IX

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Heute war Samstag.

Ich saß alleine im Schlafsaal der Siebtklässlerinnen meines Hauses und starrte in meinen offenen Schrank.

In wenigen Stunden würde das Halloweenfestessen sein und bis dahin hatte ich doch noch recht viel zu tun.

Zum einen wollten Fred George und Lee einen Streich fürs Abendessen aushecken, wofür ich mich eine halbe Stunde davor nochmal mit ihnen treffen sollte, dann musste ich fünf nach halb Sieben auch noch zu meinem Vater, um diesen beschissenen Trank einzunehmen und ich musste bis Montag noch einen Aufsatz für Verwandlung schreiben.

Genervt stöhnte ich auf und ging zu meinem Kleiderschrank.

Ich zog mir meine enge Jeans aus und tauschte sie mit einer schwarzen Jogginghose. Dann streifte ich mir meine weiße Bluse ab und zog mir dafür ein weißes, weites T-Shirt mit einem ganz leichten Grünstich an.

Vorsichtig drehte ich meinen Zauberstab ein paar Mal um meine Haare und steckte ihn dann so hinein, dass sie hochgebunden waren und auch oben blieben.

Fertig umgezogen setzte ich mich an meinen Schreibtisch und versuchte irgendwie wenigstens etwas über das Verwandeln von Pferden in Betten herauszubekommen.

Nach einer halben Stunde kläglicher Versuche meinerseits, irgendetwas zu finden, schlug ich genervt mein Buch zu und stand auf.

Ich sammelte meine Schreibutensilien zusammen, verstaute sie in meiner Schultasche und machte mich auf den Weg zur Bibliothek.

Als ich im Gemeinschaftsraum ankam, stand da mein Halbbruder zusammen mit seinen zwei Anhängseln und schien sich mächtig über irgendetwas zu beklagen.

Sein Gesicht war schmerzverzerrt und er hielt seine rechte Hand in seiner linken, als hätte er sich dort wehgetan. Ich sah etwas Blut auf seinem Handrücken.

Sofort setzte mein Beschützerinstinkt ein. Ich lief zu ihm hinüber, stellte meine Tasche auf einem leeren Sessel ab und nahm Harrys Handrücken in meine Hand. Genau nahm ich ihn unter die Lupe und entdeckte die Worte Ich soll keine Lügen erzählen weiß in seiner Haut hervorstechen.

"Wer war das?", fragte ich sofort besorgt und besah mir die Schnittstellen genau.

Sie sahen aus, als hätte man mit einer Feder oder etwas ähnlichem zuerst nur oberflächlich und dann immer tiefer ins Fleisch geritzt. Es blutete etwas und es musste wahrhaft schmerzhaft sein.

Ich ging davon aus, dass mein Bruder Rechtshänder war, weswegen er sich niemals diese Wunden selbst hätte hinzufügen können.

"Du bist doch die Hexe, die es geschafft hat, Snape 20 Punkte für Gryffindor abzunehmen?", fragte mich Ronald Weasley und beäugte mich interessiert.

Wow, sein bester Freund hatte eine ziemlich schmerzhafte und blutende Wunde und ihn interessierte sowas?

"Ja...bevor ihr mich fragt, wie ich das hinbekommen habe, kein Kommentar...Ich will kein Stress mit Dumbledore", sagte ich schnell, zückte meinen Zauberstab, wobei meine Haare auf gingen und nun auf Schulterhöhe hingen, und träufelte daraus eine grüne Paste auf die verwundeten Stellen der Hand meines Bruders.

Mit meinem Zauberstab säuberte ich meine Hände und verrieb dann vorsichtig die Paste mit meinem kleinen Finger auf der Wunde.

"Aua", sagte Harry und wollte seine Hand zurückziehen, doch ich griff etwas fester um sein Handgelenk.

"Du musst still halten", sagte ich tadelnd und ließ aus meinem Zauberstab eine Binde kommen, die sich um Harrys Hand wickelte.

Ohne viel Druck einfach nur zur Fixierung der Paste schloss sie sich um die verwundete Stelle und bildete somit eine schützende Schicht.

"Wer war das jetzt?", fragte ich und ließ seine Hand los.

