20. Tür

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Ich habe das Gefühl, dass mich jemand anstarrt. Widerstrebend öffne ich blinzelnd meine Augen. Mit einem wachen Blick guckt Magnus mich an. "Guten Morgen.", brumme ich mit verschlafener Stimme, "Wie lange bist du schon auf?".

Mir entkommt ein lautes Gähnen. Schnell halte ich mir die Hand vor den Mund. Ganz leicht drehe ich meinen Kopf, um einen Blick auf den Wecker zu werfen. "Schon eine Weile.", antwortet mir Magnus. Immer noch liegt sein Blick auf mir. Es scheint, als würde er irgendetwas in meinem Gesicht suchen.

"Was?", brumme ich und fahre mir mit meiner Hand übers Gesicht, "Habe ich irgendwo Sabber?". Fast schon enttäuscht sinken Magnus Schultern hinunter. "Nein.". Er rollt sich aus dem Bett und schnappt sich seine Sachen von meinem Schreibtischstuhl. "Was machst du?", fragend beobachte ich ihn, wie er sich anzieht.

Ich schiebe schmollend meine Unterlippe vor und rolle mich auf die Seite. Meinen Kopf stütze ich auf meinem Arm ab und klopfe auf die Stelle neben mir, wo er gerade noch lag. "Komm zurück ins Bett, Mags.".

"Ich muss zur Uni.", wiegelt er ab und zieht sich seinen Pullover über den Kopf. Zweifelnd hebe ich eine Augenbraue, "Wir wollten doch heute schwänzen und den restlichen Tag, bevor wir zu meinen Eltern fahren, im Bett verbringen.".

Entschuldigend schüttelt er seinen Kopf. "Ich habe vergessen, dass ich noch etwas wichtiges erledigen müssen.". Ich verstehe es nicht. "Was ist denn bitte so wichtig, dass du den geplanten Tag mit mir ins Wasser fallen lässt?".

Genervt drückt Magnus seine Schultern durch. "Cat und ich wollten uns noch einmal vor Weihnachten treffen.". Seufzend drehe ich mich auf den Rücken und fahre mir durch meine schwarzen Haare. Ich schiebe meine Hände unter meinen Kopf. Die Bettdecke rutscht ein Stück herunter und legt meine bloße Brust frei.

Ich spüre Magnus Blick auf mir, doch jetzt bin ich derjenige, der genervt ist. Wir haben diesen Tag schon seit einer Woche geplant und auf einmal schmeißt er unsere Pläne über den Haufen. Finster presse ich meine Lippen aufeinander.

Das Bett senkt sich neben mir ein bisschen ab und eine warme Hand legt sich auf meine Brust. "Ich werde mich beeilen.", sagt er zu mir und streicht über meine Haut. "Brauchst du nicht.", würge ich ihn ab und schiebe vorsichtig seine Hand von meinem Körper.

Neben einem vollständig angezogenen Magnus fühle ich mich nur in meiner Schlafanzughose irgendwie nackt. Ich rolle mich vom Bett und schnappe mir meinen Pullover. "Lass dir ruhig Zeit mit Cat.", sage ich, "Vielleicht werde ich mit Izzy und Jace etwas essen gehen.".

Sein Blick liegt fast schon gekränkt auf mir. "Also schmeißen wir unseren Plan für heute jetzt vollkommen über den Haufen?". Spöttisch ziehe ich eine Augenbraue hoch, "Ich bin nicht derjenige, der damit angefangen hat.".

Ohne ihn noch einmal anzugucken, verlasse ich mein Zimmer und gehe in die Küche. Aus dem Schrank nehme ich mir einen tiefen Teller und befülle ihn mit Müsli und Milch. Ich höre Magnus, wie er ins Badezimmer geht. Bevor ich aufgegessen habe, höre ich unsere Haustür und wie sie leise geschlossen wird.

Stille breitet sich in der Wohnung aus und verschlingt mich beinahe vollkommen. Zurück in meinem Zimmer schnappe ich mir mein Handy und schreibe meinen Geschwister. Bereits nach kurzer Zeit kommen ihre Zusagen. Im Badezimmer kann ich immer noch Magnus Duft riechen. Schnell mache ich mich fertig und verlasse kurz darauf auch schon die leere Wohnung.

"Guten Morgen, Bruderherz.", zwitschert Izzy vergnügt und lässt ihr Tablett neben meinem auf den Tisch fallen. Schwungvoll wirft sie ihre Haare nach hinten über die Schulter, bevor sie sich auf den Stuhl neben mir fallen lässt. Belanglos fängt sie über verschiedene Dinge anzureden und vertreibt uns somit die Zeit, bis Jace endlich abgehetzt an kommt.

