Kapitel 8

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„Bitte was?" fragte Candra und in ihrer Stimme schwang ein ungläubiger Ton mit. Sam seufzte, da Dean keine Anstalten machte es dem Mädchen zu erklären musste er es wohl übernehmen. „Vor vier Jahren hat Adam versucht unseren Vater zu erreichen, John Winchester. Er war allerdings damals ebenfalls schon vier Jahre lang tot und deshalb haben wir seinen Fall angenommen, damals haben Ghule seine Mutter – also auch deine Mutter – entführt. Der Fall war wirklich kompliziert, am Ende haben die Ghule leider deine Mutter und Adam getötet, es waren sogar wir die sie bestattet haben." schilderte Sam kurz, wie sie Adam kennen gelernt hatten. „Es ging allerdings noch weiter, aber das ist ganz schön kompliziert." Sam machte Anstalten seine Geschichte hier enden zu lassen. „Adam war mein Bruder, ich will gefälligst alles wissen, was passiert ist!" fiel sie ihm ins Wort. Nun seufzte Dean und holte aus dem Kühlschrank einige Bierflaschen. Als er sich auf einen Stuhl hatte fallen lassen, begann Sam erneut zu sprechen und erzählte von Zachariah, wie er Adam wiederbelebt hatte, von Adam als Hülle Michaels und auch von dem Fall in den Käfig, zusammen mit Luzifer und Michael, der ihn besetzt hatte. Candra traute ihren Ohren nicht, doch die beiden Brüder berichteten so detailreich, dass es einfach stimmen musste. „Also sitzt er in einem Käfig in der Hölle, zusammen mit dem Teufel und einem verrückten Erzengel?" fragte sie ungläubig, als Sam endlich einen Schluck aus seiner Flasche trinken konnte. Dean nickte. „Es gibt keine Möglichkeit ihn dort heraus zu holen, keine einzige." sagte er. „Aber er war mein Bruder, er konnte keiner Fliege etwas zu leide tun. Er hat es nicht verdient dort zu sein." erklärte sie den beiden Brüdern. „Das mag sicher sein, aber aus dem Käfig gibt es kein Entkommen." versicherte Sam es ihr noch mal. Sie seufzte und strich sich durch das Gesicht, die Geschichte musste sie erst ein Mal verarbeiten. Ihr Bruder, mit dessen Tod sie sogar schon abgeschlossen hatte, war wiederbelebt worden und schmorte nun in der Hölle? Sie hatte immer gehofft, dass er in den Himmel gekommen war, genau wie ihre Mutter. Schließlich hatten die beiden nichts schlimmes getan und es gab keinen Grund, weshalb sie nicht die Ewigkeit im Himmel verbringen sollten. Es war ungerecht und in Candras Kopf setzte sich der kleine Gedanke fest, dass es doch eine Möglichkeit geben musste Adam zu befreien. Wie auch immer.

