Kapitel 5

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Das Wohnheim wirkte ein wenig chaotisch, aber so war es Candra auch gewohnt gewesen. Die Menschen die durch diese Flure liefen trugen entweder einen Haufen Bücher unter dem Arm oder versuchten ein bestimmtes Zimmer zu finden, offenbar war es kurz nach Semesterbeginn. Man hörte die unterschiedlichsten Sprachen, hier im Wohnheim für Studenten, die ein Auslandssemester machten, vermischte sich Japanisch, Englisch und Zeichensprache miteinander zu einem tatsächlich verständlichen Einheitsbrei. Dean und Candra fragten sich durch, in diesem riesigen Komplex fanden sie schließlich den Ort, den Sam als letztes Aufgesucht hatte. Es gab sehr viele Stockwerke, dennoch schienen sie nicht auszureichen für den Ansturm der Besucher, sodass der Keller ebenfalls zu kleinen Zimmern umgebaut wurde. „Wir suchen Zimmer 223." versuchte sich Dean gerade mit einer japanischen Studentin zu verständigen, die ihm jedoch nur einen genervten Blick zu warf und auf das Zimmer hinter ihr deutete, bevor sie sich auf den Weg in einen anderen Raum machte. Dean klopfte höflich, doch als keine Antwort kam, versuchte er die Tür einfach zu öffnen. Sie war abgeschlossen, nur ein dumpfer Klicklaut ertönte und hallte durch die Flure dieses Kellers. Sicherheitshalber versuchte er es noch ein Mal, doch auch stumpfe Gewalteinwirkung schien das Schloss nicht zu öffnen. Candra seufzte bereits genervt und wollte sich nach einer Möglichkeit umsehen die Tür auszuhebeln, doch ein lautes Knacken ertönte, was Candra dazu brachte blitzschnell ihren Kopf herumzudrehen. Dean hatte die Tür eintreten wollen und hatte es tatsächlich geschafft ein riesiges Loch zu erzeugen, sein Fuß war geradewegs durch die Tür durch gegangen. Es war zwar nicht die beabsichtigte Wirkung, dennoch grinste Dean und fasste mit der Hand durch das Loch in den dunkeln Raum und öffnete von hinten die Tür. Sie schwang weit auf, als wäre sie nie verschlossen gewesen. Vor uns lag ein ganz normales Studentenzimmer, die Regale waren voller wissenschaftlicher Bücher, das Bett war ungemacht und einige leere Flaschen waren im Raum verteilt. Candra sah immer noch auf das Loch in der Tür, es hätte sicher auch einen anderen Weg gegeben die Tür zu öffnen. Aber Dean hatte langsam auch die Ahnung, dass etwas nicht stimmte. Er hatte noch gehofft, dass sein kleiner Bruder in diesem Zimmer gerade jemanden befragte oder dort jemand sein würde, der wieder eine Information zu seinem Aufenthaltsort hatte, doch die verschlossene Tür und das dunkle Zimmer wiesen auf etwas anderes hin. Dean drückte etwas zu fest auf den Lichtschalter und schon glomm eine schwache Glühbirne an der Decke unter einem vergilbten Lampenschirm schwach vor sich hin. „Also hier ist er nicht." sprach Candra aus, was offensichtlich war und erntete von Dean nur einen genervten Blick, er brauchte den ironisch gemeinte Satz „Ach wirklich?" gar nicht erst aussprechen. Sie traten beide einen Schritt in den Raum hinein und nun im Licht erkannten sie erst, dass Sam hier gewesen sein musste. Das Zimmer war verwüstet worden und zwar auf eine Weise, wie es nur beim Kampf geschah. Einige Kratzer im offensichtlich eher billigen Holz des rechten Bettpfosten und ein kleiner Blutfleck an selbigem deuteten ebenfalls darauf hin. Und dann war dort noch Sams falscher FBI-Ausweis, der unter dem Bett hervorlugte, als wäre er ihm aus der Tasche gefallen. Candra hob ihn auf, trotz des falschen Namens war das Foto nun mal unverkennbar. „Dean, das sieht nicht besonders gut