48.

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Einfach aussteigen Liv. Du nimmst deine Handtasche vom Beifahrersitz, packst den Schlüssel ein und steigst aus der verdammten Karre. So schwer kann es doch nicht sein.

Ich war zwar lange weg, doch es wird sich nichts verändert haben. Jayden wird sich über deine Rückkehr freuen. Er wird sich schon im Haus befinden und auf dich warten.

Es wird sich weder eine andere Frau im Haus befinden, noch werden deine Sachen weg sein, weil er dich nicht mehr bei sich haben will. Das Rudel wird sich freuen, dass die Luna wieder zurück ist und mich nicht für meine Entscheidung verachten.

Die Angst sitzt fest in meinen Knochen, aber was habe ich anderes erwartet? Dass ich nach 100 Tagen einfach wieder nach Hause komme und sich absolut nichts verändert hat? Das Jayden bereits vor der Tür auf mich wartet, obwohl ich ihm nicht Bescheid gesagt habe?

Ehrlich gesagt, vielleicht habe ich es mir erhofft. Ist das nicht so ein Mate-Ding? Spürt genau dass ich mich wieder hier befinde?

Vielleicht will er mich auch gar nicht empfangen. Es kann doch sein, dass er es genau weiß, aber mich gar nicht herzlich begrüßen möchte. Die Verabschiedung lief glatt, jedoch ohne viele Worte. Ich habe den Wagen beladen, mich von ihm verabschiedet und er hat mich mit einem herzzerreißenden Blick angeschaut.

Seine Augen sprachen Bände, es war ein Ich-kann-dich-einfach-nicht-gehen-lassen-Blick. Er hat mich jedoch nicht vom gehen abgehalten, irgendwo wird er es verstanden haben müssen, sonst hätte er mich nicht gehen lassen.

Eine kleine Stimme in meinem Kopf, macht mir Schuldgefühle. Was ist wenn ihm was passiert ist und ich nicht hier war? Vielleicht kann er mich deshalb nicht empfangen? Geht es ihm gut?

Meine Gedanken sind so laut und lähmen meinen Körper. Meine Hände greifen fest ums Lenkrad und ich versuche meine Atem Übung auszuführen.

Liv, beruhig dich.

Es ist wichtig und dies nicht nur für dich. Du darfst momentan kein Stress haben. Alles wird gut, ansonsten gibt es immer einen anderen Weg. Du bist stark und wirst jetzt aus dem Auto aussteigen.

„Ich schaffe das" spreche ich mir nochmal selbst Mut zu.

Im nächsten Moment sehe ich im Augenwinkel, wie die Haustür sich öffnet. Eine männliche große Hand umfasst den Türknauf. Es ist Jaydens Hand, seine Hand würde ich unter tausenden wieder erkennen.

Die Tür steht nun komplett offen, Jayden befindet sich immer noch auf der Höhe des Türrahmens und sein Blick liegt auf mir. Seine Augen strahlen etwas außergewöhnliches aus.

Ich nehme mir einen Moment, um mir sein ganzes Bild einzuprägen. Seine Haare liegen durcheinander und könnten langsam eine Wäsche benötigen. Unter seinen strahlenden Augen liegen dunkle Schatten, sein üblicher Dreitagebart ist nicht vorhanden, stattdessen umrundet ein Vollbart seinen Mund.

Seine Klamotten wirken zerknittert und die Farben beißen sich. Schuhe trägt er nicht, wenigstens hat er sich daran gehalten und mir kein Dreck mit ins Haus getragen. Seine Statur wirkt noch breiter als sonst, als hätte er seine Liv-freie-Zeit mit Sport verbracht.

Ich habe ihn vermisst.

Ich habe ihn so sehr vermisst.

Meine Tränen führen ihr Eigenleben und finden ihren Weg aus meinem Augenwinkel. Ich bin ja so eine Heulsuse geworden. Jayden steht immer noch an Ort und stelle. Er scheint darauf zu warten, dass ich den ersten Schritt mache.

Er gibt mir meinen Freiraum, er lässt mich selbst entscheiden, wann ich soweit bin aus dem Auto zu steigen.

Werde ich jemals, für einen so großen Schritt in meinem Leben, bereit sein? Heute kann ich diese Frage mit Ja beantworten. Ich atme nochmal tief durch, bevor ich meine Hand an die Autotür lege. Jaydens Blick fixiert mich, er blinzelt nicht einmal und lässt mich nicht aus den Augen.

Alles andere ist egal, nur wir beide sind momentan wichtig. Er für mich und ich für ihn. 

Ich öffne die Autotür, setze meine Füße auf den Boden und hieve mich schon beinah aus dem Auto, dabei lasse ich Jayden einen kurzen Augenblick aus den Augen.

Sobald ich wieder zu ihm Blicke, kann ich nicht anders als breit zu lächeln. Meine Wangen sind bereits nass von den ganzen Tränen. Jaydens Mund steht weit geöffnet, seine Augen haben die Größe von Untertellern angenommen und sein Körper scheint beinah zu zittern.

Erst starrt er verblüfft in meine Augen, bevor sein Blick wieder zu meinem Bauch streift. Sein Blick wandert weiterhin hoch und wieder runter. Er wirkt völlig erstarrt, schockiert, überrascht und unglaublich fasziniert.

Langsam scheint er sich wieder zu fangen, denn er schließt seinen Mund wieder und seine Augen nehmen wieder ihre normale Größe an. Er blinzelt wie verrückt, bevor er langsam seinen Mund öffnet und endlich mit mir spricht.

„Du.."

No escape from my BabyWhere stories live. Discover now