Ajax - Pain

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Ajax Meadowes sah in sich ein Monster.
Jemand, der weder Liebe noch Akzeptanz verdiente.
Jemand, der keine Freunde haben sollte.
Jemand, der nicht mal von seinen Eltern geliebt wurde, sondern von ihnen verstoßen.
Seine Mutter war gestorben und sein Vater hatte sich nicht die Mühe gemacht, weiter für seinen Sohn zu sorgen.
Doch vor zwei Jahren hatte sich sein Leben verändert.
Der Schulleiter von Hogwarts hatte ihm eine Chance auf ein relativ normales Leben geboten.
Einen Trank, der dafür sorgte, dass er bei Vollmond sein Bewusstsein behielt, dass er kein gewissenloser Werwolf wurde, sondern eine Kontrolle über seine Taten behielt.
Dennoch, die Last blieb, eine unheilbare Krankheit, die ihn für immer von der Gesellschaft abschotten würde.
Sein einziger Wunsch war es ein normales Leben zu führen, und er würde alles tun, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Winkelgasse war an diesem 30. August sehr gut besucht.
Ajax blickte aus seinem Zimmerfenster nach unten in die belebte Einkaufsstraße.
Die magische Menagerie, der Laden seiner Ziehmutter Mary, lag recht zentral und so hatte er einen guten Überblick über die Menschenmengen.
Hin und wieder erblickte er ein ihm bekanntes Gesicht und verfolgte die Person, bis sie aus seinem Sichtfeld verschwand.
Eigentlich war er auf der Suche nach seiner besten Freundin, mit der er sich verabredet hatte.
Doch ihren Haarschopf konnte er bis jetzt nicht in der Menge ausmachen.
Ungeduldig warf er einen Blick zu dem Wecker auf seinem Nachttisch, allerdings blendete ihn die Vormittagssonne so sehr, dass er das Display nicht richtig erkennen konnte.
Er streckte seinen Arm nach der Uhr aus und stieß dabei seinen Kakao um.
Erschrocken stolperte er ein paar Schritte zurück und sein Ellenbogen prallte gegen sein Bücherregalbrett, wodurch eine Mehrzahl der Bücher zu Boden fielen.
Er hasste seine Tollpatschigkeit.
Resigniert fasste er sich an den schmerzenden Ellenbogen, setzte sich auf sein Bett und zog sein Langarmshirt nach oben.
Die Stelle des Aufpralls war etwas rot, aber mehr als ein blauer Fleck würde es nicht werden.
„Ist hier eine Bombe eingeschlagen oder hattest du einen magischen Anfall eines Kleinkindes?" Die Stimme seiner besten Freundin Colleen ließ ihn hochschrecken.
Sie stand mit verschränkten Armen an seine Zimmertür gelehnt und hatte ein spöttisches Grinsen im Gesicht.
Ajax blickte sie mit gehobener Augenbraue an: „Wie lange stehst du schon da?"
Ihr Grinsen wurde noch breiter: „Lang genug, um zu wissen, dass keine der Möglichkeiten zutrifft. Ach, ich an deiner Stelle würde vielleicht einen Lappen holen, sonst kriegst du die Kakaoflecken nicht mehr aus dem Fußboden raus."
Den Kakao hatte er schon wieder vergessen.
Wäre er jetzt in Hogwarts würde sein Zauberstab für Ordnung sorgen, aber als minderjähriger Zauberer war es ihm verboten außerhalb der Schule zu zaubern.
Doch Colleen schien das überhaupt nicht zu kümmern, denn sie schwang einfach ihren Zauberstab und mit dem Spruch „Ratzeputz" war der Fußboden ruckzuck wieder sauber.
„Sag mal, spinnst du? Du riskierst gerade von der Schule zu fliegen." Er war aufgesprungen und stand nun direkt vor ihr.
Sie blickte zu ihm hoch und schüttelte den Kopf: „Wir sind hier in der Winkelgasse. Glaubst du, bei der Menge an Zaubern, die hier ausgeführt werden, kann das Zaubereiministerium einen Reinigungszauber als meinen identifizieren?"
Er fasste sich an den Kopf, er durfte sich heute nicht so aufregen, sein Kopf schmerzte schon genug.
Trotz der nahenden Vollmondnacht hatte er seine Einkäufe auf den letzten Tag der Ferien verschoben und bereute es mittlerweile zutiefst.
Er bückte sich zu seinen Büchern hinunter und fing an sie wieder aufzusammeln.

