Kapitel 5 - Die Stille davor

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„Jungs, ihr solltet diese Nacht wirklich durchschlafen. Morgen geht's auf nach Mimban, die Sepis haben sich im tiefen Sumpf verschanzt."
Wir kannten diesen Satz, die Worte, die Unlust und einen Hauch von Vorbereitung auf seinen Tod auslöste, doch das Pflichtbewusstsein kam an erster Stelle, denn wir hatten einen Job zu erledigen und für diesen Zweck würden wir geboren.
Doch der Fakt, dass es Mimban war, stimmte uns nicht gerade fröhlicher.
„Wieso ausgerechnet Mimban? Da rosten die Blechbüchsen zehn Mal schneller, als auf einem normalen Planeten!", schoss es direkt aus Vec, der seufzte und sein Gesicht in den Händen vergrub.
„Hätten die sich keinen anderen Planeten aussuchen können? Unsere Rüstungen glänzen doch noch so schön! Ich hab keine Lust bis zur Brust im Schlamm zu stehen!", meinte nun auch Silver und bekam ein zustimmendes Nicken von uns allen, denn es hatte wirklich keiner Lust tagelang im kalten, tiefen Schlamm zu stehen mit Regen, der frontal gegen den Visor prasselte, sodass man eine perfekte Zielscheibe abgab.
„Solange es nur Schlamm und kein Sand ist. Nach einmal waschen ist der ganze Dreck wieder verschwunden und ihr seid wieder Glänzer.", erwiderte Cale und auch wenn seine Laune sich seit Mittag nicht viel gebessert hatte, wirkte er schon ein wenig gelassener und machte nicht mehr ganz so den Eindruck, dass er jedem, der ihm falsch kam, eine reinhauen würde.
„Aber so können wir wenigstens unsere neue Schale im Einsatz erleben. Bin gespannt, was sich für Vorteile daraus noch ergeben.", sagte Hunt hingegen und sah zu seiner Rüstung.
„Geht doch. Na schön, morgen um null-sechshundert geht's los. Hunt wird dafür sorgen, dass ihr pünktlich seid. Wir treffen uns draußen, Kanonenboot null zwei fünfzehn. Sergeant Flaks Trupp wird sich aufteilen, ich werde mit Hammer, Dox und den anderen fliegen. Wenn wir im Kreuzer angekommen sind, dann möchte ich, dass jeder halbwegs wach, bei Verstand und orientiert ist. Keine Auseinandersetzungen, keine Prügeleien, verstanden?"
„Ja, Sir!"
„Gut. Und jetzt macht euch fertig fürs Bett."

Es war wirklich schön, und es kam nicht sonderlich oft vor, dass wir etwas als schön bezeichneten, in seinem Bett zu liegen, das so viel bequemer war, als die der Kreuzer, und darauf zu warten, dass alle aus dem Waschraum kamen und wir uns Schlaf gönnen konnten. Ich zog die, wenn auch recht dünne, Decke über meine Arme, legte mich auf die Seite und schaute zu Hunt, der noch beschäftigt die letzten Vorbereitungen vor der Schlacht in ein Datapad tippte. Trueblood lag bereits über mir im Bett, Breaker schlief schon tief und fest, obwohl das Licht noch an war, und auch Vec saß schon oben auf seiner Matratze.
„Wieso Mimban? Ich kann nicht aufhören mich darüber aufzuregen!", meinte er und ließ sich frustriert nach hinten ins Kissen fallen.
„Wir können uns mit unseren Rüstungen glücklich schätzen. Denn wie ich gehört habe, wird General Vri'lia uns begleiten. Sie hat nämlich keine Rüstung. Seid nicht so pessimistisch.", entgegnete Hunt, doch sah nicht einmal von dem Datapad in seiner Hand auf.
„Ich dachte Jedis wären nicht so penibel."
„Vec... Wenn du es darauf so anlegst, dann schicke ich dich auch nackt nach Mimban."
„Er würde die Droiden so abschrecken, dass wir erst kein Kanonenfutter spielen müssten.", warf ich grinsend ein und bekam von ihm einen bösen Blick zugeworfen, doch ehe er sich noch beschweren konnte, traf der Rest unseres Trupp ein und ließ sich aufs Bett fallen.
Keine zehn Sekunden später ging das Licht aus und es herrschte vollkommene Dunkelheit bis auf die kleinen roten und weißen Lichter des Türöffners und des Temperaturregulators.
„Schlaft gut, Jungs.", sagte Hunt und es herrschte dieser wundervolle Frieden und diese Stille, die nur durch das Schnarchen von Breaker durchbrochen wurde.
Doch all das würde am nächsten Tag wieder vorüber sein.