aus..." sagte das Mädchen und reichte ihm den Ausweis, den der Jäger tatsächlich übersehen hatte. „Son of a Bitch!" murmelte er leise, wahrscheinlich an das Monster gerichtet, welches er nun für das Verschwinden seines Bruders verantwortlich machte. Doch während Dean den Ausweis seines Bruders begutachtete, war Candra schon wieder einen Schritt weiter. Vor dem Regal waren winzig kleine Bluttropfen auf dem Boden, welche ihr erst auffielen, als sie kurz davor stand. „Hilfst du mir das Regal zu verschieben?" fragte sie dann und riss Dean aus seinen Gedanken. Erst strich er sich verwirrt durch die Haare und sah sie mit einem fragenden Blick an, doch als das Mädchen auf den Boden deutete, fielen ihm auch die Blutspuren auf. Candra selbst brauchte gar nichts zu tun, mit einem großen Ruck hatte Dean das Regal gepackt und um gut einen Meter verschoben, samt Inhalt. Und tatsächlich gab das Regal eine Art Durchgang frei, es sah aus wie ein zu großer Lüftungsschacht. Er schien in eine endlose Dunkelheit zu führen und Candra hörte Dean neben sich fluchen, warum er doch keine Taschenlampe dabei hatte. Candra seufzte und zückte ihr Feuerzeug, bevor sie selbstbewusst in den Schacht kletterte. Tatsächlich ging der Schacht geradeaus und so konnte das Mädchen vorwärts krabbeln, das leuchtende Feuerzeug in der einen Hand. Es spendete mehr Licht als sie gedacht hatte, dennoch verlor sich dieses in der sie umgebenden Schwärze. Dean, der erst noch überrascht über ihren plötzlichen Tatendrang war, betrat ebenfalls den kleinen Tunnel und folgte den Umrissen des Mädchens vor ihm. Nach einiger Zeit wurde es ein wenig heller, die Augen der beiden hatten sich schon an die Dunkelheit gewöhnt und daher erkannten sie den kleinen Unterschied im Licht schnell. Auch ohne das Feuerzeug war zu erkennen, dass der Schacht bald endete und je näher sie diesem Ende kamen, desto mehr von einem weiteren Raum mit grauem, schmutzigen Steinboden konnten sie erkennen. Als sie Stimmen hörten, hielten Candra und Dean gleichzeitig in der Bewegung inne. „Haruka, das kann doch nicht dein Ernst sein!" hörte sie eine männliche Stimme, die gebrochenes Englisch sprach. Einige weitere japanische Sätze war nicht verständlich, doch die beiden Jäger erkannten, dass es sich um einen Streit handeln musste. Eine weibliche Stimme schrie beinahe schon. Langsam tasteten sich Candra und Dean weiter, nun konnte man den Raum gänzlich überblicken. Er war ebenfalls kaum beleuchtet und schien eine Art Lagerraum gewesen zu sein, es stapelten sich nämlich große Holzkisten und Kartons darin, allesamt eingestaubt. Candras ungutes Gefühl löste sich mit einem Mal auf und das Adrenalin nahm seinen Platz ein, als sie den Blick durch den Raum schweifen lies und sowohl die beiden Quellen der streitenden Stimmen erkennen konnte, als auch Sam Winchester selbst. Er lag auf dem Boden, wahrscheinlich ausgenockt. Ein kurzer Schock durchfuhr sie, doch als sie die Augen zusammenkniff erkannte sie, dass sich seine Brust stetig hob und senkte. Er lebte. „Sie haben schon unser letztes Lager gefunden, wir wollten nichts mehr aufheben!" rief gerade der Junge wieder. „Er kam in mein Zimmer als der Durchgang offen war, was sollte ich denn machen als ihn zu töten!" kam es in gebrochenem Englisch zurück, dazu einige japanische Wörter die wahrscheinlich gewisse Schimpfwörter sein sollten. Die Frau fletschte nun die Zähne und knurrte ihren Freund an, die spitzen Zähne erinnerten wirklich an einen Werwolf, doch ihr restliches Aussehen blieb gleich. Zudem schien sie es kontrollieren