Three Simple Words

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Zum tausendsten Mal drehte Bucky sich auf die andere Seite und versuchte Schlaf zu finden. Doch der Gedanke, der ihn schon die letzten Wochen wachgehalten hatte, ließ sich nicht vertreiben. Der Gedanke, dass er Steve nie die Wahrheit gesagt hatte. Er hatte alles vermasselt! Nur weil er zu feige gewesen war drei einfache Wörter zu sagen. Und jetzt war es zu spät. Steve war alt, hatte ein glückliches Leben gehabt und Peggy geheiratet.
"Fuck", Bucky richtete sich auf und fuhr sich fahrig durchs Gesicht. Er musste etwas tun. Jetzt sofort!
Leise schlich er durch die verschlafenen Gänge der Avengers Facility, wo er seit Thanos Angriff wohnte. Sein Ziel war die alte Lagerhalle im Labor, wo sie haufenweise Metallschrott lagerten. Unter anderem auch die Zeitmaschine.
Bucky hatte sie bei einem seiner nächtlichen Streifzüge entdeckt, als er nicht schlafen konnte. Friedlich lag das Gerät im Dunkeln, fast vergessen von den anderen Mitgliedern. Bucky hatte sich alles gründlich überlegt. Und so stellte er die Anzeige auf Italien, 1943.

Als er sich umsah war es dunkel. Er sah eine entfernte Ansammlungen von Zelten. Sein Herz schlug höher. Hoffentlich war er richtig gelandet. Leise schlich Bucky näher an die Zelte heran. Er suchte ein bestimmtes. Der Boden war von Regen aufgeweicht, sodass er matschige Geräusche von sich gab. Buck unterdrückte einen Fluch und schlich so langsam wie möglich an den dünnen Zeltwänden vorbei. Hoffentlich hielt niemand Wache. Er kam an einem klapprigen Jeep vorbei und lehnte sich gegen den Kotflügel. Was tat er eigentlich hier? Er wusste nicht einmal ob Steve überhaupt hier war. Ob es das richtige Jahr war, ob es der richtige Ort war. Verflixt, was hatte er sich dabei gedacht durch die Zeit zu reisen!? Er hatte doch keinerlei Erfahrung damit!
Bucky schloss verzweifelt die Augen. Das war wirklich eine-
"Ganz schlechte Idee!", ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm und ließ ihn zusammen zucken. Er erkannte sie sofort.
"Wenn Sie den Jeep zu stehlen versuchen, muss ich Sie niederschlagen!"
Bucky fuhr herum. Hinter ihm trat eine große Gestalt aus dem Dunkeln. Sein Herz setzte einem Moment lang aus. Er fühlte sich, als wäre er wieder ein 17-jähriger Junge in Brooklyn und seine Knie wurden weich.
"Stevie"
Der Fremde ließ die Fäuste sinken. Seine Haare waren verwuschelt und er trug einen braunen Mantel über einem weißen Shirt. Er war es wirklich! Steve war hier, er hatte das richtige Jahr erwischt!
"Bucky?", all Misstrauen war aus Steves Gesicht verschwunden. Stattdessen lag Zuneigung und Verwunderung darin. Ehe Bucky reagieren konnte, zog Steve ihn in eine kräftige Umarmung. Er war so anders als der Mann aus der Zukunft, aber so ähnlich wie der kleine Junge vor dem Serum. So als wäre die Vergangenheit und die Zukunft eins geworden.
Steve löste die Umarmung und hielt Bucky auf Armeslänge von ihm entfernt.
"Was ist mit deinem Arm passiert? Und deinen Haaren?", Steves blaue Augen wanderten auf der Suche nach Antworten in Buckys Gesicht umher.
"Lange Geschichte", schmunzelte dieser.
"Buck, ich dachte du wärst-"
"Ich bin aus der Zukunft.", platzte Bucky heraus. Steve stand einen Moment reglos da. "Was?"
"Du heiratest mal Peggy."
Steve riss die Augen auf. "Was, Agent Carter!?" Bucky zuckte nur mit den Schultern. "Die Zukunft sieht ziemlich scheiße aus, Steve."
Sein Freund konnte es gar nicht fassen. Steve starrte Bucky an und tausende Fragen bildeten sich in seinem Kopf. "Zukunft!? Aber wie- Und, wieso? Was ist passiert Buck? Wieso bist du hierher gekommen? Gibt es jetzt zwei von dir? Was ist mit Hydra? Hast du-"
"Ich bin schwul, Steve."