"Sorry.", entschuldigt er sich. Mit einem lauten Seufzen lässt er sich schwerfällig auf seinen Stuhl fallen. Er schält sich aus seiner Jacke, bevor er anfängt, sich das Kartoffelpüree in den Mund schaufelt. "Clary und ich hatten noch etwas sehr wichtiges zu tun.", sagt er mit vollem Mund und lässt seine Augenbrauen wackeln.

Angeekelt verziehe ich bei diesem Anblick das Gesicht. Könnte Clary ihn gerade sehen, hätte sie ganz bestimmt nichts mehr wichtiges mit ihm heute getan.  Leise lachend löffelt Izzy etwas von der Tomatensuppe. "Simon und ich hatten heute morgen das gleiche Problem.".

Mit einem schlechten Gefühl in der Magengegend, schiebe ich meinen Teller von mir. "Ich will gar nicht hören, dass meine kleine Schwester Sex hat.". Augen rollend winkt Izzy meine Worte ab.

"Gibt es da etwa Wolken im Paradies oder bist du nur einfach schlecht gelaunt, weil Magnus und du heute morgen nicht etwas wichtiges tun konnten?", sagt Jace großspurig. Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu. Doch ich habe nicht vor, zu antworten. Wortlos ziehe ich meinen Teller wieder zur mir heran. Ich kann Izzys besorgten Blick auf mir spüren, doch sie scheint mich nicht fragen zu wollen, so lange Jace noch mit dabei ist.

"Ich bin gleich wieder da.", murmelt Jace geistesabwesend. Mit seinem inzwischen leeren Teller macht er sich wieder auf dem Weg zum Buffet.

"Was ist los?", fragt Izzy mich sofort besorgt. Sie beugt sich zu mir herüber und versucht einen Blick in mein Gesicht zu erhaschen. Ich weiche ihrem suchenden Blick aus und spiele mit den Kartoffeln auf meinem Teller. "Nichts.", weise ich sie ab.

Mit ihrem Finger pikst sie mich in die Wange, "Spuck es schon aus, Alec. Hat es etwas mit Magnus zu tun?".

"Wir hatten für heute etwas geplant.", platzt es aus mir heraus. Eigentlich hatte ich nicht vor, meine kleine Schwester mit meinen 'Problemen' zu belästigen. Doch wenn sie mich so mit ihren braunen Augen anguckt, fühle ich mich in unsere Kindheit zurück versetzt. Verwirrt blinzelt sie, "Wieso bist du denn jetzt hier und nicht bei Magnus?".

Schnaubend pikse ich eine Kartoffel auf, "Als ich heute Morgen aufgewacht bin, hat er mich angestarrt und ist auf einmal aus dem Bett gesprungen. Er will sich mit Cat treffen. Und die ganze Zeit hat er mich dabei vollkommen sauer angeguckt, als ob das Ganze meine Schuld ist.".

Leise überrollt mich die Wut und ich lasse meine Gabel fallen. "Ich hatte mich schon gefreut, den ganzen Tag mit ihm zusammen im Bett zu verbringen. Er war doch derjenige, der auf einmal weg musste. Was daran ist bitte meine Schuld?". Ich ziehe meine Schultern nach oben, um mich vor der Erinnerung der letzten Stunden zu schützen.

Nachdenklich gleitet Izzys Blick über mein Gesicht. "Bist du wirklich nur wütend oder hast du auch ein bisschen Angst?". Fragend hebe ich meinen Kopf und gucke meine Schwester an, "Angst? Wovor sollte ich bitte Angst haben?".

Sie zuckt nur mit ihren Schultern, "Sag du es mir.".

Während ich nachdenke, sinken meine Schultern langsam hinab. "Was ist, wenn er heute morgen fest gestellt hat, dass er das mit uns gar nicht möchte? Was ist, wenn genau das der Grund ist, wieso er sich so plötzlich mit Cat treffen möchte? Vielleicht bereden sie genau in diesem Augenblick, wie er am besten mit mir Schluss machen kann, ohne meine Gefühle zu verletzen.".

Izzys ernster Blick liegt auf mir. "Wenn es wirklich so sein sollte, kannst du sowieso nichts daran ändern, Alec. Doch du scheinst nicht zu bemerken, wie er dich anguckt. Seine Augen offenbaren in solchen Momente unglaublich viele Gefühle.". Sie beugt sich ein Stück nach vorne, "Magnus guckt dich genauso an wie Jace Clary und wie Simon mich anguckt. In seinen Augen steht unglaublich viel Liebe und das gleiche kann ich bei dir erkennen, wenn dein Blick auf Magnus landet.".

Malec - 24 TürenWhere stories live. Discover now