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Der Einkauf war nach Begegnung nur noch eine unwichtige Nebensache. Viel wichtiger waren die Worte des jungen Mannes. Völlig unrecht hatte er nicht und das ist mir mehr als vollkommen bewusst.

Ich habe das Rudel verlassen, ohne ein Wort zu sagen. Von meinem verschwinden werden sie nur über Ecken erfahren haben und wer weiß, was dafür die Begründung war. Es ist völlig verständlich, das falsche Gerüchte und Behauptungen die Runde gemacht haben.

Es ist wie bei dem Spiel Stille Post, am Ende kommt in den meisten Fällen, etwas völlig anderes raus. Ich bezweifle dass Jayden die Neuigkeiten über meine Auszeit verbreitet hat.

Er ist ja selbst nicht einmal mit der Tatsache zurecht gekommen. Dem Rudel dann noch davon zu berichten, wie ich ihn für eine Zeit verlasse, scheint mir unrealistisch.

Schritt für Schritt werden es einzelne Rudelmitglieder erfahren haben und diese Neuigkeiten verbreitet haben. Wenn mich in die Position eines Außenstehenden versetzte würde, würde ich mit großer Wahrscheinlichkeit das selbe vermuten.

Die Luna verschwindet im stillen, ein völlig niedergeschlagener Jayden und das Unwissen würden mich auf die selbe Spur bringen. Ich kann es niemandem verübeln. Sie kenne mich zwar, aber in solch einem Moment geht man immer von dem negativsten aus.

Ich muss es also jedem Bewohner unseren Rudels erklären und sie des besseren belehren. Ich schulde ihnen eine Rechenschaft und muss mich für mein Verhalten entschuldigen, so viel steht fest.

Die Frage ist also, wie stelle ich dies an?

Den ganzen Mittag sitze ich auf der Veranda und denke nach. Ich zerbreche mir mein kleines Köpfchen darüber, wie ich es am schlausten anstelle.

Dieses Mal muss ich den richtigen Weg wählen.

Nach dem Mittagessen mit Jayden und einem langen Gespräch mit ihm, bin ich mir über alles im klarem. Ich benötige jedoch noch Verstärkung für meinen Plan, denn allein werde ich meine Pläne nicht ausführen können.

Den ersten Schritt werde ich jedoch ganz alleine angehen müssen. Wieder mal angestrengt sitze ich über meinem Laptop. Die Worte wollen sich einfach nicht zusammensetzen lassen und niedergeschrieben werden.

Es ist gar nicht so einfach, wie man denken mag. Ich muss mich gewählt ausdrücken, es dürfen keine Unklarheiten entstehen und jeder muss den Inhalt verstehen können.

Sehr geehrte Rudelmitglieder,

Tippe ich die ersten drei Wörter. Der Anfang und damit der einfachste teil, meines Briefes, steht. Jetzt geht es an den wirklich wichtigen Part und meine Finger tanzen über die Tastatur.

ich schulde euch eine ehrliche Rechenschaft und möchte mich für mein unbedachtes Verhalten entschuldigen.

Die Begegnung mit einem jungen Mann hat mir die Augen geöffnet und mich umdenken lassen. Unsere Begegnung schien mir im ersten Moment als sehr unangebracht und forsch, im Nachhinein möchte ich mich bei dir bedanken.
Über die Art und Weise, wie du mir die Botschaft übermittelt hast, lässt sich streiten, dies spielt jedoch nun keine Rolle mehr.
Du gabst mir den Anstoß für diesen Brief , dafür danke ich dir von ganzen Herzen.

Die Worte entsprechen der Wahrheit. Würde ich ihn wiedersehen, würde ich mich persönlich bei ihm bedanken für den Inhalt seiner Worte, nicht für das anrempeln, versteht sich hoffentlich von selbst.

Ich habe das Rudel für einen Zeitraum verlassen, um mir eine Auszeit zu erlauben. Ich brauchte Zeit, damit ich mein erwachsenes Ich finden kann.
Einige Dinge musste ich mir bewusst werden und es war an der Zeit, dass ich mich weiterentwickle.
In meinem gewohnten Umfeld war mir dies nicht möglich, also packte ich die Gelegenheit am Schopf und sorgte für Veränderung.
Ich verlies das Revier und tauchte es gegen ein kleines Dorf ein, in welchem ich die Möglichkeit bekam zu wachsen.
Ich bekam was ich mir erhoffte und kann nun sagen, dass es die beste Entscheidung war, die ich seit langer Zeit traf.
Es stellte sich nicht als ein Riesen Fehler dar und jede Angst wurde widerlegt.
Ich bin unendlich glücklich darüber, dass ich diesen großen Schritt gewagt habe. Es hat sich gelohnt, meinem Herzen zu folgen und das zutun, was mich als Individuum weiterbringt.

Du sagtest, das Leben sei wie ein Spiegel. Den Spruch sagte eins deine Mutter zu dir und ich kann ihr nur zustimmen.
Meine Erfolge werden auch auf euch widerspiegeln, sowie auf mein gesamtes Leben.

Eine kleine Träne findet ihren Weg über meine Wange und tropft schließlich auf meine Tastatur. Meine Worte berühren mich selbst sehr stark und sind von Herzen.

Was mir zu Anfang schwer fiel, läuft nun reibungslos. Die Worte strömen nur aus mir heraus und wollen niedergeschrieben werden.

Die Tatsachen ändern jedoch nichts an meiner Vorgehensweise.
Ich hätte es anders machen können.
Ich hätte es anders machen müssen.
Es war nicht richtig von mir, ohne ein Wort zu verschwinden und euch völlig im Ungewissen zu lassen.
Keine Erklärung kann meine Tat ungeschehen machen, aus diesem Grunde werde ich es gar nicht erst tuen.

Ich werde das einzige tuen, was nun wirklich angebracht ist. Ich entschuldige mich bei jedem einzelnen von euch.
Ich bin mir bewusst über meine Fehler und kann keinem von euch verübeln, wenn ihr etwas negatives über mich dachtet oder verbreitet habt.
Mein falsches Verhalten hat dies erst zum Rollen gebracht, somit bin ich selbst schuld daran.

Es tut mir leid, dass ich euch nicht über mein verschwinden informiert habe und meinen Luna pflichten somit nicht gerecht wurde. Ich kann euch zwar nicht versprechen, dass ich immer alles richtig machen werde, aber ich kann euch versprechen, dass ich mein bestes geben werde.

Könnt ihr mir verzeihen?

Ich hoffe es aufrichtig. Es war nie meine Absicht euch im Stich zu lassen und dem Rudel nicht gerecht zu werden.
In Zukunft werde ich mein bestes geben an der Seite von Jayden und unserem zukünftigem Nachwuchs.

Eure,
Liv und Luna des Rudels.

Mit einem traurigen Lächeln beende ich den Brief. Ich speichere die Datei ab und schließe den Laptop, mit der Hoffnung, dass ich es wieder gutmachen kann.

No escape from my BabyWhere stories live. Discover now