Eine Weile herrschte Stille. Bucky senkte den Blick und Steve nahm seine Hände von Buckys Schultern.
"Was?", fragte Steve nach einer Ewigkeit. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Bucky blickte auf und sah Steve traurig an.
"Weißt du doch damals, als du im Winter im Krankenhaus warst, wegen deiner Lungenentzündung? Da hab ich es das erste Mal bemerkt." Er lächelte leicht, doch es war kein Glückliches. "Manchmal wünschte ich, ich könnte alles rückgängig machen."
Steve stand nur da und rührte sich nicht und langsam bekam Bucky Zweifel, ob er wirklich das Richtige getan hatte. Was, wenn das jetzt die ganze Zukunft änderte? Was, wenn Steve ihn jetzt hasste?
"Wieso bist du hier?", raunte Steve in die Nacht. Bucky biss sich auf die Unterlippe. Jetzt gab es kein Zurück mehr. "Wegen dir. Ich will nicht, dass du alt wirst und das nicht weißt." Steve atmete langsam aus und schüttelte verständnislos den Kopf. "Wieso hast du mir das nicht schon früher erzählt?" Bucky lachte niedergeschlagen. "Ich hab mich nicht getraut, deshalb." Er ballte seine linke Faust. "All die Jahre war ich zu feige, und jetzt ist es zu spät. Ich hab alles verdorben. Die ganze Zukunft ist beschissen. Die Avengers. Thanos. Du heiratest Peggy!" Bei seinen letzten Worten wurde seine Stimme eine Tonlage höher. "Du bist einfach so verschwunden! Durch die Zeitmaschine! Und dann-", seine Stimme bebte und Bucky kniff wütend die Augen zusammen. "Wir haben so oft zusammen gekämpft Steve, aber es hat nichts gebracht." Er sah seinen besten Freund ein letztes Mal an. "Ich will nur, dass du glücklich bist." Steve holte Luft und wollte etwas erwidern, doch Bucky ließ ihn nicht. "Es tut mir Leid, Stevie."
Er wollte an Steve vorbeigehen, doch dieser hielt ihn auf. "Bucky, wovon redest du? Wer sind die Avengers?" Sein Freund hielt inne und lachte auf. "Wenn du wüsstest."
"Buck, bist du nur deshalb hierher gekommen? Weil du mir das sagen wolltest? Oder gibt es noch einen anderen Grund? Muss ich in der Zukunft irgendwas beachten? Irgendwas anders machen?" Steve sah ihn beinahe verzweifelt an. Ja, dachte Bucky. Nicht Peggy heiraten! Nicht zurück reisen! Am liebsten wollte er es Steve ins Gesicht schreien. Ihn anschreien, wie bescheuert er war, dass er es nicht schon längst bemerkt hatte. Ihn anschreien, dass es gemein war. Gemein, dass Steve ihn als besten Freund ansah, während jede Bewegung, jede Bemerkung, die Steve machte ein Feuerwerk in Buckys Gefühlen auslöste.
"Mir macht es nichts aus, dass du schwul bist.", sagte Steve sanft und legte eine Hand auf Buckys rechte Schulter. Die normale.
Aber Bucky schüttelte nur den Kopf.
"Vergiss es Steve. Das war 'ne blöde Idee hierher zu kommen."
Damit riss er sich endgültig von Steve los. Ließ seinen besten Freund auf immer zurück.
"Buck! Warte!"
Steve packte ihm fest am Arm und wirblete Bucky zu sich herum.
"Steve, ich-"
Ohne ein weiteres Wort presste Steve seine kühlen Lippen gegen Buckys. Dieser erstarrte vor Überraschung, nur um dann Steves Kuss voller Sehnsucht zu erwidern. Er spürte Steves Hand in seinem Haar und sein Herz platze fast.
Als sie sich schwer atmend von einander lösten, lehnte Bucky seine Stirn an Steves. Er spürte dessen Atem warm auf seiner Wange.
"Deshalb bist du durch die Zukunft gereist.", raunte Steve heiser.
Bucky schloss die Augen.
"Weshalb sonst, du Punk"
Steve lächelte. "Jerk."

