6. - Menschen wie sie...

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Jazz versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Es gab so Tage, da wäre am liebsten im Bett geblieben. Dieser war definitiv einer dieser Sorte. Zuviel war passiert und zu wenig davon machte einen Sinn. Erst hatte sie morgens mit Albert gesprochen. Ihm erklärt das Sandra vielleicht wirklich nichts wusste. Wenn es doch was gab, sie würde es rausbekommen. Nochmal ein Gespräch mit ihr, ein wenig die gute Polizistin geben, im Kontrast zu dem Auftreten von Ryan. Albert hatte noch ein paar Tipps gegeben und sogar in Aussicht gestellt, dass sie dem Mädchen was für die Aussage anbieten könnte. Freunde beim Jugend- und Sozialamt zu haben war nie verkehrt. Dann war langsam alles immer verrückter geworden.

Eine Reporterin stand vor dem Gefängnis. Ihr viel zu tiefer Ausschnitt und das kurze Kleid waren für diese Jahreszeit sehr unpassend, aber es würde sicher seine Wirkung bei den empfänglichen Zuschauern und Zuschauerinnen nicht verfehlen. Das dreidimensionale Bild des Trideos war im Grunde lebensecht und die durchlaufenden Schriftzüge sprangen den Zuschauer praktisch an. Reißerische Sätze wie: „Die Bestie hat ihre Strafe!“ oder „Mithäftlinge machen dem Wahnsinn ein Ende.“ Und auch sehr interessant: „Unzensierte Einblicke in die abartige Horrorwelt des Wahnsinnigen Mörders Manuel Z. Heute Abend um achtzehn Uhr.“

Jazz hatte eine Weile gebraucht um zu begreifen was die da redeten. Was passiert war. Ihr Verdächtiger war tot. Den Informationen des Senders nach, hatten Mithäftlinge ihn bestialisch getötet. Verstümmelt und gefoltert. Bei Eintreffen am Krankenhaus sei der Verdächtige bereits Reanimiert worden und kurz darauf für tot erklärt. Sie hatte auf diese Sendung gestarrt und ihren Augen nicht trauen wollen. Was folgte waren Umfragen auf der Straße. Passanten wurden nach ihrer Meinung gefragt. Bei den Antworten der Leute wurde ihr schlecht.

Ein älterer Mann, Fett und nur noch ein paar Haarstoppel auf dem Kopf, sagte ungehemmt: „Diese Leute sollte man sofort freilassen. Sie haben nur getan was er verdiente. Es ist ein Armutszeugnis das nicht alle abartigen Kranken wie der so bestraft werden.“ Eine junge Frau mit viel zu viel Make Up und verschlafenen Augen sagte: „Es hat der Justiz Zeit und Geld gespart. Ich mein, die können die doch alle gleich erschießen. Prozess is doch ne Verschwendung von Geld und so. Wissen ja was ich mein. Alle besser sofort umbringen.“

Eine alte Frau sagte leise: „Es ist unmenschlich. Das ist ein Verbrechen wie jedes andere auch. Und ich hoffe diese Männer werden nie wieder auf die Straße kommen.“ Nach dem Trommelfeuer aus Hass und purer Rachsucht der anderen Leute, nickte Jazz bei diesen Worten. Die Reporterin war plötzlich zu hören: „Also finden sie man sollte solche Monster nur kurz therapieren und dann wieder auf die Straße lassen? Damit sie wieder morden können? Denken sie denn nicht an die Opfer? An die Kinder?“ Ihre Stimme wurde immer aggressiver. Die alte Frau schüttelte den Kopf und wendete sich zum gehen. „Menschen wie sie... Machen mich krank..“ sagte sie noch zur Reporterin.

Dann gingen wieder die Szenen vor dem Gefängnis los. Jazz hatte den Kopf in die Hände gelegt und fragte sich was alles schief gegangen war. Sie hatte ihn Verhaftet. Damit er sich verantworten musste. Damit man ihn einsperren und nicht wieder raus lassen würde. Jetzt war er tot. Sie rief Albert an. Er war in einem ähnlichen Schockzustand. Ihre wichtigste Quelle war weg. Es musste einen Komplizen geben, aber wie sollten sie ihn nun finden? Einfach durch die Stadt laufen und nach ihm rufen? Oder ein Inserat aufgeben? Wohl kaum.

Dann hatte ihr Komlink geklingelt. Sie hatte keine große Lust gehabt ran zu gehen. Aber als sie dann sah woher der Anruf kam, da hatte sie doch schnell den Anruf angenommen. Der Anrufer Identifizierte sich als Sandra Saller. Sie hatte nur völlig abhackt und mit zitternder Stimme gesagt das Jazz zu ihr kommen solle. Zur Schule. Etwas war passiert. Die Angst in Sandras Stimme hatte Jazz sofort aus allen Gedanken gerissen und sie war im Laufschritt zu ihrem Auto gelaufen. Ihre Dienstpistole an der Seite und eine Schutzweste angelegt war sie eine halbe Stunde später an der Schule angekommen.

Wenn es nur noch Rache gibt...Where stories live. Discover now