8. Tür

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Etwas warmes hat sich um mich geschlungen und atmet mir in den Nacken. Ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer es ist. Wie tief muss ich bitte geschlafen haben, um das nicht zu bemerken?

Vorsichtig winde ich mich aus seinen Armen. Als ich mich hoch hieve, gucke ich auf den schwarzhaarigen Mann in meinem Bett herunter. Seine Haare sind verwuschelt und glitzern leicht im hereinfallenden Sonnenschein. Er schläft Oberkörper frei.

Mein Blick gleitet an ihm herab und mustert seinen gut gebauten Körper. Ein Ziehen breitet sich in meiner Magengegend aus. Ich fühle mich fast schon berauscht. Wieso ist er zu mir ins Bett gekommen? Hat er mich etwa genauso vermisst, wie ich ihn?

Mein Lächeln erstirbt, als ich den roten Bluterguss auf seinem Hals entdecke. Sofort wende ich meinen Blick von ihm ab und sammel meine Anziehsachen zusammen. Das Glücksgefühl verlässt meinen Körper. Wieder breitet sich dieser Eisklumpen in meinem Magen aus und ich habe das Gefühl, zu erfrieren.

Erfolglos versuche ich mich unter der Dusche mit heißem Wasser aufzuwärmen, doch es schafft es nicht, den Eisklumpen zum Schmelzen zu bringen. In aller Ruhe frühstücke ich und setze mich danach auf die Couch. Wahllos zappe ich durch die verschiedenen Sender, bevor ich Netflix einschalte und weiter Avatar gucke.

Eigentlich müsste ich in meinem Zimmer weiter an dem Übungsblatt arbeiten, welches ich Dienstag abgeben muss. Doch ich möchte mich nicht in meinem Zimmer an den Schreibtisch setzen. Nicht so lange Magnus noch in meinem Bett liegt und mir dieser Knutschfleck hämisch entgegen lacht.

Das ist doch unfair. Wir haben uns geküsst und danach abgemacht, dass dieser Kuss nichts zu bedeuten hat. Ich weiß, dass ich also wegen diesem Fleck nicht sauer sein darf. Doch wieso muss er mir seine Gleichgültigkeit über den Kuss auch noch so unter die Nase reiben?

Er hätte doch auch einfach in sein Zimmer gehen können. Dann hätte ich ihm getrost den restlichen Tag aus dem Weg gehen können. Doch natürlich muss mir dieser Mistkerl auch noch sein Glück offenbaren.

Finster balle ich meine Hände zu Fäusten. Ich drücke so fest zu, dass meine Knöchel weiß hervor treten. Ich weiß nicht, wie lange ich auf dieser Couch sitzen bleibe, doch mit jeder weiteren Folge, lodert die Wut in mir höher.

"Alexander?".

Ich habe gar nicht mit bekommen, dass meine Tür aufgegangen ist und ein vollkommen verschlafener Magnus heraus gekommen ist.

Seine Haare sind verwuschelt und er hat einen Kissenabdruck auf der Wange. Wieso muss er nach einer durchzechten Nacht, immer noch so unglaublich gut aussehen? Kühl muster ich ihn. Mein Blick gleitet einmal von seinen Füßen zu seinen Haaren. Dabei streife ich wieder die Verfärbung an seinem Hals.

Ich drehe mich zum Fernseher und starre auf den Bildschirm. "Ich hab gar nicht mitbekommen, dass du wieder gekommen bist.", sage ich tonlos. Ich frage ihn nicht, was ich wirklich wissen möchte. Wieso hat er sich in mein Bett gelegt? Wieso  musste er mich damit so verletzen und wieso stört mich die ganze Situation überhaupt?

Vorsichtig lässt er sich neben mich auf das Sofa fallen. Er guckt ebenfalls auf den Bildschirm. Doch ich kann sehen, dass er mich im Augenwinkel mustert. "Es ist ziemlich spät geworden.", antwortet er leise, "Ich habe deine Schwester und Simon noch begleitet und bin danach direkt her gekommen.".

Die Stimmung zwischen uns ist angespannt. Ich vermisse die Leichtigkeit, mit der wir uns früher unterhalten haben oder einfach nur nebeneinander sitzen konnten. "Was hast du gestern noch so gemacht?", fragt er mich.

"Nichts.", antworte ich, "Bin gleich schlafen gegangen.". Ich kann seinen Blick auf mir spüren. Er starrt mich regelrecht an und es kommt mir vor, als würde er wollen, dass ich meinen Kopf drehe und ihn angucke.

Malec - 24 TürenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt