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Emmas Sicht:

Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen, die ganze Zeit befindet er sich direkt vor, hinter oder neben mir. Und doch sause ich wie durch ein Wunder als Erste ins Ziel. Voller Euphorie reiße meine Arme nach oben und wirble zu Basti herum. "Gewonnen!"

Meine Wangen sind rosig, als ich ihm überglücklich entgegen grinse.

Lachend fährt er eine Schleife um mich herum und kommt anschließend wieder vor mir zum Stehen. Seine Augen leuchten, als er die Skibrille abnimmt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, er selbst wäre der Sieger.

"Gratuliere!" Der Blick, den er mir schenkt, wärmt mich von innen heraus auf und verdrängt die antarktische Kälte um uns herum. "Noch eine Runde oder bist du bereit für eine heiße Schokolade?"

"Dein Ego braucht wohl Zucker um die Niederlage zu verkraften", necke ich ihn.

"Allerdings", bestätigt er grinsend. "Da ich jedoch ein guter Verlierer bin, lade ich dich auch ein."

"Wow! Du überraschst mich immer wieder aufs Neue! Eine ganze kostenlose, heiße Schokolade! Das ist ein Angebot, was ich kaum ausschlagen kann", witzle ich, bevor ich ihm in Richtung Parkplatz folge. "Warte...!", mitten auf dem Weg bleibe ich plötzlich argwöhnisch stehen. "Das ist jetzt aber kein billiger Versuch, den Gewinn von einer Audifahrt auf eine heiße Schokolade zu reduzieren oder?"

Der wohlige Klang seines vollen Lachens, bringt tief in mir Saiten zum Klingen, von denen ich bisher keine Ahnung hatte. Dann läuft er zu mir zurück, um mir einen Arm um die Schulter zu legen. "Ich bezweifle, dass du dich damit zufrieden geben würdest, Emma. Also nein."

Mir gefällt, wie er meinen Namen ausspricht. Als hätte er mehr zu bieten als vier Buchstaben, bei welchem der eine sich sogar wiederholt.

"Dein Glück!" Beruhigt lasse ich mich von ihm weiterziehen.

"Scheint, als hätte ich heute viel davon", stellt feierlich fest.

Fragend werfe ich ihm einen Blick zu.

"Na, einen ganzen Tag lang den Arsch abfrieren und dir nach meiner Niederlage noch eine heiße Schokolade ausgeben zu dürfen... Davon habe ich schon mein Leben lang geträumt, weißt du?", zurück  ist sein überdimensionaler Drang zur Ironie, was mich die Augen verdrehen lässt.
"Du bist so ein Blödmann!"

- Jedoch auch ein Gentleman, wie sich herausstellt, als er mir die Taxitür aufhält, damit ich einsteigen kann.  Nachdem er neben mir Platz genommen hat, gibt dem Fahrer die Daten durch. "Zum Daisys bitte." Keinen Moment später setzt sich der Wagen auch schon in Bewegung.

***

Das Daisys ist ein kleines Café mitten im Dorf und zudem unsere liebste Anlaufstelle, wenn wir in der Gegend sind. Grund dafür ist nicht nur, dass hier noch richtig gebacken wird, sondern auch das gemütliche Flair, das einen umgibt.

Ein Schwall warmer Luft umfängt uns, sobald wir eintreten. Wir haben Glück und entdecken sogleich einen freien Tisch in einer Nische nahe des Kamins, wo wir uns als allererstes von Schal, Handschuhen und den Schneejacken entledigen.

Keinen Augenblick später tritt auch schon die Kellnerin mit einem kleinen Notizbuch an unseren Tisch um die Bestellung aufzunehmen. "Was kann ich euch denn bringen?" Sie ist jung und hübsch und errötet, als ihr Blick auf Basti fällt.

Obwohl ich es ihr nicht verübeln kann, merke ich, wie sich mein Magen automatisch verklumpt. Angespannt warte ich Bastis Reaktion ab. Aber entweder scheint er von ihrem Interesse nichts mitzubekommen oder aber es ist ihm egal.  Denn er sieht sie kaum an, als er unsere Bestellung herunterrattert: "Zwei heiße Schokoladen, die eine davon mit Sahne - viel Sahne -, einen Apfelstrudel mit Vanilleeis und..." er wirft mir einen fragenden Blick zu. "Willst du auch noch etwas zum Essen, Emm?"

Die Frage kam so unerwartet, dass ich im ersten Moment ein wenig überrumpelt bin. "Ähm... Nein danke", antworte ich schließlich, während ich mit mir selbst ringe. Einerseits kann ich Apfelstrudel kaum widerstehen, aber andererseits bin ich noch viel zu satt von unserem umfänglichen Mittagessen.

Einen Moment länger verweilt sein Blick auf mir, während Belustigung in seinen Augen aufblitzt. Dann wendet er sich zurück an die Bedienung um die Bestellung zu vollenden: "Also dann noch einen Apfelstrudel für meine Begleitung, bitte. Aber in klein."

Ein wenig verwirrt und vor Allem enttäuscht zieht sie anschließend von Dannen und lässt uns alleine.
„Das wäre doch nicht nötig gewesen", murmle ich, diesmal ist es an mir zu erröten.

Daraufhin lächelt er nur: „Dafür musst du mir jetzt aber von Australien berichten."

Von Australien springen wir zu seinem Studium und schließlich zu Kindheitserinnerungen und lachen uns halb schlapp. Die Stimmung ist so ausgelassen, dass wir gar nicht bemerken, wie die Zeit rennt.
Aus einer Stunde werden zwei.  Und aus einer heißen Schokolade drei. Als wir schließlich das Lokal wieder verlassen, ist es bis auf die Straßenlaternen bereits dunkel und der Schneefall hat wieder eingesetzt.
Nebeneinander stehen wir am Straßenrand und warten auf das Taxi, dass Basti bereits gerufen hat. Ich kann sein Parfüm riechen und bilde mir ein, sogar seine Körperwärme spüren zu können, so nah ist er mir.
Langsam hebe ich meinen Kopf um ihn besser ansehen zu können. „Danke."

Unsere Blicke treffen sich was einen wohligen Schauer durch meinen Körper jagt.


„Ich fand es heute wirklich schön mit dir." Wieder klingt seine Stimme so aufrichtig, wie vorhin auf dem Parkplatz, als er über sein Glück gesprochen hat, was mein Herz stocken lässt.

Das Knistern um uns herum verstärkt sich, als er seine Hand vorsichtig zu meiner Wange hebt. Mit rasendem Herzen verfolge ich, wie seine rauen Finger sanft darüberstreichen.

„Du hattest da noch etwas", wispert er und kommt mir immer näher, ohne seinen Arm sinken zu lassen. Wie von selbst lehne ich mich in seine Berührung. Kann die Augen nicht von seinem durchdringenden Blick abwenden der mich mit sich in seine innersten Tiefen reißt.
Und dann ist er mir auf einmal so nah, dass ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spüre und uns nur noch Zentimeter voneinander trennen...

Sparkling eyesWhere stories live. Discover now