Irgendwie hatte ich Geschwistergefühle für ihn in diesem Moment entwickelt. Ich wollte ihm helfen, wollte ihn beschützen und ihn tadeln, wollte dafür sorgen, dass er sich nicht nochmal verletzte, wollte dafür sorgen, dass dem Täter etwas ähnliches widerfuhr.

"Umbridge...", sagte das braunhaarige Mädchen neben Harry.

Das war ja klar gewesen. Umbridge die alte Schnepfe!

"Lass mich raten, du hast etwas gegen ihren schlechten Unterricht gesagt?", fragte ich und sah meinen kleinen Bruder interessiert an.

"Nicht direkt...Ich habe gesagt, dass Voldemort wieder da ist und wir deswegen praktisches Wissen in VgddK brauchen", sagte er und besah sich seiner Hand.

Beeindruckt sah er mich an und lächelte. Anscheinend war er etwas verwundert, dass ich so etwas so gut konnte.

"Der Meinung bin ich auch...aber ich...ähm...will keinen Stress...wenn Paps davon Wind bekommt, nimmt er mich sofort von der Schule", sagte ich und wunderte mich darüber, dass ich mich so gut mit meinem Bruder unterhalten konnte.

Eigentlich war er doch ganz nett und irgendwie auch...ein guter Gesprächspartner.

"Was für Zauber hast du für den Verband benutzt?", fragte mich Hermine von der Seite.

Es musste zumindest Hermine sein, denn sie sah so aus, wie das Mädchen, was immer bei meinem Bruder auf den Bildern im Tagespropheten war. Ich konnte mich noch gut an den letzten Artikel über sie von Rita Kimmkorn erinnern, den ich zuletzt zu Gesicht bekommen hatte.

Darin ging es um die Liebesbeziehung zwischen Hermine Granger und meinem Bruder.

Was diese Kimmkorn wohl schreiben würde, wenn sie herausfand, wer ich war? Wahrscheinlich würde sie das schön ausschlachten und danach könnte ich mich selbst mit einem Avada Kedavra umbringen, denn Voldemort würde davor sicherlich nicht zurückschrecken.

"Ein paar...keine Ahnung wie die heißen...Paps hat sie mir mal beigebracht...", sagte ich schulterzuckend.

Es war genauer gesagt vor zwei Jahren. Er hatte sich seine rechte Hand ziemlich verletzt und konnte damit nicht ins St.-Mungo-Hospital gehen, weswegen er mir schnell beibrachte, wie ich magische Verbände anlegen konnte. Dazu hatte er mich auch noch verschieden Zauber für diverse Pasten gegen alles mögliche auswendig lernen lassen, sodass ich jetzt wahrscheinlich perfekt als Heiler im St.-Mungos-Hospital arbeiten konnte - ohne jegliche Ausbildung versteht sich -.

"Es tut gar nicht mehr weh..", sagte Harry erstaunt.

"Das hat diese Salbe so an sich", sagte ich und grinste meinen kleinen Bruder an.

Natürlich wusste ich, was das für Zauber waren, allerdings waren diese viel zu komplex für mein Alter, was sich wahrscheinlich sehr schnell herumgesprochen hätte.

Olive Snavans, die Hexe, die Professor Snape zwanzig Punkte für Gryffindor abschwatzen und Zauber konnte, die nicht einmal Professor Dumbledore beherrschte.

Die Zauber, die ich benutzt hatte, konnten nur Zauberer wirken, die wahrhaft gut im Brauen von Zaubertränken waren, wenn das irgendjemand mitbekam, konnte ich mir sicher sein, dass man sehr schnell durch meinen Namen auf meinen Vater schließen konnte.

"Diese Zauber müssen wirklich komplex sein...", sagte Hermine anerkennend und musterte mich genau.

Ja waren sie, aber das musste ich ihr ja nicht auf die Nase binden.

"So ein Drachenmist aber auch! Ich muss schnell in die Bibliothek!", fluchte ich, als mein Blick auf meine verzauberte Armbanduhr fiel.

Schnell schob ich meinen Zauberstab hinter mein Ohr, schulterte meine Tasche und kletterte durch das Portraitloch nach draußen.

No one knows - die Tochter des PrinzenWhere stories live. Discover now