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Beinahe lautlos huschten sie die dunklen Treppen hoch, Konstantin voran, Alex hinterher, bis sie seine Wohnungstür erreichten. Konstantin bedeutete ihm, ein Stück zurückzutreten und Alex folgte ohne Widerstand. Für mehrere Herzschläge lauschte sein Freund an der geschlossenen Tür, ehe er nickend einen Schritt wegtrat.

Er zog eine schwere Taschenlampe aus einer seiner Gürtelschlaufen, schaltete sie ein und ließ den Lichtstrahl einmal den gesamten Türrahmen entlang fahren. Beim Schloss angekommen hielt er inne. »Fuck. Ehrlich, Alex, was hast du in so einer Wohnung zu schaffen?«

»Glaubst du, ich kann mir aussuchen, wo ich wohne?«, zischte der aufgebracht zurück.

»Das Schloss ist so simpel zu knacken. Ein Wunder, dass keiner vorher mal vorbeigeschaut hat.« Als ob er einen Punkt machen wollte, steckte Konstantin die ausgeschaltete Taschenlampe zurück, zog sein Portemonnaie hervor und nahm eine Karte raus. In der Dunkelheit des Flures fummelte er an einem Schlüsselbund voller Metall herum, bis er eines gefunden hatte, das ihm gefiel. Fünf Sekunden später war die Tür offen. »Siehste selbst, ne?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß er die Tür vollends auf und trat ein. Augenblicklich ertönte ein kaum hörbares Klicken – die verborgene Lichtschranke, die Alex bei seinem Besuch zuvor selbst schon ausgelöst hatte, war offensichtlich immer noch da. Das fahle Licht der Straßenlaternen reichte kaum hier hinauf und so lag die Wohnung in einem beinahe undurchdringlichen Zwielicht. Schleichend folgte Alex seinem großen Freund, der mit bedachten Schritten ins Wohnzimmer trat.

»Du bleibst bei der Tür. Wenn du irgendetwas hörst, gibst du Zeichen«, wies sein Bodyguard ihn an.

Ergeben blieb Alex direkt neben der Tür stehen. Er schloss sie soweit, dass nur noch ein Millimeter Spalt blieb. So konnte er den Hausflur gerade noch sehen und würde alles hören, was draußen geschah. Konstantin bewegte sich derweil auf leisen Sohlen durch die kleine Zweizimmerwohnung. Sie hatten nicht viel Zeit, ehe wer auch immer durch die Lichtschranke benachrichtigt worden war, hier auftauchen würde.

Minuten flossen dahin, unaufhaltsam, unerbittlich. Mit jedem Atemzug, den Alex neben der Tür ausharrte, stieg seine Anspannung. Das Gebäude hatte nur ein Treppenhaus, falls von unten Feinde kamen, war ihnen die einzige Fluchtmöglichkeit versperrt. Sie saßen in einer Falle, die beim Eintreten bereits zugeschnappt war.

Ein leises Quietschen drang an seine Ohren. Ohne lange darüber nachzudenken, huschte Alex durchs Wohnzimmer zum Schlafzimmer, wo Konstantin gerade das Fenster inspizierte. »Jemand kommt.«

Diesmal war es Konstantin, der ihn nicht in Frage stellte. Mit wenigen Schritten hatten sie die Wohnung durchquert, die Tür hinter sich geschlossen und waren die Treppe nach oben gelaufen.

Mit gezückter Pistole hockte Konstantin im Schatten neben dem Fenster beim Treppenabsatz und starrte angestrengt in die Dunkelheit des Flures. Alex kniete sprungbereit auf der nächste Treppe nach oben. Keine zehn Sekunden später löste sich eine Gestalt aus der Dunkelheit der Treppe unter ihnen und trat in den Flur, den sie gerade erst verlassen hatten. Mit angehaltenem Atem wartete Alex, bis Konstantin ein Zeichen gab.