Florish & Blotts war der beste Buchladen in ganz London, was allerdings dazu führte, dass halb Hogwarts heute seine Bücher zu kaufen schien.
Ajax und Colleen bahnten sich einen Weg durch die Massen an Schülern, um die nette Mitarbeiterin wieder einzuholen, die mit ihren Büchern vorausgeeilt war.
Am Tresen angekommen hatte sie bereits alle in Tüten verpackt und tippte auf ihrer Kasse herum: „Wollt ihr zusammen oder getrennt bezahlen?"
„Getrennt bitte." Er zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und kramte mehrere Münzen heraus, die er der Verkäuferin in die Hand drückte.
Auch seine Freundin bezahlte ihre Bücher und die beiden konnten den Laden wieder verlassen.
Auf der Straße zog sie gierig die frische Luft ein: „Da drinnen war es ja wirklich nicht zum Aushalten. Die sollten eine maximale Anzahl von Personen festlegen, die in den Laden dürfen. Oder die Leute gehen einfach früher einkaufen, das heute ist doch nicht mehr normal. Was meinst du AJ?"
„Wir sind doch auch erst heute hier." Er blickte sie mit gehobener Augenbraue an.
Sie wollte schon etwas erwidern, blieb dann jedoch still und sah beleidigt die Straße hinunter.
„Okay, wo musst du denn noch hin? Ich brauche noch neue Umhänge." Nach einer kurzen Schweigezeit wandte er sich wieder Colleen zu.
„Ich muss nochmal in den Laden von Mary. Mein Katzenkorb ist kaputt. Ich brauche einen neuen."
Ajax nickte: „Dann würde ich sagen, gehen wir zuerst zu Madame Malkins und dann zu Mary. Wenn mich nicht alles täuscht dürfte es dann auch Zeit fürs Mittagessen sein. Heute Nachmittag können wir uns noch ein bisschen bei ‚Qualität für Quidditch' umsehen und du fährst abends zurück zu deinen Eltern."
„AJ, mal ehrlich, kann ich nicht einfach bei dir übernachten? Ich meine, von hier aus sind wir viel schneller am Bahnhof. Ich wohne am anderen Ende der Stadt." Sie blickte ihn genervt an.
Er blieb stehen: „Wie oft muss ich dir eigentlich noch erklären, dass das nicht geht. Mary mag es nicht, wenn Leute, die sie kaum kennt, bei ihr oder mir übernachten, außerdem ist Simone heute Abend da und sie bleibt vermutlich über Nacht."
„Manchmal verstehe ich nicht, was ihr habt, mittlerweile solltet ihr mich doch kennen. Ich mein, ist ja nicht so, dass ich diesen Sommer bestimmt fünf Mal bei dir war." Auch sie war stehen geblieben und blickte den größeren Jungen nun mit vor Wut funkelnden Augen an.
Ajax seufzte, die Kopfschmerzen waren wieder da, schlimmer als zuvor.
„Hey, alles gut bei dir," ihre gerade noch vor Wut aufgeladene Stimme hatte einen besorgten Unterton angenommen, „Sollen wir lieber zurückgehen?"
Er wollte den Kopf schütteln, doch das unangenehme Pochen in der Stirn nahm immer weiter zu und er entschied sich schlussendlich zu nicken.

Die Kinder der Rumtreiber - the beginningWhere stories live. Discover now