2. - Die liebe Familie. Segen oder Fluch?

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Ihre Fäuste trafen den Sandsack in kurzer Folge und ließen die Verankerung in der Decke ächzen. Jazz trommelte auf das Ziel ein und machte dann einen Schritt zur Seite. Der Folgende Tritt kam aus der Hüfte und hätte einen Gegner, wenn er ihre Größe hatte, am Kinn getroffen. Ein weiterer Tritt, diesmal aus einer Kreisbewegung mit dem anderen Bein, traf den imaginären Gegner an der Hüfte. Sie setzte mit ein paar schnellen Schlägen nach. Ihre Muskeln wussten nicht das sie nur im Training war. Sie wollten zu einem Griff ansetzten und den Gegner festnageln. Aber mit einem Sandsack ließ sich das nicht üben.

Ihre Trainingspartner beschrieben ihren Kampfstil als sehr dreckig und aggressiv. Sie hielt sich nicht an übliche Konventionen. In einem Turnier würde sie sicher nach der ersten Runde schon disqualifiziert werden. Es war ihr eigener Stil geworden. Als Kind hatte sie mit Judo begonnen und wechselte als Trennanger dann zum Kung Fu. Nach dem reinschnuppern in einige andere Stile, hatte sie schließlich bei ihrer Ausbildung den aktuellen Polizeistil gelernt. Eine stark modizizierte Version des Ju-Jutsu. Am Ende war alles für sie in einen Topf geflossen und sie kümmerte sich nicht mehr um die Frage, welcher Stil ist das? Oder ob sie einen dieser Sinn freien farbigen Gürtel bekam. Sie wusste was funktionierte und was nicht.

Die Stimme von Krüger ließ sie anhalten. „Lass den Sack hängen... Der war teuer.“ Sie kicherte und drehte sich zu ihrem Teammitglied um. Er war etwas größer als sie, sein Blick war immer verschlafen und seine blauen Augen verrieten nichts von der Intelligenz die ihm inne wohnte. Er war ihr Techniker. Sie sah ihn schwer atmend an. „Ich muss doch in Form bleiben, sonst bin ich eines Tages so müde und langsam wie du!“ scherzte sie. Er Nickte leicht. „Ja, aber du machst wieder mal die Halle kaputt.“

Die Trainingshalle war gemütlich und für Mitglieder der Sondereinsatzkommandos reserviert. Hier konnte jedes körperliche Training durchgeführt werden. Das Killinghouse, der kleine Häuserkomplex in dem das Stürmen von Gebäuden trainiert wurde, sowie der Schießplatz, waren direkt angeschlossen. Jazz schlenderte rüber und setzte sich auf die Bank an der Seite. Als sie die Wasserflasche ansetzten, da jubelte ihr Körper auf. Endlich Pause. Endlich was Trinken. Krüger setzte sich neben sie. „Ich bin echt froh das wir das Schwein endlich erwischt haben.“ Jazz nickte leicht. „Ja... Ich hatte ihn mir anders vorgestellt. Viel mehr Energie und Stärke. Er hat ja nicht einen Moment gekämpft.“

Krüger zuckte die Schultern. „Es passt aber ins Profil. Du hast es doch gelesen. Vermutlich getrieben von krankhaften sexuellen Neigungen und mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl.“ Jazz führte es fort: „Ziel sind schwächere und jüngere Mädchen weil er diese für eine leichte Beute hält. Tötung erfolgt durch Vergiften mit Botulinumtoxin...“ Sie klang nachdenklich. „Ich frage mich immer noch, wieso benutzte er Gift?“ Sie sah Krüger an. Dieser winkte ab. „Ich schätze mal das ist noch so ein perverser Spaß für ihn gewesen. Er hat ihnen nur das Essen gegeben und konnte sich dann über Tage ansehen wie sie sich quälten. Ohne das er was tun musste.“

Jazz nahm ein Handtuch aus ihrer Tasche und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und von ihrem Hals. „Ja schon... Aber es ist ungewöhnlich. Ich.... Die Geschichte macht mir Bauchschmerzen.“ Krüger stimmte ihr sofort zu: „Das macht sie mir seit dem Anfang. Dieser Kerl hat Dinge getan... Ich will nicht mal drüber nachdenken. Aber wir haben ihn. Da war eine Waffe die zu der versuchten Entführung passt, im Keller standen mit Botulin verseuchte Konserven und denk mal an das Mädchen das er da hatte.“

Jazz lehnte sich zurück und nickte die Liste ab. „Ja, Indizien haben wir einige. Zeugen die ihn sicher erkannt haben. Aber mit geht die Aussage dieses Mädchens nicht aus dem Kopf.“ Krüger sah sie fragend an. „Was meinst du genau?“ Jazz sammelte sich und erklärte es. „Also sie meinte zum Zeitpunkt der letzten beiden Taten, da wäre sie bei ihm gewesen. Die Medien haben ja ausführlich berichtet. Warum sollte sie für ihn lügen? Sie scheint nicht viel von ihm zu halten und er bezahlt sie für... Naja. Noch so eine Sache. Warum bezahlt er ein Mädchen für Sex? Dem Täterprofil nach, ist eine normale Form von Sex für den Täter nicht erregend. Und so wenig Geld wie der gute Herr Zimmer verdient... Da hat ihn der Sex ein vermögen gekostet.“

Wenn es nur noch Rache gibt...Where stories live. Discover now