Es herrschte einige Zeit Stille, dann setzte sich Candra wieder auf. Die Geschichte schien leider viel zu plausibel, um falsch zu sein. So viele Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum und sie brauchte einen Moment um sie zu ordnen. Die Blicke der beiden Brüder ruhten immer noch auf ihr. „Wer war John Winchester wirklich?" fragte sie dann. „Er.." Dean stockte. Er wusste nicht genau wo er anfangen sollte, hatte er doch so viel Respekt für seinen Vater übrig gehabt, ihn aber auch teilweise sehr verachtet. Zudem war jetzt ein ganz offensichtlicher weiterer Betrug seiner Mutter Mary dazu gekommen. Als er herausgefunden hatte, dass sein Vater ein weiteres Kind mit einer anderen Frau gehabt hatte war er schon ausgerastet, aber nun war Candra aufgetaucht. Ein zweites Kind, zwei Jahre jünger als Adam, somit musste John Kate Milligan ein weiteres Mal besucht haben. Er wusste nun wirklich nicht womit er anfangen sollte, die Vorwürfe an ihn traten in seinem Gedächtnis in den Vordergrund. „Er war der beste Jäger den wir kennen." sprang Sam für ihn ein, wofür Dean ihm sehr dankbar war. „Wir haben dir schon vom Tod unserer Mutter erzählt, seitdem war es für ihn sehr schwer seine Arbeit und uns Kinder unter einen Hut zu bekommen." Sam seufzte. „Auch wenn wir oft allein waren und wir uns um uns selbst kümmern mussten, hat er uns viel beigebracht. Auch wenn er kein guter Vater war, war er ein guter Jäger und als das behalten wir ihn in Erinnerung." Sam fand mal wieder die perfekten Worte für die Gefühle seines Bruders und auch von ihm selbst. Candra nickte. „Ich wusste nie wer er war und habe ihn trotzdem für ein komplettes Arschloch gehalten. Adam und auch meine Mutter durften ihm nicht erzählen, dass ich ebenfalls sein Kind bin, da er nicht ein Mal versuchen sollte Kontakt zu mir aufzubauen." erzählte Candra und trank einen Schluck Bier. „Und sonst?" fragte sie noch, sie wollte nun wenigstens einige Details über ihren Vater erfahren. Nun, wo er zwar ein schlechter Vater aber immerhin kein schlechter Mensch gewesen war. Dean grinste kurz. „Er hatte auf jeden Fall einen guten Geschmack was Autos angeht." sagte er. Candra musste nun auch grinsen. „Das hat er wohl er wohl weitervererbt." schmeichelte sie Dean. Sam überlegte, was er dem Mädchen noch erzählen konnte. Sie hatte wohl den ersten Schock verarbeitet, denn ihr Atem ging deutlich ruhiger, als noch vor einigen Minuten. „Er war früher Corporal bei den Echo 2/1-Marines im Vietnamkrieg, hatte eine militärische Ausbildung. Das kam nicht nur beim Jagen manchmal durch..." überlegte Sam nun laut. „Und er hat Wrestling geliebt." fiel Dean noch ein. Auf Candras Gesicht erschien nun ein Lächeln, ein wirkliches Lächeln. „Habt ihr Bilder von ihm?" fragte sie dann. „Leider nicht, wir haben nicht viel aufgehoben, als wir noch nur mit dem Impala durch die Städte gezogen sind." sagte Dean, stand jedoch auf um in sein Zimmer zu gehen. Er kam Minuten später mit einem wirklich alten Tastenhandy zurück. „Ich hab sein Handy behalten." sagte er, wobei er es Candra reichte. „Ruf es an." fügte er noch hinzu. Mit ihrem Smartphone, welches im Gegensatz zu dem alten Knochen von Handy nun wirklich wie ein Gerät aus der Zukunft aussah, wählte sie die Nummer, die Dean ihr sagte. Tatsächlich klingelte das kleine Ding in in ihrer Hand und als niemand ran ging, ertönte eine dunkle Stimme. Knapp und kurz forderte die Stimme den Anrufer auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Als die Stimme wieder verstummte, reichte Candra das Handy wieder zu Dean hinüber. „Ich denke ich kann damit leben. Es klingt jedenfalls besser als den Vater, den ich mir selbst ausgemalt habe." sagte sie dann lächelnd. Sam nickte nur. „Es ist schade, dass er dich nicht kennen gelernt hat. Er wäre sicher stolz gewesen." Dean stimmte seinem Bruder durch ein Nicken zu und setzte die leere Bierflasche ab. Candra tat es ihm nach, ein ‚Danke, ich hoffe es.' nuschelnd. Draußen heulte der Wind auf, sodass man es sogar bis in den