XIV

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Es war Mittwochabend.

Ich saß alleine in der Bibliothek und wartete darauf, dass es endlich 18.35 Uhr wurde. 

Schon vor einer halben Stunde hatte ich aufgegeben, an diesem Aufsatz zu schreiben, hatte mir einen Wecker auf meiner verzauberten Armbanduhr gestellt und mich mit dem Gesicht auf mein offenes Buch gelegt.

Fred und George waren wahrscheinlich schon wieder da, aber ich konnte jetzt nicht nochmal hoch in den Gemeinschaftsraum.

Der Weg hoch und wieder runter würde wahrscheinlich länger als eine halbe Stunde brauchen, was bedeutete, dass ich nicht mehr vor dem Essen den Trank einnehmen konnte.

Plötzlich hörte ich ein beständiges Piepen an meinem Ohr.

"Endlich"; seufzte ich und schaltete meine Uhr aus.

Schnell sammelte ich mein Zeug zusammen und packte alles in meine Schultasche, die ich eigentlich fast immer mit mir herum trug, außer nachts und wenn ich nicht in die Bibliothek ging, also so gut wie nie.

Man würde mich wahrscheinlich als Streberin bezeichnen, so oft wie ich freiwillig in der Bibliothek war, aber eigentlich saß ich nur immer hier, weil ich meine Hausaufgaben vor mir her schob und nie Lust hatte, irgendetwas zu machen, weil mein Vater mir schon alles beigebracht hatte.

Im Prinzip konnte ich den ganzen Stoff und brauchte einfach nur die Prüfung abzulegen, aber nein, das ging ja nicht. Wäre zu auffällig, laut Dumbledore.

Die Bücher, die ich benutzt hatte, schob ich wieder in die Regale zurück an ihren Platz und ging dann aus der Bibliothek ins Schloss.

Langsam schritt ich die Treppen runter und begann, als ich in den Kerkern angekommen war, unbeobachtet zum Büro meines Vaters zu gehen.

Ich klopfte an und sofort wurde mir die Tür vor der Nase aufgerissen.

Mein Vater stand da und zog mich schnell in sein Büro hinein. Kurz sah er sich nochmal um, bevor er die Tür verriegelte und Muffliato anwendete.

"Was ist los?", fragte ich und sah ihn besorgt an.

Sonst war er nie so...vorsichtig gewesen. 

Hatte irgendjemand etwas von meiner Abstammung erfahren?

"Dumbledore will, dass ich Potter Okklumentik beibringe...Dafür brauche ich deine Hilfe...", sagte er ernst und sah mich durchdringlich an.

"Und das heißt was?", fragte ich verwirrt.

"Okklumentik...dabei geht es darum, seinen Geist vor Legilimentik zu schützen, verstehst du? Legilimentik ist das Gedankenlesen...Das Problem ist, wenn man gut in Okklumentik ist, kann man aus Versehen in die Gedanken des Legilimentiker hineingeraten...Verstehst du? Wenn er in meine Gedanken eindringt, sieht er wohl möglich noch dich...als meine Tochter", sagte er und sah mich ernst an.

"Das weiß ich, Paps...Aber wieso brauchst du meine Hilfe um Potter Okklumentik beizubringen?", fragte ich verwirrt.

"Ich werde meine Erinnerungen, an dich, dir geben...In einem Fläschchen...Ich weiß dann immer noch, dass du meine Tochter bist und dass du hier bist, aber niemand anderes weiß das...niemand anderes kann es sehen, oder fühlen", sagte er mir.

"Aber...", fing ich an, doch wurde unterbrochen.

"Dafür gibt es einen bestimmten Zauber", sagte er schnell.

"Okay", sagte ich und sah ihn abwartend an.

"Gut...ich hole schnell eine Phiole", sagte Paps und verschwand in seinen Vorratsschrank.

Wenige Minuten später kam er wieder zurück und hielt in der einen Hand eine Phiole und in der anderen seinen Zauberstab.

"Okay...Nimm die Phiole...", sagte er und gab mir das kleine Fläschchen.

Mein Vater erhob seinen Zauberstab und zeigte mit seiner Spitze auf seine Schläfe. 

Plötzlich brach aus seinem Kopf ein silbriger Faden hervor, den Paps mit seinem Zauberstab wegzog und in die offene Phiole in meiner Hand füllte.

"Ist das alles?", fragte ich und sah auf die ziemlich beträchtliche Menge an Silber in dem kleinen Fläschchen.

"Ja...Die Erinnerungen an Lily lasse ich allerdings drin...Dafür hat mir Dumbledore sein Denkarium zugesichert", sagte er.

Ich verschloss die Phiole mit dem Korken und wollte sie gerade in meine Robentasche sinken lassen, als Paps mich aufhielt.

"Erstens gehe niemals so mit deinen oder viel mehr meinen Sachen um und zweitens muss man so etwas kostbares magisch verschließen", sagte er und nahm mir die Phiole aus der Hand.

Einen gedachten Zauberspruch später hatte ich das Ding schon wieder in meiner Hand und betrachtete den silbrigen Faden darin.

"Am besten, du versteckst es irgendwo, wo es sicher ist...und du solltest es immer bei dir haben", riet er mir.

"Okay...Wohin soll ich es jetzt hin packen?", fragte ich.

"Auf jeden Fall nicht in deine Hosen- oder Robentasche...", sagte er tadelnd.

"Kann das Glas zerbrechen?", wollte ich wissen.

"Nein, es ist sozusagen unzerstörbar...nur du und ich können es außerdem öffnen", sagte Paps.

"Okay...Kann ich dann jetzt den Trank haben?", fragte ich.

"Klar", sagte Paps erleichtert und ging zu seinem Schreibtisch, um meinen Tarnungstrank anzurühren.

"Sind Fred und George schon wieder da?", fragte er, als er gerade ein Kräuterbüschel zwischen seinen Fingern zerrieb und es in den Becher fallen ließ.

"Weiß ich nicht...Ich war bis jetzt die ganze Zeit in der Bibliothek", sage ich schulterzuckend.

"Hoffentlich ist dir niemand gefolgt", sagte Paps.

"Wieso?", fragte ich verwirrt.

Noch kein einziges Mal war mir irgendjemand gefolgt, oder ähnliches, also warum sollte mir jetzt jemand gefolgt sein?

"Naja...wenn Mister Jordan den ganzen Tag alleine war und nur mit dir reden konnte...Vielleicht ist er dir nachgeschlichen", sagte meine Vater.

"Hoffentlich nicht", sagte ich und sah mich panisch um.

"Bestimmt nicht, oder hast du irgendjemanden bemerkt?", fragte er.

"Nein", sagte ich.

"Dann ist es ja gut", sagte mein Vater und reichte mir den fertigen Trank.

"Dankeschön", sagte ich und trank das Gebräu in einem Zug aus.

"Pass auf dich auf, Olive...", sagte er und ich spürte, dass ihm irgendetwas auf der Zunge brannte.

"Was ist?", fragte ich sofort.

"Du magst Fred Weasley sehr, nicht wahr?", fragte er und sah mich genau an.

"Wie kommst du darauf?", fragte ich panisch.

"Du solltest wirklich aufpassen, dass du ihn nicht zu oft in meinem Unterricht, oder in der großen Halle ansiehst", sagte Snape und sah mich belustigt an.

Ich spürte, wie mir die Hitze in die Wangen stieg.

"Pass auf dich auf, Schatz", sagte er und umarmte mich.

"Ja ja", sagte ich und drückte ihn wieder von mir weg.

"Tschüss", sagte er und gab mir - wie immer - einen Kuss auf die Stirn.

"Guten Abend", sagte ich und verschwand unbeobachtet aus den Kerkern.


No one knows - die Tochter des PrinzenWhere stories live. Discover now