"Bucky, was tust du da?"
Zurück in der Zukunft, wollte Bucky gerade die Zeitmaschine wieder verstecken, als ihn jemand aus seinen Gedanken riss. Steve hatte ihn tatsächlich geküsst! Am liebsten wäre er für immer da geblieben, doch er musste zurück. Sonst würde er alles verändern. Wenn er es nicht schon längst getan hatte...
Als die Stimme erscholl, fuhr Bucky zusammen. Mist, Stark hatte ihn erwischt! Doch als er sich umdrehte, traute er seinen Augen nicht.
"Steve?", flüsterte er ungläubig. Was war das bloß für 'ne beschissene Nacht!?
"Was machst du denn da? Ich bin aufgewacht und du warst plötzlich weg. Komm wieder ins Bett." Steves Stimme klang verschlafen, seine Haare waren verwuschelt. Schon wieder. Bucky schluckte. Er musste träumen. Er musste einfach! Oder-
Er schloss die Augen voller Panik. Natürlich. Es musste so kommen: Er hatte die Zukunft geändert!
Nur wegen drei simplen Wörtern.
Als er die Augen wieder öffnete stand Steve immernoch da. In blauen Sweatpants und weißem T-Shirt. Und er sah unverschämt gut darin aus.
"Aber du, du hast doch Peggy geriratet.", stieß Bucky hervor. Er konnte einfach nicht mehr. Es wurde alles zu viel.
"Was? Nein! Peggy? Wovon redest du, Buck? Lass uns wieder schlafen gehen, es ist halb drei!"
Buckys Gedanken fuhren Karussell. Was war hier los? "Steve. Was zur Hölle passiert hier?"
Steve machte ein paar Schritte auf ihn zu. "Buck, ist alles in Ordnung?" Er legte einen Arm um seinen Freund und Steves Geruch brachte Bucky fast um den Verstand. Nur mit Mühe konnte er seinem Drang widerstehen. "Du hast Peggy geheiratet. Du bist alt geworden. Du bist in die Vergangenheit gereist!" Buckys Stimme zitterte. Nun wurde er wirklich verrückt, was hatte er getan?!
"Bucky, nichts von alledem ist passiert." Er strich beruhigen über Buckys Rücken. "Es ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit."
Bucky sah ihn an. Im Halbdunkel funkelten Steves Augen wie Sterne. "Was ist passiert, nachdem Thanos besiegt wurde? Was ist mit den Steinen passiert?", krächtze er. Steve runzelte die Stirn, aber er wusste, dass Buckys Gedächtnis manchmal noch etwas verworren war.
"Ich hab sie zurückgebracht. So wie vereinbart. Thanos ist tot, es ist vorbei."
Bucky schluckte. "Und was ist mit uns passiert?"
Steve zögerte einen Moment, dann lachte er auf. In der Stille der Lagerhalle klang es lauter. "Falls du es vergessen haben solltest, du Jerk- Wir haben geheiratet!" Steves linke Hand zog Buckys Rechte hoch und Bucky sah identische silberne Ringe. Ihm wurde schwindelig. "Was?"
"Bucky, egal was du gerade denkst, ich weiß, dass dein Gehirn dir immer noch Streiche spielt. Aber das ist okay. Ich bin für dich da. Wir stehen das zusammen durch. Für immer."
Und damit beugte er sich zu Bucky hinüber und küsste ihn sanft. Wie damals, 1943.

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