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56 Tage später.

„Möchtest du noch eine heiße Schokolade mit extra Sahne und Krokant?" fragt mich Rosie, nachdem sie meine leere Tasse auf ihr Tablett stellt.

„Das wäre super" antworte ich Uhr und blicke von meinem Buch hoch. Sie schenkt mir ein warmes Lächeln und macht sich sofort auf den Weg.

Ich gehe jeden Morgen in dieses kleine Café. Es ist gemütlich und gefällt mir. Der Laden hält sich mithilfe seine Stammkunden über Wasser und ist nie überfüllt. Ich mag den Laden, denn hier hab ich meine Ruhe.

Ich kann mein Buch weiter lesen und bekomme hier die beste heiße Schokolade mit extra viel Sahne und Krokant. Die Sandwiche sind auch wirklich erste klasse und mit Liebe angerichtet.

Die Inneneinrichtung ist dezent und gemütlich gehalten. Ich setze mich jeden Morgen in die hinterste Ecke des Ladens, in den gemütlichsten Sessel. Vor mich befindet sich ein kleiner kreisförmiger Tisch, welcher seine besten Tage bereits hinter sich hat.

Die meisten Möbel sind bereits mehrere Jahre alt und teilweise einfach restauriert, dadurch bekommt der Laden seinen eigenen Flair. Die drei Mitarbeiter und die Chefin kenne ich bereits alle mit Vornamen.

Sie sind alle so herzlich, wie eine kleine Familie.

„Deine heiße Schokolade" flötet Rosie und stellt mein Heißgetränk auf den kleinen Tisch. Auf der Untertasse befindet sich zusätzlich ein Cookie, einer von den selbst-gemachten.

Diese Cookies sind ein Riesen Pluspunkt, anstatt einen trockenen billig Keks zum Heißgetränk, servieren sie selbstgemachte Cookies.

„Vielen lieben Dank, Rosie" bedanke ich mich bei ihr und halte schon den Cookie in der Hand. Herzhaft beiße ich davon ab.

„Ich habe in 20 Minuten Pause, bleibst du solange noch?" fragt sie mich. Als Antwort nicke ich ihr freudig zu, denn mit vollem Mund spricht man nicht.

Sie schenkt mir ein Lächeln, bei welchem sie ihre strahlenden Zähne zeigt und macht sich direkt auf dem Weg zum nächsten Kunden. Ich habe Rosie direkt ins Herz geschlossen.

Seit dem wir uns am ersten Tag bereits so blendend verstanden haben, verbringen wir häufig Zeit gemeinsam. Ich kann mit ihr über alles reden, was mir unglaublich hilft.

Sie ist ein wirklich herzlicher Mensch und obwohl sie zehn Jahre älter ist, verstehen wir uns bestens. Rosie ist alleinerziehende Mutter von dem kleinen Elliot und seit dem wir uns kennen, greife ich ihr häufig unter die Arme und passe auf den kleinen auf.

Zu Anfang habe ich bei einer alten Freundin meiner Mutter gewohnt, doch nach einem Monat habe ich die Augen nach etwas Neuem offen gehalten. Ich kann ihre Gastfreundschaft ja nicht völlig überstrapazieren und wollte ihr wieder ihren Raum lassen.

Rosie bot mir daraufhin an, in das kleine Gästezimmer bei ihr zu ziehen. Dieses Angebot nahm ich an, aber nur wenn ich ihr im Gegenzug unter die Arme greifen darf. Seitdem verbringe ich jeden Morgen als Gast in dem Café, in welchem sie arbeitet, und verbringen ab und zu ihre Pause gemeinsam.

Nach ihrer Pause mache ich entweder Besorgungen oder erledige etwas im Haushalt. Am Nachmittag hole ich ihren kleinen Sohn ab und des Öfteren unternehmen wir etwas, während seine Mutter sich auf dem Weg macht zu ihrem zweit Job im Restaurant.

Abends koche ich das Essen, zu Anfang gelang das nicht wirklich gut, doch Rosie nahm mir das nicht übel. Mit der Zeit habe ich mich gebessert und nun genießen wir die Mahlzeiten, welche ich koche.

„Kommst du endlich Liv?" fragt Rosie mich lachend und schreckt mich somit aus meiner Träumerei. Ich war so in Gedanken versunken, dass mein Buch immer noch ungelesen vor mir liegt. Meine Tasse ist nur halb ausgetrunken, also trinke ich den Rest auf ex und stecke mir den Rest des Cookies in den Mund. Schnell ziehe ich meine Jacke über, stecke das Buch in meine Tasche und folge Rosie aus dem landen.

„Wie gehts dir heute?" beginnt sie das Gespräch.

„Heute geht es mir viel besser" beruhige ich sie. Die letzten Tage ging es mir körperlich nicht so gut, dennoch habe ich mich tapfer geschlagen und meine Aufgaben erledigt. Sowas tuen erwachsene Frauen, krank zu sein ist keine Ausrede, um seine Aufgaben nicht zu erfüllen.

„Das freut mich Liv, wirklich. Hab mir schon echt Sorgen um dich gemacht, du sagst wirklich nicht gut aus. Ich hatte schon Angst, dass du dir irgendeinen Virus eingefangen hast und wir in ein paar Tagen alle gemeinsam krank auf der Couch liegen." berichtet sie mich und schüttelt lachend den Kopf.

„Dann haben wir ja nochmal Glück gehabt" stimme ich ihr schmunzelnd zu. Ehrlich gesagt hätte ich fast nichts dagegen gehabt, bis auf das sich schlecht fühlen. Ich liebe die Abende mit den beiden auf der Couch vor dem Fernseher, es ist fast so als wären wir eine kleine dreiköpfige Familie.

„Mir ist grade eingefallen, bitte vergiss nicht die alten Regensachen von Elliot, aus dem Kindergarten mit nach Hause zu bringen" erinnert mich Rosie.

„Und lass dich bloß nicht von Elliot wieder dazu überreden, dass es zum Abendessen Frühstück gibt. Mir ist ja bewusst, dass er Frühstückswaffeln liebt, aber er kann nicht immer das bekommen, was er will" fügt Rosie noch hinzu.

„Sag du doch mal nein, wenn er dich mit seinen Kulleraugen anschaut und seine Hilfe beim zubereiten anbietet" teile ich ihr schmollend mit und versuche mich zu verteidigen. Einem kleinen Kind etwas abzuschlagen ist wirklich schwerer als gedacht und seine Kulleraugen bringen mich zum schmelzen.  

Er setzt dann seinen süßesten Welpenblick auf, welcher mich immer wieder an Jayden erinnert und mir einen heftigen Stich ins Herz versetzt. Ich vermisse ihn so unglaublich stark. Ich habe ihn schon solange nicht mehr gesehen, nicht gehört und nicht anfassen können.

Mir ist jedoch auch bewusst, wie sehr mir diese Auszeit bereits geholfen hat. Ich werde reifer, lerne vieles dazu und finde wieder zu mir selbst. Rosie und der kleine Elliot sind dabei eine Riesen Hilfe.

Ich lebe nur unter Mensch und mir wird wieder bewusst, was wirklich wichtig ist. Ich lerne wie schwer das Leben sein kann und das nicht alles so einfach ist. Nicht jeder hat das Glück den einen gefunden zu haben und immer jemanden zu haben der einen bedingungslos zur Seite steht.

Rosie musste sich lange Zeit mit ihrem Sohn allein durchschlagen, muss sich sorgen, um Geld machen und wie sie alles unter einen Hut bekommt. Einen Mann an ihrer Seite hatte sie schon lange nicht mehr und doch versucht sie Mutter und Vater in einem für ihr Sohn zu sein. Ich kann so vieles von Rosie lernen und genau das tue ich momentan.

Ich habe das Gefühl, diese Auszeit erfüllt ihren Zweck.

No escape from my BabyWhere stories live. Discover now