Sein Bodyguard nickte und augenblicklich setzten beide sich in Bewegung. Darauf bedacht, keine Geräusche auf den Betonstufen zu machen, schlichen sie wieder hinunter. Konstantin lehnte sich auf der letzten Treppenstufe an die Wand und spähte in den Flur. Er nickte noch einmal und Alex huschte an ihm vorbei über den Flur und die Treppe hinunter. Mit einer Geschicklichkeit, die ein Mann seiner Statur nicht haben sollte, floss Konstantin beinahe von der einen Wand zur anderen, während Alex auf leisen Sohlen weiter hinunter ging.

Ein Fluch drang leise an ihr Ohr. Offenbar hatte ihr Verfolger bemerkt, dass sie nicht mehr in der Wohnung waren. Konstantin musste Alex gar nichts sagen, er beschleunigte von selbst seine Schritte, nun nicht länger darauf bedacht, leise zu sein. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend rannten beide die Treppen hinunter, während ein Poltern von oben ihnen bedeutete, dass der Killer es ihnen nachtat.

»Lauf zu!«, herrschte Konstantin ihn ungeduldig an, als er ihn eingeholt hatte.

»Ich laufe doch!«, fauchte Alex zurück, während er sich bemühte, die Stufen noch schneller hinunter zu kommen.

Ein gedämpfter Schuss erklang. Eine Kugel schlug in der Wand des Treppenabsatzes ein, den sie gerade erst verlassen hatten. Grimmige Entschlossenheit packte Alex. Er würde nicht hier und heute einem verdammten Auftragsmörder zum Opfer fallen. Ohne seine Geschwindigkeit zu mindern, griff er in seinen Mantel und zog seine eigene Pistole hervor.

Im Erdgeschoss angekommen schob Konstantin sich mit zwei langen Schritten an ihm vorbei und öffnete die Eingangstür. Augenblicklich pfiff ein weiterer Schuss an ihnen vorbei. Irgendjemand lag draußen auf der Lauer.

»Zu den Mülltonnen, ich geb dir Deckung!«

Getrieben von ihrem Verfolger befolgte Alex den Befehl augenblicklich. Im selben Moment, als Konstantin einen Schuss durch die offene Tür abgab, huschte er geduckt hinaus und ging hinter der Umzäunung, in der die Mülltonnen des Hauses standen, in Deckung. Kaum war er dort angekommen, zielte er selbst in die ungefähre Richtung, aus der der Schuss gefallen war, und gab zwei Schüsse ab. Konstantin nutzte die Ablenkung und hechtete zu ihm.

»Und was jetzt, Herr Personenschützer?« Alex konnte nicht verhindern, dass sein Tonfall bissig klang.

»Wer wollte denn unbedingt mitkommen, hm, Prinzessin?« Konstantin klang nicht weniger wütend, doch er fing sich sofort wieder. »Wenn der Kerl aus dem Haus kommt, knall ich ihn ab. Der andere muss irgendwo drüben in den Büschen hocken.«

Wie aufs Stichwort kam genau in diesem Moment ihr Verfolger aus dem Haus. Er schien von seinem Komplizen irgendwie gewarnt worden zu sein, denn er drehte sich sofort in die Richtung, in die Alexander und Konstantin verschwunden waren, doch der Bodyguard reagierte schneller. Ohne zu zögern drückte er ab. Die Kugel traf den anderen Mann genau zwischen den Augen.

»Auf jetzt, los!«, befahl Konstantin und gab einen weiteren Schuss in die Richtung ab, wo er den anderen Attentäter vermutete.

Alex sprang hinter den Mülltonnen hervor, doch anstatt zum nächsten Verschlag mit Tonnen zu laufen, überquerte er geduckt die Straße und lehnte sich kniend an eines der geparkten Autos. Er hörte den Fluch, den Konstantin ob seines halsbrecherischen Verhaltens ausstieß, doch er ignorierte es. Er war wütend.



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