***

Zwei ganze Stunden als Lieutenant früher aufzustehen fiel Cale nicht sonderlich leicht, Aven erst recht nicht, denn wie er diesen kannte, brauchte er seinen Schlaf, doch schließlich beruhigte er ihn, indem er ihm sagte, dass er die fehlenden Stunden Schlaf auch noch auf dem Kreuzer nachholen konnten. Doch Cale wollte sich nicht vorstellen, wann Dox und Hammer aufgestanden sein mochten, denn dafür waren seine Augenlider noch zu schwer. Er würde sich definitiv noch etwas vor der anstehenden Schlacht ausruhen müssen. Er überprüfte noch die Waffenkammer, ging die Liste durch, welches Blaster wem zugeordnet war und ging sicher, dass jeder die standardmäßige Anzahl Munition und Granaten bekommen würde. Es war noch totenstill auf den Fluren, er begegnete niemandem außer Gold und Dox.
Doch um null-fünfhundert ging der Trubel los.
Männer hechteten durch die Gänge, strömten in die Waschräume rein und raus, versammelten sich vor Ihren Quartieren, sortierten ihre Granaten und überprüften, ob sie bereit für die anstehende Schlacht waren.
Um null-sechshundert stand er draußen im leichten Morgenrot, das Datapad in der Hand und trug ein, dass alle Züge mehr oder weniger vollständig in den Kanonenbooten standen und darauf warteten, dass man sie zum Kreuzer brachte, um dort entweder nach der Besprechung sich gegen eine Kiste zu lehnen und zu schlafen oder mit Kameraden zu quatschten und zu wünschen, dass diese Schlacht kein Blutbad sein würde. Sie hatten ein Fünftel verloren, das zweite Fünftel lag verwundet und in Bactatanks auf der Krankenstation. Und um einige Männer davon stand es noch immer schlecht. Seufzend schloss Cale seine Kontrolle ab, als er die Masse an Kanonenbooten mit der Legion sah und stieg ebenfalls ins volle Schiff zu Hammer, Dox, zwei weiteren Captains der Schatten- und Blitz-Kompanie, Aven, Nax, vier anderen Lieutenants und auch Vri'lia, die alle lächelnd begrüßte. Als das Schiff startete herrschte Stille. Die Stille war unangenehm und er schätzte es plötzlich einen Helm zu besitzen, worunter er gähnen, weinen, schreien und lachen konnte, ohne dass es jemand hörte und sah. Und es war nicht er, der die Stille unterbrach, sondern Hammer, der seinen Helm unter den Arm geklemmt hatte und zur General sah, die schweigend aus den offenen Türen des Schiffes starrte, als dieses über die Kaserne der 546. Legion flog - Vri'lias ehemalige Legion.
„Wenn ihr mir die Frage gestattet, General, wer kommandiert jetzt die 546te?"
Ihre Miene hellte sich ein wenig auf, aber nur um darauf umso dunkler zu werden, als die Antwort ihren Mund verließ.
„Im Moment noch niemand, aber ich nehme an, dass sich dies in den nächsten Tagen ändern wird."
„Vermisst ihr sie?"
Sie seufzte, alle Anwesenden sahen sie an, während sie noch einen letzten Blick auf die Kaserne warf, die kurz darauf aus ihrem Blickfeld verschwand. Cale fragte sich, ob sie die 555ste genauso gut behandeln würde, wie ihre alte, denn wie er merkte, schien es sie ziemlich mitgenommen zu haben.
„Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich sie nicht vermisse. Das tue ich. Und ich wünsche mir nichts mehr, als dass sie weiter nach vorne blicken und einen General zugeteilt bekommen, der sich gut um sie kümmert. Sie waren fast wie Brüder für mich. Aber ich sehe auch ein, dass mich diese Legion mehr braucht und akzeptiere dies."
Hammer musterte sie neugierig.
„Ist das nicht verboten? Ich meine, dass ihr so ein kameradschaftliches Verhältnis zu ihnen aufgebaut habt? Spricht das nicht gegen die Regeln?"
„Seine Männer gut zu behandeln und sich um sie zu kümmern? Nein. Und wenn es diese Regel gäbe, dann wäre dies unmenschlich. Es ist die Pflicht eines jeden Generals dafür zu sorgen, dass es seinen Männern gut geht."
„Aber für einen Jedi es ist verboten Bindungen einzugehen, spricht dies nicht dagegen?", warf plötzlich Captain Banks aus der Blitz-Kompanie dazu. Vri'lia starrte ins Leere.
„Nein. Mir liegt die 555ste ebenfalls sehr am Herzen. Ich habe mich nicht gebunden. Eine Bindung besteht dann, wenn sie meine Entscheidungen beeinflusst. Und wenn ich zwischen dem Sieg der Republik und der Rettung der Legion entscheiden müsste, dann...", antwortete sie, aber als sie anscheinend merkte, was sie dort sagte, fuhr sie nicht fort. Cale und alle anderen starrten sie abwartend an.
„Was würdet ihr dann tun?", versuchte Hammer es erneut. Vri'lia sah sich im Schiff um und betrachtete jeden einzelnen anwesenden Mann. Als sie Cale ansah, ballte er die Hand zur Faust.
„Ich würde mich für den Sieg entscheiden. So schwer es mir auch fallen würde."
Cale schluckte und sah desinteressiert weg, spürte plötzlich ein wütendes, enttäuschtes Gefühl in sich aufsteigen, das sich tief in seine Brust festfraß. Die Bezeichnung einer Mutter war falsch. Eine Mutter würde sich für ihre Kinder entscheiden, statt für den Sieg, der nur zugunsten des Senats kam und vielleicht noch nicht den Frieden ausmachte. Er würde bis für den letzten Mann kämpfen und versuchen möglichst viele zu retten, auch wenn dies voreilig und unglaubhaft klang, aber er hatte von Vri'lia erwartet, dass sie dies auch tun würde, anstatt eine Sklavin der Republik und des Ordens zu spielen. Er hörte nicht mal mehr zu, als sie ihre Entscheidung bei Hammer begründete. Cale schnaubte tief.
Anscheinend tat er sich noch schwer mit dieser eigenartigen Frau. Er hoffte einfach nur, dass sie nicht den Tod für seine Männer bedeutete.

White ArmorWhere stories live. Discover now