Bunker hören konnte. Aus dem Regen und dem Wind war inzwischen ein waschechtes Herbstgewitter geworden, sodass die Jäger nur froh sein konnten, in den schützenden Wänden des Bunkers zu sein. „Du kannst übrigens so lange im Bunker bleiben wie du willst." fügte Sam dann hinzu, als er die Geräusche des unglaublich schlechten Wetters hörte. Eigentlich hatte Candra sich fest vorgenommen mit den gefälschten Ausweisen und Kreditkarten ein neues Auto zu kaufen und sich wieder alleine auf den Weg zu machen, aber nun war alles anders. Auch wenn das Gewitter draußen Sam dazu gebracht hatte, diese Aussage zu machen, war es nicht das, was Candra im Bunker hielt. Sie hatte ihre gesamte Familie verloren, auch wenn es nur zwei Personen waren. Ihre Mutter war ein Waisenkind gewesen und hatte selbst keine Familie gehabt, zusammen mit Adam hatten die drei immer zusammengehalten. Doch seit ihrem Tod, war Candra ganz alleine gewesen – und nun hatte sie mit einem Mal wieder eine Familie? Sie musste zugeben, dass sie Sam und Dean mochte. Beim Jagen arbeiteten sie gut als Team zusammen und auch das Mädchen hatte das Gefühl, die beiden Brüder schon viel länger zu kennen, als sie es eigentlich tat. Vielleicht hatten sie durch ihre Gene wirklich etwas gemeinsam. „Nur wenn du hier im Hauptraum angezogen herumläufst, Bruder!" grinste Candra und betonte das letzte Wort dieses Satzes, während Sam sich wieder an den Flirtversuch erinnerte und schlagartig die Augen aufriss, als es ihm einfiel. Dean lachte ihn herzlich aus, doch auch er hatte den Hintergedanken, dass er seine Halbschwester bis jetzt ziemlich attraktiv gefunden hatte. Nun wusste er wenigstens, auf welche Art er sie mochte und es seit ihrem ersten Treffen getan hatte.

Am nächsten Morgen schlich Candra verschlafen in die Küche. Sie hatten den Abend natürlich noch weiter geführt, es hatte mehr Bier und mehr gute Gespräche gegeben. Auch wenn sie nichts mehr mit Adam und John zu tun gehabt hatten, ging es meist um die Kindheit der anwesenden Jäger. Schließlich war Candra nicht mit dem Wissen über Monster aufgewachsen, während Sam und Dean sich stetig selbst verteidigen mussten. Es war ein schöner Abend gewesen, so wie der erste, den sie gemeinsam verbracht hatten. Nur war das Mädchen nun ein wenig müde, aber schlafen konnte sie um diese Uhrzeit sicher nicht mehr. Draußen hatte sich der Sturm über Nacht gelegt und die Sonne schien am Himmel, als wäre nichts gewesen. Unten im Bunker merkte man dies natürlich nicht, aber die entstandene Ruhe merkte man auch dort. Dean war wahrscheinlich noch nicht wach und Sam wahrscheinlich trainieren, also machte sich Candra alleine auf den Weg in die Küche. Sie hatte schließlich eingekauft, da konnte sie sich jetzt ein leckeres Frühstück zaubern und noch ein mal alleine über die Ereignisse des Abends nachdenken. Doch so weit kam es erst nicht, denn kurz vor der Küche hörte sie ein lautes Klopfen. Candra wunderte sich kurz und hoffte es sich nicht einzubilden, doch dann ertönte es erneut. Es kam von der Eingangstür. Das Mädchen rieb sich die Augen und machte sich schnell auf den Weg dorthin. Zum Glück gab es eine Art Türspion, man konnte eine kleine Klappe zur Seite ziehen und erkennen, wer dort vor der Tür stand. Die Schutzzauber würden ein unerwünschtes Eindringen schon verhindern, dachte sie, als sie die Klappe aufschob. Vor dem Bunker stand ein Mann mit heller Haut, dunkelbraune kurze Haare und blaue Augen. Er war gut gebaut und trug einen schwarzen Anzug unter seinem Trenchcoat. Fast hätte sie den Mann nicht erkannt, sein Bart wucherte wild in seinem Gesicht, einige Schnittwunden zeichneten sein Gesicht und seine Kleidung war schmutzig und zerschlissen. Sein Gesichtsausdruck verdeutlichte seinen Gemütszustand, er sah verdorrt und verlebt aus. „Wer bist du?" fragte der Engel schwach, als er ein Mädchen durch die Klappe in der Tür erkannte. Candra stockte kurz, dann öffnete sie bereitwillig die Tür. „Ein Winchester."

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt