Kapitel 7

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„Das war dann auch schon alles." sagte Dr. Holzman und legte sein medizinisches Werkzeug beiseite. Candra bedankte sich höflich, die Fäden waren nun endlich gezogen worden und sie hoffte, dass die Narben bald schon kleiner werden würden. Sie sahen jedoch kein Stückchen kleiner aus, als an dem Tag, an dem sie ihr zugefügt werden. Das einzige was sich verändert hatte war, dass die Wunde nun geschlossen war, dank des Arztes vor ihrer Nase. Dr. Holzman verabschiedete sich und damit war der kurze Termin im heute ziemlich überfüllten Krankenhaus auch schon für das Mädchen abgeschlossen. Draußen im Flur warteten Sam und Dean auf sie. Sie hatten darauf bestanden Candra zu begleiten, auch wenn sie mehrfach erwähnt hatte, dass es nicht nötig war. Aber da alle drei Jäger im Moment keinen Fall annahmen, hatten sie auch Zeit für solch banale Dinge. „Schon fertig?" fragte Sam, als das Mädchen aus der Tür heraus und in den olivgrün gestrichenen Flur hinein kam. „Ja, wir können zurückfahren." antwortete Candra nur knapp. Dean nickte. „Gut, die Bezahlung haben wir geklärt, die gefälschten Krankenkassen-Karten haben eben doch einen Zweck." „Dennoch sind gefälschte Ausweise meistens wichtiger." erwiderte Sam und sah dann zu Candra. „Du solltest auch ein paar haben, sie sind echt praktisch." „Könnt ihr denn welche machen?" fragte sie die beiden Jungs. Sie selbst hatte sich beim Jagen meist als Schülerin, Studentin oder auch Journalistin ausgegeben. Einen Presseausweis hatte sie einmal in einer kleinen Bar in Nebraska gefunden, damit kam sie oft an der Polizei vorbei. Aber auch nicht immer, oft musste sie selbst einbrechen oder die Lage verkomplizierte sich, wenn die Polizei nicht kommunikationsbereit war. „Sicher, im Bunker machen wir dir ein paar. Seuchenschutz und FBI kommt immer gut an." sagte Dean, bevor er sich in Bewegung setzte. „Danke, das wird mir helfen, wenn ich wieder allein unterwegs bin." fügte Candra dann noch hinzu und schloss den Reißverschluss ihrer Lederjacke, sodass man die Narben nicht mehr sehen konnte, dann ging sie ebenfalls los. Sam und Dean warfen sich nach dieser Aussage einen Blick zu, den Candra nicht verstand. War es Enttäuschung oder Mitleid, oder gar ein Hauch von Angst vor Verlust?

Draußen peitschte der Wind um die Häuser und riss die letzten Blätter der Bäume mit sich. Der Herbst tat alles um schon bald in den Winter überzugehen. Immer wieder sank die Temperatur etwas und der Nieselregen war so fein, dass man nicht wusste, ob man nun einen Schirm aufspannen sollte oder nicht. Im Bunker dagegen war es kuschelig warm, während Dean an einem Smartphone gerade eine große Pizzabestellung aufgab. Sam und Candra saßen zusammen an seinem Laptop, er wollte ihr gerade zeigen, wie man verschiedenste Ausweise fälschte. Dazu scannte er mit einem großen, alt wirkenden Scanner, den er aus einem Technik-Lagerraum geholt hatte, seinen eigenen gefälschten FBI-Ausweis ein und wollte Namen und Bild ersetzen. So ging es viel einfacher, den ersten Ausweis den er gefälscht hatte, war eine ganz schöne Arbeit gewesen. Aber Übung machte den Meister, so oft wie Sam und Dean schon andere Namen benutzt hatten waren sie sprichwörtlich Meister in dieser Art des Betrugs geworden. „Dann brauchen wir ein Foto von dir und einen ausgedachten Namen." sagte Sam nun, als er sein Foto und den Namen aus dem Bild heraus retuschiert hatte. „Livgren ist eigentlich gar nicht so schlecht." sagte Candra dann und erntete ein Grinsen von Dean, welcher am anderen Ende des Raumes noch damit beschäftigt war, das Essen zu bestellen. Sam nickte ein wenig belustigt und gab dann den Namen ein. „Fehlt noch ein anderer Vorname." Candra überlegte. „Kate, das war der Name meiner Mutter." sagte sie dann. Sams Stirn warf kurz falten, als ob er zwischen zwei Fakten eine Verbindung erkannte. Doch er schüttelte dann den Kopf und trug den Namen ein. „Das Foto können wir aus deinem Führerschein nehmen." erläuterte er dann. Ihr Führerschein war ihr ebenso wie ihr Handy heilig und auch wenn sie beim Kampf mit dem Werwolf sicherlich ein paar mal darauf gefallen war, besaß sie die beiden Dinge immer noch. Nicht auszudenken, wenn der Sturm diese Gegenstände auch noch im Wald verstreut hätte. Inzwischen war sogar wieder ein kleiner Sturm herauf gezogen, auch wenn man es im Bunker nicht merkte. Der Wind wurde kräftiger und aus dem Nieselregen wurde ein richtiger Wasserfall, der sich aus dem Himmel ergoss. Schwarze Wolken verdunkelten den Himmel und obwohl es später Nachmittag war, wirkte es mit einem Mal wie tiefste Nacht. Candra zog den Schein heraus und reichte ihn Sam, damit er ihn einscannen konnte. Doch dieser nahm ihn nur entgegen und erstarrte, als er einen Blick darauf warf. „Alles klar, die Pizzen sollten in einer halben Stunde hier sein." kam es nun von Dean, der sein Telefonat beendet hatte. Sam sagte nichts und starrte weiter auf den Führerschein. „Ja, Sammy, dein Salat ist auch dabei..." fügte Dean dann hinzu und grinste, doch als immer noch keine Antwort kam, ging der Jäger zu seinem jüngeren Bruder hinüber. „Was ist denn los? Ist Candras Bild auf dem Führerschein so hässlich?" versuchte er einen weiteren Witz, worüber Candra nur schmunzeln konnte, auch wenn sie lieber die Augen verdreht hätte. „Milligan." kam es nun aus Sams Mund, als spräche er ein verbotenes Wort aus. Dean musste einen unglaublich fragenden Gesichtsausdruck gemacht haben, denn Sam reichte ihm nun den Führerschein. „Ja, das ist mein Name. Candra Milligan." sagte das Mädchen nun und runzelte ebenfalls die Stirn. „Stimmt etwas nicht?" fragte sie dann nervös und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die immer nur dorthin zu fallen schien, wenn eine seltsame Situation entstanden war. Doch als sie zu den Brüdern aufsah, war auch Deans Gesicht in einer kurzen Schockstarre verfallen. In beiden Gehirnen schien es ‚klick' gemacht zu haben. „Deine Mutter hieß Kate, ja?" fragte Sam nun, der sich aus der Starre löste. Candra nickte. „Und sie und dein Bruder sind vor einiger Zeit von Ghulen getötet worden? Wann war das? Und wie hieß dein Bruder?" fragte Sam nun, es sprudelte beinahe aus ihm heraus. Candra sah ihn einige Sekunden verwirrt an, bevor sie sprach. „Meine Mutter Kate Milligan und mein Bruder Adam Milligan sind vor etwa vier Jahren von Ghulen getötet worden." Sie sah die beiden Männer erwartungsvoll an. Doch diese wandten sich nur einander zu und sahen sich gegenseitig in die Augen, als würden sie ein telepathisches Gespräch führen. „Kann mir jemand sagen was hier los ist?" fragte Candra dann, als sie ihre Unsicherheit abgelegt hatte und nun doch eher genervt von der Heimlichtuerei der Jäger war. „Nur noch eine Frage: Kennst du deinen Vater?" fragte Dean dann und räusperte sich leicht. Blitzschnell kam eine gewisse Wut in Candra hoch, doch sie schluckte sie ebenso schnell wieder hinunter. Wenn sie den beiden Winchesters eine Antwort gab, würden sie vielleicht endlich mit der Wahrheit herausrücken, die sie versteckt hielten. „Nein, ich kenne meinen Vater nicht und wollte ihn auch nie kennen lernen. Er hat meine Mutter benutzt und sie fallen lassen. Mein Bruder kannte ihn und hat ihn in seinen Teenagerjahren auch hin und wieder gesehen, aber ich habe ihn gehasst." sagte Candra selbstbewusst und hob unweigerlich bei der Aussage ihr Kinn ein wenig an. „Also, was ist los?" fragte sie dann ein wenig energischer. „Du kanntest deinen Vater vielleicht nicht, aber dafür kannten wir ihn umso besser." sagte Sam, nachdem er schlucken musste um sprechen zu können. „Es war nicht nur dein Vater, es war auch unserer."

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Where stories live. Discover now