zu können. Ein Blick und ein Nicken genügte für Candra und Dean um sich abzusprechen, das Mädchen zog den Bambusdolch und hinter ihr klickte die Pistole des jungen Mannes, als er sie entsicherte. Das war das Zeichen, auf das Candra gewartet hatte. Mit einem Satz war sie aus dem Schacht gesprungen und hatte sich hinter eine große, schon leicht morsche Kiste gerollt und ihren Bambusdolch geworfen. Candra war von sich selbst überrascht wie weit sie gesprungen war, aber vielleicht ging da auch nur ihre Fantasie mit ihr durch. Der Dolch traf die Frau in den Rücken, der Dolch bohrte sich von hinten genau durch ihr Herz und lies sie zusammenbrechen. Candra fühlte sich seltsam, ihre Augen nahmen die Bewegung der Personen in diesem Raum viel besser wahr und ihr Kopf entschied schneller, was zu tun war. Eine Art Jagdfieber war über sie gekommen, das Blut in ihren Adern pulsierte ungewöhnlich. Doch darüber konnte sie sich jetzt keine Gedanken machen. Blitzschnell drehte der Mann seinen Kopf herum und zeigte die gleichen blitzenden Zähne wie seine Kollegin. Dean war inzwischen auch aus dem Schacht geklettert und zielte auf denn Okami, der mit schnellen Schritten auf ihn zugelaufen kam. Candra hatte er wohl aus den Augen verloren, als sie hinter eine weiter Kiste schlich und versuchte die Leiche des Monsters zu erreichen. Der Dolch steckte in ihrem Leib und da sie nur eine von diesen besonderen Waffen besaß, brauchte sie ihn dringend wieder. Eine andere Möglichkeit einen Okami zu töten gab es kaum, ihn gänzlich zu zerstückeln würde in dieser Situation wohl kaum funktionieren. Dean schoss ein paar Mal auf ihn, doch er verletzte den Okami damit nur. Es war auch nur eine geplante Ablenkung, aber sie erfüllte ihren Zweck. Der Mann rannte auf Dean zu und übersah Candra, die inzwischen den Dolch aus der Leiche gezogen hatte. Kaum sprang das Monster Dean an, hatte das Mädchen diesen auch schon zu ihm hinüber geworfen. Mit einem gewaltigen Tempo flog der Dolch durch die Luft, eine solche Stärke besaß Candra nicht. Sie wunderte sich und fasste sich unterbewusst an die riesigen Narben unter ihrem Schlüsselbein, dort war das seltsame pochen am deutlichsten zu spüren. Geschickt fing Dean die Waffe auf, diese nonverbale Kommunikation klappte besser als gedacht, so als würden die beiden schon länger zusammen jagen. Mit einem einzigen Stoß trieb Dean nun den Dolch durch das Herz des Monsters, auch dessen Gesichtsausdruck versteinerte sich mit einem Mal und sein Körper erschlaffte. Es herrschten einige Minuten Stille in denen die beiden Jäger nur dort standen und schwer atmeten, ihre beiden Herzen rasten und sie brauchten einige Zeit, um wieder runter zu kommen. Besonders Candra schluckte kaum hörbar, ihr Körper reagierte seltsam auf diesen Kampf. „Gut gemacht." sagte Dean dann mit einem Mal und unterbrach dadurch das Schweigen, während sich ein Lächeln auf Candras Gesicht ausbreitete. Sie hatte wenigstens ihm bewiesen was sie wirklich konnte, ihr erster Eindruck als Jägerin war schließlich eher dürftig gewesen. Schnell kamen die beiden bei Sam an und versuchten ihn zu wecken. Dean schüttelte seinen Bruder, denn auch er hatte verstanden, dass dieser nur bewusstlos war. Die Platzwunde an seinem Hinterkopf und sein noch vorhandener Herzschlag verdeutlichten dies. „Was.... Ist hier los?" fragte Sam, als er zu sich kam. Dean lies endlich von ihm ab und grinste schadenfroh. „Ich würde sagen wir haben deine Arbeit gemacht, Sammy."

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Where stories live. Discover now