies nicht mehr viel Raum für Spekulationen über ihre Situation zu. Sie war also wirklich gerade dort auf dem Boden gestorben. Es war eine Zeit lang still. „Wieso konnte Castiel mich nicht heilen?" fragte sie dann, als sie weiter auf die drei Männer hinabsah, wie sie ihre Leiche in den Armen hielten. „Als Herzräuber ist dein Herz nun mal das empfindlichste Organ. Wenn es zu stark verletzt wird, kann es niemand mehr retten." erklärte der Tod, der immer noch seriös und aufrecht im Raum stand. Wieder herrschte kurz Stille. „Was wird jetzt aus mir?" fragte Candra und blickte den alten Mann wieder an. „Das kann ich dir nicht sagen, Candra. Aber es wäre besser, wenn du mit mir kommen würdest." antwortete er ihr. „Aber ich kann Cass doch nicht alleine lassen." überlegte sie laut. Der Tod seufzte. „Er ist ein Engel. Egal wohin du gehen wirst, er wird dich finden." Der Tod schien selbst nicht sehr erfreut darüber zu sein, dass er nun doch etwas verraten hatte, doch Candra veranlasste es dazu, tatsächlich seine ausgestreckte Hand anzunehmen. Als sie dies tat, wurde es gleißend hell um sie herum. Einen letzten Blick zurück wagte sie noch, doch dann verschwanden auch Sam, Dean und Castiel aus ihrem Sichtfeld.

Das gleißende Licht verschwand langsam und vor ihr zeigte sich ein bekanntes Bild. Es war das Haus, indem sie mit ihrem Bruder und ihrer Mutter zusammen gelebt hatte. Sie erkannte die geräumige Küche, aus der es schon köstlich nach Essen duftete. Das Haus war sonnendurchflutet, als wäre es nicht eben noch ein eiskalter Tag, irgendwo zwischen Herbst und Winter gewesen, sondern ein hübscher Morgen im Frühling. „Ist das der Himmel?" fragte sie, als sie den Tod neben sich erkannte und er ihre Hand losließ. „Jetzt darf ich es dir sagen. Ja, ist es." stellte er fest. „Cany? Bist du es?" fragte eine bekannte, hohe Stimme und aus der Küche kam eine hübsche Frau gelaufen.

Ihre blonden Haare trug sie zu ihrem typischen Zopf gebunden, ebenfalls trug sie die Jeansjacke, die Candra und sie vor vielen Jahren auf dem Flohmarkt ersteigert hatten. „Mom!" Ein erleichterndes Lächeln stieg nun in Candras Gesicht und sie konnte nicht anders als ihrer Mutter in die Arme zu laufen. Auch Adam kam nun aus der Küche und ein kurzer Schock durchfuhr Candra, doch dann sah sie in sein freundlich und behutsam wirkendes Gesicht, so, wie sie es kannte. „Es tut mir unglaublich leid." sagte er nur, sogar seine Stimme hörte sich an wie früher. Er strich sich kurz verlegen durch die Haare. „Ich weiß, du warst nicht du selbst. Ich will gar nicht wissen, was du im Käfig durchstehen musstest." sagte sie nur und winkte ihn zu sich in die Umarmung hinein. „Ich habe viel zu lange auf euch gewartet." sagte ihre Mutter und legte ihre Arme schützend um ihre Kinder. „Dann ist meine Aufgabe ja nun erledigt." sagte er Tod und zwinkerte Candra zu. „Warte!" rief sie dann ihm noch hinterher und löste sich aus der Umarmung. „Habe ich noch meine Fähigkeiten?" fragte sie den Tod nun. „Du wirst sie hier zwar nicht brauchen, aber ich denke schon." sagte er. „Bis auf die Teleportation und dergleichen – ein Mal im Himmel, immer im Himmel." Der Tod zwinkerte dem Mädchen noch kurz zu und verschwand dann, er löste sich einfach auf. „Warum hast du ihn das gefragt?" fragte nun Adam nach. „Ich muss noch eine Nachricht versenden." Candra grinste, denn ihr war etwas eingefallen. Wenn sie wirklich alle Fähigkeiten eines Engels hatte, dann würde sie mit Castiel kommunizieren können. Das Engelsradio, von dem sie schon ein Mal von anderen Jägern gehört hatte, müsste doch auch bei ihr funktionieren. Sie strengte sich an, gewisse Stimmen in ihrem Kopf zu hören und tatsächlich waren sie da. Es war eine Mischung aus Störgeräuschen, Schreien und Befehlen, Castiel hatte nicht Unrecht gehabt – offenbar herrschte im Himmel ein Bürgerkrieg zwischen den Engeln. Doch es schien die sonstigen Seelen nicht zu betreffen, Candra hatte die Ahnung, dass es nicht nur einen Himmel gab, sondern viele verschiedene. Schließlich waren hier auch nur Candra, Adam und ihre Mutter, bis jetzt jedenfalls. „Cass? Bist du da?" fragte sie gedanklich und hoffte innigst ihn hören zu können. „Candra?" Sie hörte tatsächlich seine Stimme in ihrem Kopf, so überrascht aber gleichzeitig so von Glück erfüllt. Beinahe kamen ihr wieder die Tränen, sie waren also nicht getrennt worden. „Versuch den Krieg im Himmel zu beenden, ja? Ich muss dich hier im Himmel einfach wiedersehen!" sendete sie ihm. „Ich bin so froh deine Stimme zu hören!" Castiels Stimme klang wirklich erleichtert. „Es tut mir so leid, was passiert ist. Ich wollte dich heilen, aber..." versuchte er sich zu erklären. „Ich weiß, Cass, ich weiß. Gib dir nicht die Schuld, es lag an der ganzen Herzräuber-Sache." Candra wies die Entschuldigung schnell von sich, sie war nun mit sich im Reinen. „Richte Dean und Sam aus, das ich sie vermisse. Aber sie sollen bloß nicht all zu schnell nachkommen!" sagte Candra grinsend. Es waren leise Stimmen zu hören, die Castiels eigene überlagerte. „Candra?" fragte er noch. „Ja?" antwortete sie und versuchte die anderen Stimmen auszublenden. Castiels Stimme drang nur noch leise durch das Engelsradio, die Stimmen des Kriegs überlagerten sie wieder. Offenbar war die Leitung zur Erde nicht besonders lange offen. Nur noch ein letzter Satz kam Candra durch: „Ich liebe dich."

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Where stories live. Discover now