Kapitel 30: Jongin

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Tag 230: AHHHHHHHHH

Sie würden sterben. Zweifellos. Dieser wahnwitzige Supermarkt-Angestellte würde sie jede Sekunde mit dieser lächerlichen Schrottkiste eines Peugeots gegen einen Panzer oder die nächste Hauswand fahren! Junmyeon hätte dann die tödlichste Infektion ihrer Zeit überlebt, nur um kurz darauf als unattraktiver Blutmatsch auf dem Straßenboden zu enden. Jongin würde natürlich nicht weit entfernt von ihm liegen, aber er hatte auch keinen tödlichen Virus überlebt, also wäre der Verlust nicht ganz so ironisch.

„Jongin", sagte Junmyeon von der Rückbank aus und klopfte ihm auf die Schulter. „Geht es dir gut?"

Nein, wollte er sagen, weil Baekhyun sie umbringen würde, aber er wollte ungern Schwäche vor Junmyeon zeigen (auch wenn es dafür vielleicht längst zu spät war). „Alles gut. Wir... sollten nur vielleicht ein wenig langsamer fahren." Er knallte mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe in seiner Tür, als Baekhyun, wie aufs Stichwort, eine scharfe Kurve nahm, kurz auf dem Gehweg landete und dann achtlos weiterfuhr.

„Ich fahre doch nur 120."

„In der Innenstadt!"

„Hier ist niemand." Er riss das Lenkrad ein zweites Mal zur Seite und ein zweites Mal donnerte Jongins Kopf gegen die Scheibe. Er fragte sich, was ihn zuerst umbringen würde. Der Panzer, die Hauswand oder die Fensterscheibe? „Bis auf das Militär und der Auftragsmörder, der es auf deinen Freund abgesehen hat."

„Richtig, das sollten wir noch einmal klären", sagte Junmyeon. „Wer genau hat es auf uns abgesehen?"

„Auf dich", korrigierte Baekhyun. „Dein Freund hier ist nur ein hübsches Anhängsel."

Das lenkte Jongin tatsächlich für einen Moment vor dem Bangen um sein Leben ab. „Es geht um Junmyeons Abwehrkräfte, hast du vorhin gesagt."

„Antikörper", sagte Baekhyun. „Lass es nicht wie eine Actimel-Werbung klingen."

Junmyeon lachte leise von der Rückbank aus. „Actimel." Jongin machte sich die Mühe, sich einmal komplett in seinem Sitz umzuwenden, um Junmyeon anzufunkeln. „Was? Das war lustig."

„Das beantwortet aber noch nicht die Frage, um wen es geht. Wer ist so gestört und will, dass diese Pandemie weitergeht?"

„Da gibt es eine Menge Kandidaten. Die großen Profitmacher der Pandemie, wie Hersteller von Desinfektionsmittel, die Geschäftsführer von Zoom oder die meisten introvertierten Menschen... Die Liste ist lang."

„Und wie gehen wir jetzt vor?"

„Ich muss in ein Labor", sagte Junmyeon. „Meine Blutproben könnten dabei helfen, einen Impfstoff für Comort-20 herzustellen."

„Dann fahren wir wieder ins Krankenhaus!"

„Ich befürchte daraus wird so schnell nichts", sagte Baekhyun. „Es ist wichtiger, dass wir dich für den Moment verstecken. Der Killer, der es auf dich abgesehen hat, wird dich in jedem Krankenhaus ausfindig machen und abknallen. Ganz egal wie gut die Sicherheitsvorkehrungen auch sein mögen."

„Was hat es damit auf sich?", fragte Jongin und war dieses Mal bereit, als Baekhyun eine Kurve schnitt. „Du sagtest, er sei einmal dein Partner gewesen?"

„Ah, ja. Unschöne Geschichte. Sie ist nicht einmal sonderlich spannend. Reden wir nicht darüber."

„Ich denke, wenn du willst, dass wir dir vertrauen, dann haben wir ein Recht darauf, die Wahrheit—" Dieses Mal war Jongin nicht bereit und klatschte prompt mit der Wange gegen die Scheibe. Was war eigentlich mit seinem Anschnallgurt? War er defekt oder nur desinteressiert an Jongins Wohlergehen? Sein Gesicht hinterließ einen runden Abdruck auf der Scheibe, als er sich wieder davon löste.

It's Corona TimeWhere stories live. Discover now